Der Toyota Weg
von Dividendenzahlungen an die kanadische Regierung ausgeschüttet.
CPC hat über 57.000 Mitarbeiter und 22 große Sortierzentren. Insgesamt gibt es in Kanada 900.000 Filialen – das sind mehr, als alle Niederlassungen aller kanadischen Banken zusammen. CPC liefert an mehr als 13 Millionen Zustelladressen in Kanada, und der Umsatz beträgt ungefähr sechs Milliarden kanadische Dollar. Mitte der 1990er Jahre begann CPC in der Briefsortierung und -zustellung mit der Anwendung schlanker Methoden. Die Sortierung ist das zentrale Nervensystem des gesamten Prozesses. Sämtliche Post, die aus allen Teilen des Landes sowie aus dem Ausland versendet wird, wird sortiert, auf Lastwagen und in Flugzeuge verladen und in der ganzen Welt verteilt.
Vor Beginn der Verschlankung im Jahr 1995 waren die Zustände chaotisch. Die Sortierzentren glichen eher riesigen Warenlagern. Der Fokus lag auf Automatisierung und schnellen Sortieranlagen. Dennoch trat die größte Verschwendung genau zwischen diesen beiden Wert generierenden Prozessen auf, wurde aber ignoriert. Steve Withers, ein hochrangiger Manager von Canada Post, der den ungewöhnlichen Titel „Senior Advisor of Lean“ trug, beschrieb die Situation wie folgt:
Wir haben bei der Organisation der Sortierzentren nur in Stapeln gedacht. Oft haben wir mit Anlagen gearbeitet, die ausschließlich Poststapel ab einer bestimmten Menge verarbeiten konnten. Diese Anlagen haben die Post zwar in Lichtgeschwindigkeit sortiert, aber anschließend wurden die sortierten Stapel irgendwo zwischengelagert. Fließende Prozesse gab es eigentlich nicht. Die technische Philosophie lautete: größere, schnellere und teurere Sortieranlagen. Das führte punktuell zu einer unglaublichen Arbeitsgeschwindigkeit (wodurch die Zahl der nicht Wert generierenden Schritte und die Poststapel noch mehr zunahmen). Wir hatten hoch moderne Forecasting- und Lagerkontrollsysteme und Mitarbeiter, die im Werk herumliefen, um den Arbeitsfluss zu beschleunigen. Wir haben alles mit Farbcodierungen versehen, um zu priorisieren, was als Nächstes verarbeitet werden musste. Aber die Visibilität war nicht gegeben. Oft wurde die Post in Containern außer Sichthöhe gelagert, so dass sie niemand wahrnahm. Unsere Sortieranlagen waren gigantisch – viel größer alsbenötigt – und setzten sich aus einer Vielzahl von schnellen Sortiermaschinen und Zwischendepots zusammen. Manche Sortierzentren hatten tausende Post verarbeitende Maschinen und Anlagen. Im Ergebnis mussten große Entfernungen zurückgelegt werden, die Qualität war schlecht, die Durchlaufzeit zu lang – nur die Sortierung war schnell.
CPC durchlief im Verlauf seiner Transformation zu einem schlanken Unternehmen schließlich drei Phasen. Die erste war „punktuelles
kaizen
“. An verschiedenen Punkten des Wertstroms wurden verschiedene Verbesserungen ausgetestet. In der zweiten Phase wurde der Wertstrom als Ganzes betrachtet und systematisch analysiert, und es wurden verschiedene Änderungen umgesetzt. Im Jahr 2003 trat CPC in die dritte Phase ein – die Schaffung einer lernenden Organisation.
In der ersten Phase bestand die Anwendung der TPS-Methoden aus Versuch und Irrtum, indem verschiedene Dinge ausgetestet wurden. Aber selbst so erzielte CPC mit schlanken Methoden bereits gewaltige Effizienzgewinne. In seinem Sortierzentrum in Ottawa betrachtete CPC den aktuellen Zustand des Wertstroms vor Ort, indem es den gesamten Verlauf an einer Wand darstellte und nachzeichnete, wie sich Briefe, Werbung und Päckchen durch das Sortierzentrum bewegten. Dabei fand man heraus, dass die Sendungen vom Zeitpunkt der Anlieferung in das Sortierzentrum bis zum Zeitpunkt des Abtransports eine Distanz von 167 Metern zurücklegten, acht Mal zwischengelagert und an eine andere Arbeitsstation transportiert wurden, dass die gesamte Verarbeitungszeit 26 Stunden betrug, die eigentlich Wert generierende Zeit der Sortierung aber nur 12 Sekunden betrug. Laut Withers „wurde die Post s
ekundenlang
sortiert,
minutenlang
transportiert, s
tundenlang
gelagert und
tagelang
ausgeliefert. Das Sortierzentrum war das reinste Warenlager.“
Als Ergebnis beseitigte das Sortierzentrum in Ottawa 1997 einen großen Teil der Poststapel und versetzte die Anlagen und Maschinen so, dass ein kontinuierlicherer Prozessfluss gewährleistet wurde. Das führte zu umfangreichen Platzeinsparungen in dem dreistöckigen Zentrum. Ein gesamtes Stockwerk wurde auf diese Weise frei, so dass mehrere
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