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Der träumende Diamant 2 - Erdmagie

Titel: Der träumende Diamant 2 - Erdmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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müssen.«
    »Mein liebes Kind, schlag dir das aus dem Kopf. Du wirst nirgendwohin mit mir mitkommen.«
    »Ich bin kein Kind.«
    »Nein«, stimmte er zu und verlor die Geduld. »Das bist du wirklich nicht, nicht wahr? Du bist etwas viel Verhängnisvolleres.
« Er stellte sein Glas auf dem Tisch hinter ihm ab und beugte sich vor, um seinen Mund an ihr Ohr zu bringen. »Ich frage mich, wie sich all diese braven Menschen fühlen würden, wenn sie wüssten, dass ein Ungeheuer in ihrer Mitte herumspaziert.«
    Amalia versteifte sich. Eine gepuderte, graue Locke zitterte gegen seine Wange. »Wir befinden uns an den Ausläufern der Karpaten«, antwortete sie mit einem Flüstern. »Mit Wäldern, Wölfen und tausend verschiedenen Legenden. Du wirst mehr als genug Ungeheuer in diesen Landen finden. Keiner dieser braven Leute wird es dir danken, wenn du deren Namen aussprichst. Denn gleichgültig, wie modisch sie gekleidet sind und wie viel Wein sie trinken, sie sind ein abergläubisches Volk. Und ich werde natürlich alles abstreiten. Du wirst nur der verrückte Ausländer sein.«
    Sie warf ihm einen herausfordernden Seitenblick zu. Jemand näherte sich ihnen. Zane zog sich zurück, doch Lia hatte sich bereits umgedreht und dem aristokratischen Pärchen, das nun vor ihnen stehen blieb, ein rasches, strahlendes Lächeln zugeworfen. »Ah, Lord Miklòs, Lady Eliz. Jó estét . Haben Sie schon meinen Ehemann, Zane Langford, kennengelernt?«
    Und zum zweiten Mal an diesem Abend war Zane - der Schwarze Schatten von Mayfair, gefürchtete Geißel von St. Giles - zu überrumpelt, um auch nur einen einzigen Ton herauszubringen.
     
    »Man wird mich bis Weihnachten nicht vermissen«, sagte sie und drehte den Federkiel in ihren Fingern, um dann langsam, ganz langsam Kreise auf das Papier des Hotels zu malen. Es war dick und feinkörnig, aber ihre Handschrift
war noch nie besonders gut gewesen. Die Tinte tropfte aus der Feder und hinterließ Kleckse auf der ganzen Seite. »Sie werden mir nicht hinterherjagen, weil sie bis zu dem Zeitpunkt noch gar nicht wissen, dass ich verschwunden bin.«
    »Und wie hast du das angestellt?« Zane hatte sich mit dem Rücken gegen die Tür seines Zimmers gelehnt, die Arme verschränkt. Lia stellte sich vor, wie er den Bronzeknauf drehte und einfach einen Schritt zurück machte, sodass er im nächsten Augenblick in die Dunkelheit von Óbuda verschwand.
    Es war spät, sehr spät. Das Fenster in seinem Zimmer ging nach Osten und öffnete den Blick auf den Himmel, der sich langsam graugrün zu verfärben begann. Sie sah zu Zane empor. Eine halbe Sekunde lang hoffte sie beinahe, dass er es endlich tun würde, nämlich die Tür öffnen und verschwinden. Er hatte sie die gesamte Nacht hindurch ausgefragt, und alles, wonach sie sich im Augenblick sehnte, war, schlafen zu gehen.
    Aber Schlaf würde sich ohnehin nicht einstellen. Oder falls doch, würde sie sich wünschen, dass es anders wäre.
    Ihr Mantel und ihre Handtasche lagen noch immer am Fuße seines Bettes, wohin er sie beim Eintreten hatte fallen lassen. Die schwarzen Jetsteine funkelten auf dem gemusterten Bettüberwurf. Seinen eigenen Mantel hatte er achtlos über ihren gelegt. Der Schein der Kerzen flackerte auf einem schmalen Stück smaragdgrünen Satins, wo das Futter umgeschlagen war. Jedem, der zufällig in diesem Raum gewesen wäre, hätten sie tatsächlich wie Mann und Frau geschienen, die nach einem langen Abend vom Ausgehen zurückgekehrt waren.
    Doch hatte er sie nur deshalb hierhergebracht, weil sie
ihm keine andere Wahl gelassen hatte. Lia war sich schmerzlich bewusst, dass - in diesem Augenblick - der Mann, den sie als ihren Angetrauten vorgestellt hatte, nichts mit ihr zu tun haben wollte.
    »Ich habe einen Brief meiner Eltern an die Schulleiterin geschickt, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass ich in diesem letzten Vierteljahr aus familiären Gründen abwesend sein würde. Und ich habe einen Brief der Schulleiterin an meine Eltern gesendet, der in den höchsten Tönen meine Fähigkeiten und meinen Fleiß preist und davon berichtet, wie großmütig ich mich freiwillig bereit erklärt hätte, mein Weihnachten dort im letzten Jahr damit zu verbringen, die Gemeindemädchen zu betreuen.«
    »Mein Gott. Ich hatte keine Ahnung, dass sie heutzutage in einer Akademie für junge Damen die Herstellung von Fälschungen lehren.«
    Sie ließ den Federkiel ein wenig rascher kreisen.
    »Und darüber hinaus auch noch Diebstahl«, fuhr er fort. »Ich nehme an,

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