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Der träumende Diamant 2 - Erdmagie

Titel: Der träumende Diamant 2 - Erdmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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Licht wurde schwächer, während die Kutsche dahinrumpelte.
    Der Klang der Hufe auf dem gefrorenen Boden war ein gleichmäßiges Stakkato. Es war ein Rhythmus, den sie mittlerweile verinnerlicht hatte und der sie - bum bum , bum bum - in ihren Träumen begleitete wie ein Schlaflied. Wenn sie ihre Augen schloss, dann konnte sie sie auch sehen, die grauen Hufe, den braunen Boden, die Umrisse der Hufeisen und den Schlamm, der den frischen, neuen Schnee durchzog.
    Die Rebstöcke schliefen in der Kälte, und die Wildgänse hatten ihre Köpfe unter die Flügel gesteckt. Die Mäuse im Haus saßen still unter den Brettern und lauschten mit offenen Augen und zitternden Schnurrbarthaaren dem Wind.
    Sie kannte dieses Haus. Mit einem Mal wusste sie, wo sie waren.
    Lia erwachte in dem Moment, in dem mit einem Ruck die Öffnung über ihr aufgeschoben wurde, sodass ein Schwall kalter Luft über ihr Gesicht fegte. Zanes Finger umschlossen das metallene Fenstergitter.
    »Amalia. Vor uns liegt etwas, das wie eine verlassene Mühle aussieht. Dort werden wir Unterschlupf suchen.«
    »Nein.« Sie kletterte über den Sitz, um unmittelbar unter ihm zu knien.

    »Bleib auf dieser Straße. Wir werden bald eine Villa erreichen, wo man uns aufnehmen wird.«
    Seine Finger verschwanden, und er beugte sich vor, um ihr ins Gesicht sehen zu können.
    »Eine Villa?«
    »Ja, ganz in der Nähe.«
    Sein Dreispitz ragte ihm schief über die Augen. Schnee hatte sich in seinem Kragen und auf seinen Schultern gesammelt.
    »Bist du sicher?«
    »Ja.«
    »Verzeih mir. Darf ich fragen, wie es kommt, dass du dir sicher bist?«
    »Ich …«, setzte sie an … aber es war kein wirklicher Traum gewesen; es hatte sich eher wie in Trance angefühlt. Wie etwas, das in Träumen geschah, wenn sie Dinge wahrnahm, die sie unmöglich sehen konnte.
    »Es ist verdammt kalt hier, Mylady. Ich habe keine Lust, in einem Schneesturm festzusitzen.«
    »Zane«, sagte sie und beugte sich zu ihm. »Das Haus wird dort sein. Es ist nur eine Minute von uns entfernt.«
    Einen Augenblick noch musterte er sie unter seiner Hutkrempe hervor. Sie hörte den Kutscher einen fragenden Laut ausstoßen. Die Pferde wurden langsamer.
    »Nein«, sagte Zane an den Kutscher gewandt. »Wir fahren weiter.«
    Sie ließ die Vorhänge offen, und als sie um die nächste Kurve bogen, konnte sie die Lichter sehen, die durch den Schnee blitzten, und die verschwommenen, dunklen Umrisse von Gebäuden, die sich an die Weinhügel schmiegten.

    »Die Grand Tour! Wie außerordentlich romantisch. Meine Güte.« István Hunyadi drehte sich zu seiner Frau neben ihm. »Meine Liebe, erinnerst du dich an unsere Reise nach Wien, vor vielen, vielen Jahren? Diese Prachtstraßen! Und das Essen!«
    »Und das Tanzen«, ergänzte die Frau und nickte eifrig mit dem Kopf, auf dem eine Silberperücke thronte.
    »Ja, ja. Du warst so anmutig wie eine Taube.«
    Hunyadi war ein einfacher Winzer, jedenfalls behauptete er dies. Zane bezweifelte sehr stark, dass er keinen anderen Geschäften nachging. Lia hatte recht gehabt: Dieses einsame, hell erleuchtete Haus inmitten der Hügel war wahrlich eine Villa.
    Am Tor waren sie von stämmigen Männern, in Schals gewickelt, begrüßt worden. Sie sprachen überhaupt kein Französisch, und so war es der Zigeuner, der ihre Situation schildern musste. Seine Stimme wurde lauter, als die Torwächter keine Anstalten machten, sie passieren zu lassen. Der Schnee fiel inzwischen dick und schnell, und Zane rechnete sich im Geiste bereits aus, wie lange es dauern würde, sich zu dieser verlassenen Mühle zurückzuschleppen, als einer der Männer die Hand hob und die anderen anherrschte, den Weg für die Neuankömmlinge freizugeben.
    Der Mann hatte einen Blick auf das Fenster in der Kutschentür geworfen. Zane zweifelte keinen Moment lang daran, dass Amalia ihn ebenfalls anschaute.
    Wenn seine Finger nicht bereits taub und seine Nase ein Eisblock gewesen wäre, dann hätte Zane in jedem Fall auf einer Umkehr bestanden. Aber der Zigeuner schnalzte, und die Pferde zogen an.
    Am Eingang zum Haupthaus eilten weitere Männer herbei,
um sie zu begrüßen - Lakaien, wie Zane zunächst annahm -, doch als er sie aus der Nähe betrachten konnte, wurde ihm klar, dass er falschgelegen hatte. Sie trugen keine Livree, sondern Felle und einfache Wolle in Erdfarben, und die Haare hingen ihnen zottig und ungekämmt über den Rücken. Zane packte Lia am Arm und zog sie eng an sich, als sie durch den Schnee zum Atrium

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