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Der Totenwächter - Roman (German Edition)

Der Totenwächter - Roman (German Edition)

Titel: Der Totenwächter - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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hatte? Sie hatte die Begegnung mit einer Person gehabt, die zweifelsohne kein Mensch gewesen war. Sie hatte Dinge erlebt, von denen sie dachte, dass sie nicht existierten, es sei den in Mythen oder Märchen oder diesen unsäglichen Filmen. Sie war nur mit viel Glück einem Unglück entronnen. Und was tat sie? Sie lag auf ihrem Bett und versuchte zu schlafen.
    Mit einem Ruck schnellte Linda hoch.
    Was hatte die Stimme damit gemeint, sie sei auserwählt? Sie sei IHRE Mutter? Damit konnte nur Grace gemeint gewesen sein! Aber was hatte Grace mit diesen Stimmen, was hatte sie mit dem Vogelmenschen zu tun?
    Linda ließ sich zurück auf das weiche Kissen fallen und schnaufte. Das alles war total verrückt. Hatte sie Halluzinationen gehabt? Hatte sie in der vorherigen Nacht zu viel Rotwein getrunken? Sie glaubte nicht an fantastische Erscheinungen. Und eben das machte sie Sache so erschreckend. Sie hatte solche Erscheinungen gehabt! War sie ein Fall für einen Psychologen? Was um alles in der Welt würde Bernard dazu sagen?
    Sie hatte sich von ihrer Trauer um Bernard in den letzten Jahren mehr und mehr befreit. Und nun vermisste sie ihren verstorbenen Mann schon das zweite Mal an einem Tag. Mehr denn je wünschte sie sich, er wäre bei ihr. Er würde sie an sich drücken, sein kratziges Kinn an ihre Wange legen, sodass sie seinen warmen Atem an ihrem Ohr spürte. Er würde ihr sanft über das Haar streicheln und sie würde sich geborgen fühlen. Er war der einzige Mensch auf der Welt gewesen, dem sie uneingeschränktes Vertrauen geschenkt hatte. Gerade ihre emanzipierte Selbstständigkeit hatte Bernard an ihr geschätzt. Er hatte sie wegen ihrer Stärke geliebt, sodass sie nie gezögert hatte, ihm auch ihre Schwächen zu zeigen. Er war ein wunderbarer Mann und Freund gewesen.
    Sie hatte sich auf diese Reise nach Ägypten gefreut. Sie war sehr stolz gewesen, als man ihr den Auftrag gab. Nicht jeder Redakteur von US Today durfte kostspielige Auslandsreisen unternehmen. Der Bericht, den sie schreiben würde, war ihre große Chance, berühmt zu werden. Davon hatte sie immer geträumt. Sollte sie von dem Vogelmenschen berichten und von den Stimmen, die sie in der Grabkammer gehört hatte? Man würde sie für durchgedreht halten. Vermutlich würde sie ihren Job verlieren.
    Es war ein schreckliches Dilemma. Einerseits hatte sie Dinge erlebt, die über dem Maß der Normalität lagen, andererseits musste sie darüber schweigen. Obwohl es eine gute Story abgab. Aber keine für US Today , sondern eine für den Esquire , dessen Schreiberlinge noch immer glaubten, Elvis würde bei Walmart Einkaufswagen schieben.
    Lediglich Brad hatte sie davon erzählt. Dieser hatte ruhig zugehört, sich bisher aber nicht mehr dazu geäußert.
    Was mache ich eigentlich in dieser Kabine?
    Es wurde Zeit, dass sie mit Brad sprach. Man konnte doch so etwas nicht einfach abtun.
    Linda sprang aus dem Bett und zog die Vorhänge zur Seite.
    Gleißend hell fiel die Mittagssonne in die Kabine. Sie reflektierte auf etwas Metallischem.
    Lieber Himmel - das konnte doch nicht sein!
    Hinter einer goldenen Maske hervor starrten sie zwei kohlenschwarze Augen an.

5
     
     
    Linda stockte der Atem. Oh Gott - sie wollte schreien, schreien! Stattdessen grunzte sie, stolperte schockiert zurück und taumelte gegen den Kleiderschrank.
    Die Maske ragte wie ein auf Glas gemaltes Bild über den unteren Rand des Fensters hoch. Dahinter zauberten Sonnenstrahlen Reflexe auf das Nilwasser. Linda hatte so eine Maske schon einmal gesehen. Sie hatte eine frappierende Ähnlichkeit mit der des Tutenchamun oder einen der anderen Pharaonen, die man vor Jahrtausenden begraben hatte. Die Maske war unterteilt in schmale Reliefs, die mit blauer Farbe ausgelegt waren und das Gelb des Goldes betonten.
    Der Klimaanlage zum Trotz war sie umgehend in Schweiß gebadet. »Was bist du?«
    Tatsächlich zog sich die Öffnung zu einem Grinsen breit. Die schwarzen Augen waren wie glühende Kohlen. Die Ränder der Mundöffnung bewegten sich, schnappten auf und zu. Waren da dumpfe kollernde Worte vor der dicken Scheibe, die zum Wasser hin führte? Versuchte dieses Wesen, mit ihr Kontakt aufzunehmen?
    Ich bin sicher! Das da kann mir nichts tun. Es ist auf der anderen Seite der dicken Scheibe!
    Das Wesen konnte nicht zu ihr hinein. Es konnte die Fensterscheibe nicht überwinden. Das Fenster ließ sich von außen nicht öffnen. Man schob es, so wie sie es von amerikanischen Fenstern kannte, von unten nach oben

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