Der träumende Diamant 2 - Erdmagie
abgewandt. Sie sah ihn stumm an. Er streifte die Weste ab und warf sie über einen Stuhl. Der Stoff seines Hemdes spannte sich stramm um seine Schultern, als er sich bewegte; sein Zopf endete in einem seidenen Fächer tief auf seinem Rücken. Er hockte sich auf die Bettkante und schleuderte nacheinander seine beiden prächtigen Schnallenschuhe fort.
»Eigentlich …«
»Keine Chance, mein Herz.«
Lia erhob sich von ihrem Stuhl am Schreibtisch mit so viel Anmut, wie sie aufbringen konnte. »Ich tue so, als wäre ich deine Frau. Es wäre höchst bourgeois , ein Zimmer mit dir zu teilen.«
Sie eilte zum Bett und raffte ihre Sachen zusammen, dann hastete sie zur Verbindungstür, die mit ihrem Eichenrahmen in all der sonstigen Pracht des Raumes eher bescheiden aussah. Der Schlüssel befand sich ganz unten in ihrer Handtasche.
»Lia«, sagte Zane sanft - ein vollkommenes Echo ihrer Träume. Sie warf einen Blick zurück. Er hatte sich auf dem Bett ausgestreckt, im Rücken von Kissen gestützt, seine Finger lagen flach auf seinem Bauch, die Füße übereinandergeschlagen. Mit dem Zopf und seinem geöffneten Hemd sah er mehr als alles andere wie ein Korsar aus, braungebrannt, raubeinig und gefährlich fremdartig. Er schenkte ihr ein schwaches Lächeln.
»Woher wusstest du also, in welchem Gasthaus ich die Nächte verbringen würde?«
»Das Königsblick ist bei Weitem das beste in der Stadt. Es war nicht schwer, die richtigen Schlüsse zu ziehen.«
»Und die Zimmernummer?«, fragte er noch sanfter.
»Ich habe einen Angestellten bestochen, damit er dich hier einquartiert«, log sie. »Im Ernst. Ich war überrascht, dass du das nicht herausgefunden hast.«
Sein Lächeln blieb unverwandt. Lia gab vor, angestrengt mit dem Aufschließen der Tür beschäftigt zu sein.
»Denk zweimal darüber nach, meine Hilfe abzulehnen«, sagte sie, um sein Schweigen zu überbrücken. »Ganz gleich, was du sonst noch über mich denkst - ich weiß, wie du an den Diamanten kommen kannst. Da ich nicht vorhabe, ohne ihn nach Darkfrith zurückzukehren, solltest du die durchaus realistische Möglichkeit in Betracht ziehen, dass er mir eher als dir in die Hände fällt. Glaubst du wirklich, du bekommst irgendeine Belohnung von meinen Leuten, ohne dass du ihnen Draumr selbst übergibst?«
Rasch machte sie die Tür hinter sich zu, bevor er etwas darauf erwidern konnte, und verschloss sie.
Sie hatte rechtzeitig vorgesorgt, dass er keinen Schlüssel hatte.
»Lia.«
»Ja?«
»Komm zu mir.«
»Ja, Zane.«
Seine Arme um ihren Körper. Seine Lippen auf ihrer Wange.
»Erzähle mir von morgen.«
»Morgen wird die Gräfin von Monfield eine Brosche mit hellen Rubinen in der Form einer Rose an ihrem Halstuch tragen. Sie wird um zehn Uhr allein in ihrem Garten sein und Lavendel pflücken.«
»Sehr verlockend. Aber vielleicht können wir später über die Gräfin sprechen. Herzchen, ich will etwas über dein Volk wissen.«
»Meine Leute befinden sich in den Hügeln. Sie schmieden Pläne.«
»Welche Art von Plänen?«
»Pläne, wie sie dich umbringen können. Pläne, mich zu entführen. Sie werden noch drei Tage verstreichen lassen. Es wird regnen. Niemand wird sie am Himmel erspähen können.«
Sein Atem wurde zu einem Seufzen. Sie bewegte sich in seinen Armen; die Diamanten an der Kette um ihren Hals waren ein dunkles, endloses Gedicht, ein Lied, das nie enden wollte. Seine Stimme bildete ein Echo davon, leise und unerträglich süß.
»Was ist zu tun?«, murmelte er. »Was ist zu tun …?«
»Mach dir Draumr zunutze«, entgegnete ihm Lia. »Sie werden immer zu zweit auf die Jagd gehen. Bringe sie dazu, gegeneinander zu kämpfen, wenn sie kommen. In den Zeitungen wird die Rede von Straßenräubern sein. Niemand muss die Wahrheit erfahren.«
»Hmmm.« Sie spürte wieder seine Lippen, ein Liebkosen, langsam und seidig an ihrer Kehle. »Kluges Mädchen. Du bist selbst voller Pläne, nicht wahr?«
»Ich bin von dir erfüllt«, antwortete sie wahrheitsgemäß und wurde mit Freuden belohnt durch einen Kuss auf den Mund.
Sie erwachte im Sonnenlicht, das hart und strahlend ein Quadrat auf ihre Wangen und Lider warf. Einen Augenblick lang blinzelte Lia, ihre Arme ausgestreckt, ihre Finger immer noch ans Bettzeug und an die weiche Daunendecke geklammert. Die Luft roch nach Federn und dem Fluss. Tief sog sie den Atem ein und erinnerte sich, wo sie war. Und warum.
Sie setzte sich im Bett auf, warm, müde und mit Schlaf in den Augen, ohne den
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