Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
Vom Netzwerk:
ausgebrochen.« Raj war blass geworden und wirkte etwas durcheinander, als er das Erlebnis noch mal Revue passieren ließ.
    »Hat er gedacht, sein Bruder wollte, dass er sagt, wer bei dem Unfall am Steuer gesessen hatte?« Sweeney flüsterte fast. Auch sie hatte plötzlich Angst.
    »Nein, das war es ja gerade. Das haben wir alle gedacht«, fuhr Raj fort. »Aber dann sagte Pete - oder wer immer das war - ›Erzähl von Edmund. Erzähl von Edmund‹. Und Brad hat das Spielbrett genommen und quer über den Rasen geschleudert. Er war so betroffen, dass er ein paar Minuten lang kein Wort herausgebracht hat. Schließlich hat er gesagt, dass er nach Hause geht.«
    »Edmund?«
    »Ja.«
    »Haben Sie ihn gefragt, wer dieser Edmund war?«
    »Nein, er hat nicht darüber reden wollen. Er ist einfach abgehauen. Ist aus dem Friedhof raus gerannt und mit seinem Auto nach Hause gefahren. Wir waren mit zwei Autos hergekommen und mussten uns alle in Ashleys Honda quetschen. Ich habe ihn am nächsten Tag gesehen, und er hat auf mich wieder ganz normal gewirkt, aber keiner von uns hatte den Mumm, zu fragen, wie es ihm geht.«
    »Und wann, haben Sie gesagt, war das, Raj?«
    Er dachte kurz nach, stand auf und holte sein Filofax. »Vor zwei Monaten ungefähr. Es war am Wochenende vor meinem Geburtstag«, sagte er und blätterte in seinem Terminkalender zurück. »Demnach war das am Sonntag, dem vierten.« Sweeney
sah ebenfalls in ihrem Kalender nach. Eine Woche darauf war es wärmer geworden. Das wusste sie noch, weil das die Woche vor St. Patrick’s Day gewesen war.
    Also hatte Brad nur wenige Tage nach dem Ereignis auf dem Concord-Friedhof auf dem Fußboden in ihrem Büro gesessen, und sie hatten über das Leben nach dem Tod philosophiert und darüber, ob er eine wichtige Information enthüllen sollte.
    Raj legte den Kalender beiseite und setzte sich wieder ihr gegenüber. »Raj«, sagte sie, »hat Brad irgendwann mit Ihnen über seine Abschlussarbeit für unser Seminar gesprochen?«
    »Es ging um Trauerschmuck, nicht wahr? Ja, ich meine, er hat erzählt, dass es ganz gut lief. Ich bin ihm in der Bibliothek begegnet, und er hatte einen großen Bücherstapel über die Geschichte von Rhode Island oder so was unter dem Arm. Vielleicht hatte das gar nichts mit unserem Seminar zu tun. Aber mehr haben wir darüber nicht geredet.«
    Weil er noch immer nervös wirkte, fragte Sweeney: »Haben Sie Brad in der Nacht, in der er gestorben ist, gesehen?«
    Sie war sich nicht sicher, ob er überrascht war oder zögerte, aber er hielt einen Atemzug lang inne, bevor er antwortete: »Nein. Nein, ich war in der Bibliothek.«
    »Was ist mit Ihren Kommilitonen? Die haben in der Nacht dem Friedhof ja wohl keinen Besuch abgestattet, oder?«
    Er zögerte wieder und sah zu Boden. »Nein. Ich glaube nicht. Das hätten sie mir gesagt.«
    Sie bohrte nicht weiter. Sie war nicht überzeugt, dass er log und sie wusste nicht, wie sie ihn dazu bringen konnte, die Wahrheit zu sagen, wenn er nicht wollte.
    »Gut«, sagte sie und reichte ihm das Foto. »Machen Sie damit, was Sie wollen. Vielen Dank für Ihre Aufrichtigkeit.«
    Er erhob sich und begleitete sie zur Tür.
    Sie war schon auf dem Gang, als ihr noch etwas einfiel.
    »Äh, Raj?«

    »Ja?«
    »Was halten Sie von Brad? Sie waren doch mit ihm befreundet?«
    Raj überlegte. »Ich weiß nicht, ob überhaupt jemand mit ihm befreundet war. Er hat niemanden wirklich an sich rangelassen. Als hätte er Angst, er würde sich zu sehr gehen lassen und etwas verraten, was er eigentlich gar nicht erzählen wollte. Seit ich ihn kenne, war er so.«

Siebenundzwanzig
    Sweeney war damit einverstanden gewesen, Toby und Lily um sieben in der neuen Tapas-Bar auf der Newbury Street zu treffen, aber als sie von Raj nach Hause kam, war es schon halb sieben. Sie duschte sich schnell und fuhr mit der Straßenbahn nach Back Ray, damit sie keine Zeit für die Parkplatzsuche vergeudete.
    »Entschuldigt bitte, entschuldigt«, rief sie, als sie eine halb Stunde zu spät in das Lokal stürmte.
    Aber die beiden schienen sie kaum zu beachten. Toby hatte einen seltsam starren Gesichtsausdruck und Sweeney registrierte, dass seine Hand unter dem Tisch auf Lilys Schenkel ruhte.
    »Wir haben gerade über Brad Putnam gesprochen«, sagte Toby, nachdem Sweeney Lily mit Wangenküsschen begrüßt und an dem ungewohnt niedrigen Tisch Platz genommen hatte.
    »Was ist denn das für ein Tisch? Bei dieser Höhe stoße ich mir ja andauernd die Knie.«
    »Du bist

Weitere Kostenlose Bücher