Der Toyota Weg

man bedenkt, dass zu seinen Vorgängern Leute wie Fujio Cho gehören.
    Als ich Don Jackson, Vice President Manufacturing des Werkes in Georgetown interviewte, verbrachte er mehr Zeit mit mir, als ursprünglich geplant. Während unseres Gesprächs klingelte mehrmals das Telefon, aber er nahm es nicht ab. Schließlich ging ein Anruf ein, den er beantwortete, und der kam nicht von einer übergeordneten Stelle.
    Jackson: [Ja, ich bin sofort da. Dauert nicht lange, ok? Bis gleich.] Entschuldigung, ich habe ein Meeting zu einem Mitarbeiterproblem. Da muss ich hin.
    Liker: Ist das etwas, worum Sie sich üblicherweise selbst kümmern?
    Jackson: Ja. Der Gruppenleiter oder Supervisor könnten das auch, aber ich möchte selbst wissen, was los ist. Und ich will, dass sie sehen, dass mir das wichtig ist. Ich möchte, dass die Mitarbeiter das sehen.
    Liker: Ich habe von dem Konzept gehört, dass Manager ihre Zeit in der Werkshalle verbringen. Gilt das sogar für Ihre Führungsebene? Haben Sie wirklich genug Zeit, um sich in der Werkshalle aufzuhalten?
    Jackson: Mein durchschnittlicher Arbeitstag dauert im Allgemeinen zehn bis zwölf Stunden. Normalerweise beginne ich gegen 8:00 Uhr in der Fertigungshalle, und ich suche dafür einen bestimmten Fertigungsbereich aus, den ich morgens besuche, um festzustellen, was in den letzten 24Stunden passiert ist. Und von da an bin ich meist damit beschäftigt, verschiedene Teile der betrieblichen Abläufe zu begutachten, ob alles läuft oder die geplanten Jahresaktivitäten zu überprüfen. Ein Teil des jährlichen Planungsprozesses besteht aus Meilensteinen, daraus, wie Effizienzsteigerungen, Qualitätssteigerungen oder die Verbesserung der Zulieferqualität erreicht werden. Wir verfolgen diese Punkte auf Basis unseres Jahresplans. Und in der Fertigungshalle halte ich wöchentliche Meetings mit den Abteilungsleitern ab, in denen sie ihre Ergebnisse vorlegen. Die Mitarbeiter sind davon ziemlich motiviert. Ich komme, sehe mir ihre Verbesserungen an und mache Vorschläge.
    Liker: Dann verbringen Sie eine Menge Zeit vor Ort statt zu reisen.
    Jackson: Nun, als ich Qualitätsmanager war, habe ich wahrscheinlich 50 Prozent meiner Zeit damit verbracht, Zulieferer zu besuchen, und die anderen 50 Prozent war ich im Werk, aber jetzt bin ich ungefähr 95 Prozent meiner Zeit hier.
    Liker: Eine letzte Frage: Viele Unternehmen holen Manager von außen. Kann ein Werksmanager bei Toyota von einem anderen Unternehmen abgeworben werden?
    Jackson: Ich denke, das wäre ziemlich schwierig. Vor kurzem habe ich jemanden von General Motors eingestellt und zwar auf Abteilungsleiterebene. Das ist wirklich das erste Mal, dass das hier in Georgetown gemacht wurde. Dieser neue Kandidat war aber auch ziemlich einzigartig. Er hat seine berufliche Entwicklung bei Saturn gemacht und verbrachte einige Jahre im NUMMI-Werk. Folglich hatte er ein wenig praktische Erfahrung und war kein reiner Schreibtischtäter. Ich glaube, viele Werksmanager bei Unternehmen wie z.B. Ford betrachten die finanzielle Seite und die Frage der Manpower und Effizienz eher am Bildschirm und machen sich kein Bild vor Ort. Unsere Managementphilosophie ist fertigungsnah. Wenn Sie aus der Perspektive der Fertigung führen, ist das die gleiche Art zu führen, wie die der Gruppenleiter oder des stellvertretenden Werksmanagers. Und dann haben Sie alles unter Kontrolle. Ich verbringe viel Zeit in der Fertigungshalle, weil ich versuche, die Mitarbeiter meiner Abteilung zu entwickeln.
    Hourensou
 – Schnelles
genchi genbutsu
für Topmanager
    Als President von Toyota musste Cho lernen, sich stärker auf Vertrauen zu verlassen, als zu den Zeiten, da er Leiter einiger Montagewerke war. Cho hat nicht die Zeit, alles höchstpersönlich zu überprüfen. Stattdessen umgibt er sich mit Leuten, denen er vertraut, und macht sichstandardmäßig über seine Vertrauten ein Bild von der jeweiligen Situation. Außerdem wendet er eine Methode an, die
hourensou
genannt wird, um nahe am Geschehen zu bleiben. Sie erscheint beinahe antithetisch zu
genchi genbutsu
, aber wenn sie richtig praktiziert wird, kann diese Methode eine effiziente Möglichkeit für einen Topmanager sein, das gleiche zu erreichen. Der japanische Begriff
hourensou
besteht aus drei Teilen:
hou
(
hou kou
 – berichten),
ren
(
ren-raku
 – regelmäßig den aktuellen Stand der Dinge weitergeben) und
sou
(
sou dan
 – jemanden um Rat fragen bzw. beraten). Um einige der Funktionen des
genchi genbutsu
zu