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Der träumende Diamant 1 - Feuermagie

Titel: Der träumende Diamant 1 - Feuermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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einmal, vollzog die Wandlung und versuchte, zum Fenster zu gelangen. Er verstellte ihr den Weg, war schneller als sie, Rauch und dann wieder Mann, sein Finger steckte in dem kleinen Loch in der Scheibe.
    »Ich werde dich nicht auf diese Weise gehen lassen.«
    Sie kehrte um und versuchte, zur Tür zu kommen, um von dort aus den Flur zu erreichen, doch auch dort hielt er sie auf. Er war immer schneller, vorausschauender, und sie hätte am liebsten vor Entmutigung aufgeschrien. Sie stieg zur Decke auf, und er folgte ihr, zwei Spiralen, die sich wanden und drehten. Wie auch immer sie sich bewegte, sie fand in ihm ihren Gegenpart. Als sie sich der Tür näherte, drückte er sich selbst dagegen. Sie verwandelte sich in eine Frau, sehr rasch, rüttelte an der Klinke und versuchte, sich wieder als Rauch
durch die Öffnung zu zwängen, während er alles daransetzte, sie aufzuhalten.
    Er fing sie ein, ehe sie ganz hindurch war. Er umschloss sie, nahm sie gefangen, so wie er es bereits mehr als nur einmal getan hatte, und sie war gezwungen, wieder ihr menschliches Selbst anzunehmen, bereit, loszurennen. Doch im gleichen Augenblick wie sie war auch er wieder in fester Gestalt, packte sie an den Armen und zog sie an seine Brust. Sein Griff war fest und unnachgiebig.
    »Rue!«
    Sie sah auf, entdeckte jedoch nicht Christoff, sondern Zane, der mit offenem Mund im Flur stand.
     
    Er bewegte sich nicht. Er konnte nicht. Er war eingeschlafen gewesen und glaubte, noch immer zu träumen, aber die Luft war so kühl, dass sie ihm über die Haut kroch. Der Flur hatte nur ein einziges Bogenfenster ganz am Ende, und so war alles um sie herum in Pastelltöne und weiche Grauschattierungen getaucht … außer ihr. Zane kam es vor, als brannte sie wie das Mondlicht letztes Jahr, weißes Feuer und dunkeläugiger Widerspruch, alles, was wunderschön und strahlend in seinem Leben war.
    Sie war unbekleidet. Sie wurde vom Marquis festgehalten. Und sie - sie beide - waren vor zwei Sekunden nichts als Rauch gewesen, aus dem sich festes Fleisch herausschälte wie der abschließende Trick eines Zigeunermagiers.
    Was war sie?
    Sie löste sich vom Marquis. Sie machte einen Schritt auf ihn zu, ungeachtet ihres Körpers, ungeachtet ihrer Haarpracht oder der Umrisse ihrer Figur, während Langford reglos hinter ihr stand und sie beide aus seinen animalischen Augen beobachtete.

    »Zane.« Sie streckte die Hand aus. »Was machst du hier?«
    »Ich … ich … bin gekommen, um dir zu sagen …«
    Er drehte sich um und rannte davon. Er wollte das gar nicht, aber es geschah einfach, seine Füße trommelten auf dem rutschigen Boden, er schlitterte zur Treppe und sprang, drei Stufen auf einmal nehmend, hinunter, so eilig hatte er es, den Haupteingang zu erreichen. Aber die Luft füllte sich mit Nebel. Als er in der Eingangshalle landete, war er von neuen Rauchwolken umgeben und wurde am Kragen von den Füßen gehoben.
    Er strampelte und drehte sich und versuchte, den Marquis mit einem Tritt zu treffen, doch dieser hob ihn nur noch höher, als würde er ein Kätzchen halten, und ließ ihn herabbaumeln. Sein Gesichtsausdruck war grimmig und voller Abscheu, und seine Faust schnürte das Hemd eng um Zanes Hals. Zane begann, nach Atem zu ringen.
    »Halt!« Rue rannte die Treppe hinunter. »Tu ihm nichts!«
    »Du sagtest, er wüsste es.« Die Stimme des Marquis war hart und peitschendünn.
    »So ist es auch. Aber er hat … er hat nie gesehen …« Sie legte dem Marquis beide Hände auf den Arm. Ohne viel Federlesens wurde Zane zu Boden fallen gelassen. Er krümmte sich und schnaufte.
    Rues Füße bewegten sich fort. Zane hörte, wie Stoff raschelte, sehr gedämpft, und dann das Klirren von Metall, das auf den Marmorfliesen aufschlug. Sie hatte die Vorhänge vom nächsten Fenster gerissen, mitsamt Stange und langen Metern von gelbem Damast. Dieser wogte nun wie ein Fluss aus Sonnenlicht um sie herum. Sie hob ihn auf und schlang ihn um sich. Dann kam sie zurück, kniete sich vor ihm hin und flüsterte seinen Namen mit der weichsten Stimme, die er je gehört hatte. Aber sie versuchte nicht noch einmal, ihn zu
berühren. Trotzig und verzweifelt hob er den Blick und sah ihr in die Augen.
    »Du hast es doch gewusst«, sagte sie. »Aber ich habe es dich nie sehen lassen, außer dieses eine Mal. Dieses allererste Mal. Erinnerst du dich daran?«
    Träume . Das war es, wofür er diese Nacht gehalten hatte. Sie war seinen Träumen entsprungen, als er zwischen Leben und Tod gehangen

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