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Der träumende Diamant 2 - Erdmagie

Titel: Der träumende Diamant 2 - Erdmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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geschlossen, als habe sie nach Luft gegriffen, und nur das Heben und Senken ihrer Brust störte die friedvolle Heiligkeit dieses Lakens bei jedem Atemzug.
    Glut zerfiel im Kamin und ließ eine funkelnde Feuerrose erblühen.
    Meine Ehefrau , dachte er, ohne es zu wollen.
    Er holte tief Luft. Dann drehte er den Kopf, und ohne nachzudenken, machte er einen Schritt zurück, fort von ihr, weg von dem Anblick ihrer nackten Haut und ihres ruhigen, unheimlichen Gesichts.
    Aber er war nicht so lautlos, wie er es hätte sein sollen. Mit dem Rücken stieß er gegen die Tür, und Amalia regte sich und erwachte.
    Sie streckte sich. Das Laken glitt nun vollständig hinab und kam auf ihrer Hüfte zu liegen. Zane konnte den Blick nicht abwenden, er brachte es nicht fertig, und als sie ihre Arme über den Kopf hob, gähnte, sich umdrehte und sich mit den Fingern durch die Haare fuhr, verwandelten diese sich mit einem Mal in Rauch. Jede einzelne Locke wurde buchstäblich zu Rauchwölkchen. Dort, auf den Kissen, bebten seidige, graue Schwaden und umrahmten ihr Gesicht.

    »Gütiger Himmel«, stieß Zane hervor und prallte ein weiteres Mal mit dem Rücken gegen die Tür.
    Lia schlug die Augen auf. Sie setzte sich auf, und der Rauch glitt zurück in ihr Haar, das schwer und blond auf ihren Schultern lag.
    Er starrte sie an, reglos. Sie riss sich das Laken vor die Brust.
    »Verschwinde«, fuhr Amalia ihn an.
    »Was war denn das ?«
    »Hinaus!«
    Er griff hinter sich nach dem Knauf der Tür. Ohne den Blick von ihr abzuwenden, zog er das mächtige Holz hinter sich zu, sodass sie zusammen in einen Raum gepfercht waren.
    »Du meine Güte«, sagte er, und es gelang ihm nur mit Mühe, keinen beißenden Ton anzuschlagen. »Anscheinend hast du mir letzte Nacht tatsächlich ein Körnchen Wahrheit hingestreut, nicht wahr? Du kannst mich tatsächlich mühelos anlügen.«
    Sie stieß den Atem aus, als hätte sie ihn zuvor angehalten. Ihre Augen waren sehr groß.
    Er trat einige Schritte in den Raum hinein. »Wie lange kannst du schon die Wandlung vollziehen?«
    »Du irrst dich«, sagte sie tonlos. »Ich kann sie nicht vollziehen.«
    »Zugegebenermaßen ist es recht dunkel hier. Und ich bin nicht in bester Verfassung, ohne meinen Morgenkaffee, aber mit meinen Augen ist alles bestens. Ich weiß, was ich gesehen habe.«
    » Ich weiß nicht, was du gesehen hast. Aber ich schwöre dir, ich kann nicht …«

    »Amalia«, unterbrach er sie sehr freundlich. »Lüg mich noch einmal an, und ich schwöre dir, dass dir die Konsequenzen nicht gefallen werden.«
    Ihr Mund schloss sich. Er sah, wie ihre Finger, die das Laken umklammerten, weiß wurden, und er machte einen weiteren Schritt auf sie zu, bis er beinahe am Bett stand.
    »Ja?«, fragte er sanft.
    Lia spürte, wie ihr Gesicht zu brennen begann. Abwartend und reglos sah er mit seinem glühenden Blick kalt zu ihr hinunter.
    Sie log nicht. Sie konnte die Wandlung nicht vollziehen. Sie war eine Frau mit seltsamen Talenten: Sie war eine Träumerin, die Musik und entsetzliche Dinge hören konnte, und alles unterlag ebenso wenig ihrer Kontrolle wie die Phasen des Mondes. Jeden Tag erwachte sie und wusste nicht, welche neuen Wunder ihr Körper vollbringen würde, und auch nicht, wann oder wo. Es war, als trage sie ein Tier in ihrer Brust, wo gewöhnlich das Herz sitzt, ein Tier, das jeden Tag zum Leben erwachen und ihre mühsam gewonnene Fassade zum Einstürzen bringen konnte.
     
    Bis zu jenem Nachmittag vor zwei Jahren in Edinburgh hatte sie nichts davon geahnt. Sie war mit einer Gruppe jüngerer Schülerinnen zum Tee ausgegangen, denn in ihrem zweiten Jahr hatte man Lia erlaubt, die Kleineren zu beaufsichtigen - ein süßes Krümelchen Freiheit. Als sie gerade über den Lawnmarket schlenderten, erhaschte sie einen Blick auf einen jungen Mann mit einer Schürze, einen Hufschmied, der sich ihnen aus einer anderen Richtung näherte. Sein Blick fand den ihren durch all die schwarz gekleideten Menschen hindurch, und er lächelte sie an, als sie an ihm vorübergingen.
Lia hatte zurückgelächelt, und nur von diesem kurzen, wohlgefälligen Blick war ihr am ganzen Körper warm geworden.
    Der Hut hatte tief auf ihrem Kopf gesessen. Sie hatte sich leicht, außergewöhnlich, fröhlich und ungekannt lebhaft gefühlt, bis eines der Mädchen hinter ihr zu ihr trat, sie am Ärmel zupfte und flüsterte: »Lady Amalia, Ihre Haarnadeln haben sich gelöst.«
    Sie hatte mit einer Hand an ihren Hut gegriffen, und wo sich zuvor

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