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Der träumende Diamant 2 - Erdmagie

Titel: Der träumende Diamant 2 - Erdmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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eine Frisur mit züchtigen, weißgepuderten Löckchen befunden hatte, die unter der Krempe hervorgelugt hatten, waren nun lange, goldene Locken, die ungehindert bis zu ihrer Hüfte wippten.
    Am helllichten Tag!
    Nur durch das schüchterne Lächeln eines Mannes.
    Das war das erste Mal gewesen. Ganze sechs Monate lang mied sie daraufhin jeden höflichen Blick eines Mannes, ob jung oder alt, Diener oder Edelmann. Sie hatte es nicht gewagt. Wenn sich ein Drákon in Rauch verwandelte, blieb nichts von seinem Körper zurück, kein Puder, keine Juwelen, keine Kleidung. Nichts.
    Es sollte nicht möglich sein, sich nur zum Teil zu verwandeln, nur halb zu verschwinden. Ihr Volk bestand aus Drachen oder Menschen oder Rauch: Niemand verweilte je zwischen diesen Stadien. Niemand außer ihr.
    Sie hatte sich nach den Gaben gesehnt. Aber sie hatte dieses Zwischenleben bekommen, dieses Drachenherz, das Lied und die Träume.
     
    Zane trat die letzten paar Schritte bis unmittelbar an die Bettkante heran. Es lag etwas Furchteinflößendes in dieser
Entschlossenheit, Anmut und Reglosigkeit seiner Haltung. Nie zuvor hatte sie gesehen, dass er sich auf diese Weise bewegte; in all diesen Jahren, die sie ihn nun kannte, hatte sie ihn nie eine solch wahrhaftige Bedrohlichkeit ausstrahlen gefühlt. Nun jedoch stellten sich ihre Nackenhaare auf.
    Er ist ein Verbrecher , sagte sie sich. Genau das ist er.
    »Ich kann die Wandlung nicht vollständig vollziehen«, stieß sie hervor. »Diese Art der Kontrolle fehlt mir. Ich habe eigentlich überhaupt keine Gewalt darüber, wirklich. Der gesamte Prozess … entzieht sich meinem Einfluss. Ich habe nicht gelogen. Was auch immer du gerade gesehen hast, war nicht mein Werk. Jedenfalls nicht bewusst.«
    Sie war sich nicht sicher, ob er ihr Glauben schenkte, und sie konnte auch nicht einschätzen, was er gerade dachte. Sein Gesicht hatte den kalten, versteinerten Ausdruck, den er in ihrer Gegenwart so häufig aufsetzte. Dann runzelte er kaum merklich die Stirn und griff nach einer ihrer Locken, um sie eingehender zu betrachten.
    »Diese hier war es«, sagte er und zupfte an der Haarsträhne.
    Sie nickte, wenig überrascht.
    »Warum bist du hier, Amalia?«
    »Um … um dich zum Diamanten zu bringen.«
    »Warum?«, fragte er noch einmal und fuhr mit dem Finger langsam die goldenen Haare hinunter. »So nützlich ich auch sein mag - eine Frau wie du, ein Biest mit deinen besonderen Fähigkeiten - wäre doch allein sicherlich viel besser dran.«
    Sie öffnete den Mund, schloss ihn jedoch sofort wieder. Sie spürte, wie ihr das Blut mit einem Stoß in die Wangen fuhr.
    Der Dieb lächelte zu ihr hinunter, diesmal unverhohlen spöttisch.

    »Das war nicht nett.«
    »Ebenso würde es mancher bezeichnen, wenn man einen unschuldigen Mann an der Nase herumführt.«
    »Du bist weit davon entfernt, ein unschuldiger Mann zu sein, soweit ich weiß! Und Biest oder nicht, ich bin hierhergekommen, um dafür zu sorgen, dass du am Ende etwas sehr Wertvolles erlangst …«
    Aber er hatte ihr eine Hand auf den Mund gelegt und die restlichen Worte erstickt. Den Kopf hatte er zur Tür gedreht, die nach draußen auf den Flur führte. Da hörte auch sie es: sehr leichte Schritte, die über den Teppich den Korridor hinunterliefen. Es gab keine anderen Geräusche, kein knarrendes Holz, kein Schnaufen oder raschelnde Kleidung. Und dann verstummten selbst diese Schritte.
    Ein plötzlicher Schauer kroch über ihre Haut.
    Lia wickelte das Betttuch fester um sich und folgte Zane, als er zur Tür schlich. Er warf ihr einen einzigen, warnenden Blick zu, während er nach der Klinke griff. Sie roch den Alkohol in dem Augenblick, als seine Finger die Klinke berührten.
    »Warte …«
    Die Luft hinter der Tür entzündete sich mit einem Zischen: ein brennender Lichtblitz, der gegen das Holz schlug und einen orangefarbenen Strahl über ihre Füße warf. Beinahe im gleichen Augenblick war Zane herumgewirbelt und hatte Lia mit sich auf den Teppich gerissen, die Arme fest um sie geschlungen, wobei ihr das Tuch vom Körper rutschte. Sie rollten gegen das Bett und prallten dort ab. Lia landete verdreht auf ihren Knien, und er half ihr mit einem Arm wieder auf.
    »Bist du verletzt?«

    Er mied jeden Blick auf ihren unbekleideten Körper, wartete kaum ab, bis sie den Kopf zu einem Nein geschüttelt hatte, ehe er sie wieder losließ und zurück in sein eigenes Zimmer hastete. Rauch kräuselte sich rings um die Türkanten. Zane war verschwunden.
     
    Lia

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