Der Totenschmuck
auf. »Ich bin alkoholkrank«, sagte er. »Darauf bin ich nie stolz gewesen, aber ich bin nun seit fünf Jahren trocken. Als meine Kinder noch jünger waren, ging es mir die meiste Zeit sehr schlecht. Es gab Nächte, in denen ich so viel trank, dass ich das Bewusstsein verlor und die Kinder mussten mich ins Bett bringen. Meine Frau hatte damit begonnen, meine Arme am Kopfteil des Bettes festzubinden - nicht sehr fest, versteht sich -, damit ich mich nicht drehen und an meinem Erbrochenen ersticken konnte. Das ist keine lustige Geschichte und ich schäme mich, sie Ihnen zu erzählen. Meine Kinder haben diese … äh, Technik dann übernommen.«
Jack erhob sich erneut. »In der Nacht, als Brad starb, hat er mich angerufen. Er war stark betrunken und ich habe mir Sorgen gemacht. Ich bin zu seiner Wohnung gefahren - er war allein - und als ich dort eintraf, war er ohnmächtig. Er hatte sich übergeben. Ich bugsierte ihn zu seinem Bett, legte ihn auf den Bauch, stellte einen Papierkorb daneben und band seine Handgelenke locker ans Bett. Wenn er wieder etwas nüchterner geworden wäre oder ins Bad hätte gehen müssen, hätte er sich selbst losbinden können. Noch mal, mir tut es sehr, sehr leid, dass wir nicht ganz ehrlich zu Ihnen waren. Wie schon gesagt, erschien uns das nicht so wichtig. Ich meine, wir sind davon ausgegangen, dass Sie den Täter ziemlich
schnell finden würden, der das getan hat und …« Diese Spitze richtete sich gegen Quinn, und Sweeney verstand, dass sie ihn in die Schranken weisen sollte.
Quinn schwieg.
»Was hat er zu Ihnen gesagt?«, fragte Sweeney leise. Sie hatte sich nicht mit Quinn abgesprochen, ob es in Ordnung war, dass sie Fragen stellte, und sie sah nicht zu ihm hinüber, für den Fall, dass er sie anstarrte. »Als er angerufen hat?«
Jack lächelte schwach. »Oh, nichts Besonderes. Er war bloß ganz schön betrunken. Hat fortwährend irgendwas gemurmelt, Sie wissen schon.« Er spielte mit einem Briefbeschwerer auf dem Schreibtisch und fügte rasch an: »Also, wenn wir Ihnen irgendwie helfen können, lassen Sie es uns bitte wissen. Wir möchten nochmals um Entschuldigung bitten, dass wir nicht sofort die Wahrheit gesagt haben. Wie Sie wissen, bin ich Künstler und habe vor kurzem erfahren, dass ich an einer Ausstellung in einer bekannten Galerie teilnehmen kann. Ich hatte Bedenken wegen der Presse.« Er wollte auf die Tür zugehen, um sie hinauszukomplimentieren, aber Quinn hakte nach.
»Wie fest haben Sie seine Arme denn fixiert?«
»Wie? Äh, nicht besonders fest. Gerade so, dass seine Hände nicht von selbst aus den Schlaufen rutschen konnten. Aber wie ich schon sagte, sobald er nüchterner geworden wäre, hätte er aufstehen und ins Bad gehen können.«
»Und was hatte er an, als Sie seine Wohnung wieder verlassen haben?«
»Mmh … seine Unterwäsche. Ich habe ihm die anderen Sachen ausgezogen, damit er bequemer im Bett liegen konnte. Ich hoffe, Sie hängen das nicht an die große Glocke, Detective. Ich bin sicher, Sie haben sich auch schon mal um Betrunkene gekümmert.«
»Und der Schmuck?«, fragte Quinn.
»Er hat keinen getragen, als ich gegangen bin.«
»Haben Sie ihn irgendwo liegen sehen?«
»Nein, aber er könnte trotzdem da gewesen sein. Ich habe ja nicht danach gesucht.«
»Und um wie viel Uhr hat er Sie angerufen?«
Sweeney hatte das Gefühl, dass Quinn sich viel mehr dafür interessierte, wie Jack seine Fragen beantwortete, als für die Fragen an sich.
Jack zögerte. »Kurz vor elf, glaube ich.«
»Also, Sie sind direkt in sein Apartment gefahren, wo Sie Ihren Bruder nicht mehr nüchtern vorgefunden haben, und ihn dann mit den Armen ans Bett gefesselt haben, damit er nicht an seinem Erbrochenen erstickt. Warum sind Sie nicht bei ihm geblieben, wenn Sie so besorgt waren?«
Jack blickte zu Boden. »Na ja, jetzt wünschte ich natürlich, ich wäre es«, gab er zu. »Ich weiß nicht, ob Sie sich vorstellen können, wie sehr ich mir das wünsche.« Sweeney merkte, dass es ihm schwerfiel, weiterzusprechen und sie wollte Quinn bitten, damit aufzuhören.
»Ich denke, das war meine Schuld«, schaltete Andrew sich ein. »Wegen meiner Alkoholabhängigkeit haben meine Kinder angefangen, gewisse unnormale Dinge als vollkommen normal hinzunehmen. Sie haben gelernt, mit den Folgen meines Trinkens auf eine bestimmte Art und Weise umzugehen, und als sie das Gleiche bei ihrem Bruder gesehen haben, sind sie gar nicht auf die Idee gekommen, damit anders umzugehen.«
Er
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