Der träumende Diamant 1 - Feuermagie
erleichtert gewesen sein.«
»Parrish Grady hatte nicht die Gelegenheit, irgendetwas anderes als verdammt dankbar dafür zu sein, dass er seine Haut gerettet hat. Ich habe George Winston den Diamanten überreicht und Grady aufgefordert, nach Hause zu gehen, ehe ich meine gute Laune verliere und mich entschließe, ihn wie eine Weihnachtsgans auszunehmen. Er hat mich beim Wort genommen und ist verschwunden.« Nun schloss Kit doch den Spalt zwischen ihnen. Er trat zu ihr, hob ihr Kinn mit dem Finger und suchte ihren Blick. »Er will dich, weißt du? Von der Sekunde an, als er dich zum ersten Mal sah, wollte er dich. Ich habe es kommen sehen.«
»Was ist mit Nicholas?«
»Ach ja, dein Freund, der Schreiber.« Er spreizte die Finger; ihr Puls war wie eine Hummel auf seinem Handrücken, schnell und warm und lebendig. »Da er bei deiner Befreiung behilflich war - und auch bei meiner -, konnte ich es ihm kaum vergelten, indem ich ihm drohte, ihm die Gedärme herauszureißen, egal wie verliebt er war, als er auch nur deinen
Namen aussprach. Nach einer Weile wird es ermüdend, die Hälfte der Bevölkerung aus der Grafschaft einzuschüchtern, nur weil die Leute sich in dich verliebt haben. Ich habe ihm für seine Hilfe gedankt und ihn als Gradys Eskorte bestimmt. Zwei Fliegen mit einer Klappe, sozusagen. Ich hungere deine Verehrer einen nach dem anderen aus.«
Sie lächelte nicht, wie er gehofft hatte. Sie sah ihn nur an, mit ihren samtbraunen Augen und den schweren, schwarzen Wimpern. Er berührte den Bluterguss auf ihrer Wange. »War ich das oder sie?«
»Beide, glaube ich. Ich habe keinen Spiegel und weiß nicht, wie schlimm es inzwischen ist. Aber ich habe eine Vorstellung davon, wie es vorher aussah.«
Verzeih mir . Das wollte er sagen, aber es schienen so unzulängliche Worte für das, was er tatsächlich empfand. Es tut mir so leid, ich würde dich nie verletzen, ich verzehre mich danach, dich anzusehen, ich liebe dich so sehr . Aber was auch immer es war, das sie so ernst sein ließ, verdrängte sogar diesen ersten, einfacheren Gedanken. Sie schien bedrückt und weit von ihm entfernt, als sie hinaus auf die Dächer starrte, trotz ihrer einnehmenden Röte.
Er trat wieder einen Schritt zurück, um ihr mehr Raum zu lassen, und sah sich in dem engen Turm um. »Nette Gargoyles.«
»Ja. Willkommen in meinem … Wie hast du es mal genannt? Rückzugsort für den Notfall.«
»Sehr gemütlich.«
Sie verschränkte die Arme. Diese Bewegung lenkte seine Aufmerksamkeit auf den Ausschnitt ihres Miederteils und auf das sittsame weiße Tuch, das sie über ihre Schulter gelegt und über der Brust verknotet hatte. Ihr Kleid war taubengrau und schmucklos; das Tuch passte zu der Schürze, die fast bis an den Kleidersaum reichte. Er war sich sicher - absolut sicher -,
dass dies das Kleid eines Milchmädchens war. Kit musste sich ein Lächeln verbeißen.
Sie bemerkte: »Ich würde dir ja Tee anbieten, aber ich fürchte, die Bedienung hier lässt sehr zu wünschen übrig.«
Nun musste er doch lächeln. Er ließ einen Finger über den Schmutz auf dem Geländer gleiten. »Vielleicht solltest du deine Magd rauswerfen.«
»Wahrscheinlich. Es ist einfach so schwer, in diesen Tagen ehrbare Hilfe zu finden.«
Kit hielt inne. »Du bist böse.«
»Du hast mich angelogen.« Nun warf sie ihm einen unverwandten, geraden Blick zu, ihre Lippen waren aufeinandergepresst, die Augenbrauen zusammengezogen. »Du hast gelogen, was unsere Abmachung betrifft. Du hast gelogen, als du sagtest, du würdest mich freilassen. Ich weiß, dass du das nie vorhattest, Diamant hin oder her.«
»Oh.« Er lehnte sich gegen die Alabastersäule. »Hat der Rat dir das erzählt?«
»Der Rat musste mir das nicht sagen. Ich habe es selbst herausgefunden, als sie hier in Massen aufgekreuzt sind, die Kapuze schon in der Hand. Wolltest du die gesamten vierzehn Tage abwarten, ehe du mich nach Darkfrith zurückschleifst?«
»Ich wollte das, ja«, bestätigte er sanft.
»Nun, wie großzügig von dir. Es ist gut zu wissen, dass ich mit einem Mann zu tun habe, der zu seinem Wort steht.« Ihre Stimme begann zu zittern, und abrupt wandte sie den Blick ab.
»Erwartest du eine Entschuldigung?«, fragte er einen Moment später.
»Eine weitere Lüge? Vielen Dank für dein Angebot, aber nein.«
»Gut. Ich ziehe es nämlich vor, nicht zu lügen, deshalb ist hier die Wahrheit, Maus: Es tut mir nicht leid. Ich würde alles noch einmal tun, wenn ich müsste - vielleicht abgesehen
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