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Der träumende Diamant 2 - Erdmagie

Titel: Der träumende Diamant 2 - Erdmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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einen solchen Stein in einer dieser wilden Magyaren-Geschichten aus den Karpaten? Leibeigene glauben alles, müssen Sie wissen. Ich bin mir fast sicher, es gibt eine Sage über etwas Derartiges wie einen singenden Diamanten.«
    »Ja«, unterbrach ihn der ältere Mann plötzlich und richtete
sich auf, wobei sein Korsett gefährlich knirschte. »Ja, ich kann mich ebenfalls entsinnen. Ich habe diese Erzählung als Junge gehört. Aber die Einzelheiten wollen mir nicht mehr einfallen … Es hatte etwas mit den Drachenmenschen aus den fernen Bergen zu tun. Es stand in Verbindung mit den Drákon .«
    Lia ließ ihr Weinglas fallen. Es zerschellte mit lautem Klirren auf dem Steinfußboden.
     
    »Du wusstest es«, sagte er. Er stand mit dem Rücken zu ihr, während er aus dem hohen, vereisten Fenster des Schlafzimmers blickte, das ihnen zugewiesen worden war.
    »Nein«, sagte sie.
    »Lüg mich nicht an.«
    »Wenn ich es gewusst hätte«, sagte sie sehr ruhig, »warum hätte ich es dir dann nicht sagen sollen? Warum hätte ich es für mich behalten sollen? Das hätte doch keinen Sinn gemacht.«
    Zane antwortete nicht. Unter seiner neuen, indigoblauen Weste waren seine Schultern sehr steif. Sie konnte nicht abschätzen, wie erbost er war, falls er denn überhaupt verärgert war.
    Vor allen Dingen schien er überrascht gewesen zu sein, was er gut versteckt hatte. Die Mahlzeit hatte er mit der zuvorkommenden, gewitzten Art des Meisters der Täuschung hinter sich gebracht. Ein Teil von ihr hatte diese Vorspiegelung falscher Tatsachen und seine unbeirrbare Tändelei mit der unerträglichen Frau ihres Gastgebers bewundert. Er hatte von jedem Gang gekostet, jedes Getränk gepriesen und akribisch genau auch das letzte Detail über die Drákon aus diesen betrunkenen, selbstgefälligen Aristokraten herausgepresst.

    Diamanten, Kriegsgeschäfte, verlorene Seelen. In groben Umrissen die Geschichte ihres Volkes, vorgetragenen wie eine mittelalterliche Parabel, ohne einen Bezug zur Wirklichkeit zu haben. Sie hätte beinahe selbst nicht folgen können.
    Das Drachenvolk, ja. Es handelt sich um einen sehr alten Mythos. Ich erinnere mich, dass sie wegen einiger Dinge berühmt waren, vor allem wegen der Edelsteine. Und wie die meisten bösartigen Kreaturen haben sie das Verderben über die Bauern gebracht, ihre schönsten Jungfrauen geraubt, gewildert, Unheil angerichtet, indem sie Säuglinge in ihren Wiegen vertauschten und dergleichen mehr. Sie jagen bei Nacht, doch sehen sie am Tag aus wie Sie und ich - genau wie Ihre bezaubernde junge Braut, Mylord! Aber man sagt, sie haben leuchtende Augen und ein Lächeln, das Ihnen das Blut in den Adern gefrieren lässt …
    Ihr Blut hatte es tatsächlich zum Stocken gebracht. Zusammengesunken hatte sie auf ihrem Gobelinstuhl neben dem lachenden Hunyadi gesessen, unfähig zu sprechen, außerstande, etwas zu essen. Denn mit jedem Wort erinnerte sie sich an den Sekundenbruchteil an jenem Morgen in Jászberény, in dem sie den Drachen gesehen hatte, und an den Geruch von Alkohol, der sich zu einer Feuerlohe entwickelte.
     
    Zane drehte den Kopf und warf ihr einen durchdringenden Blick aus seinen Wolfsaugen zu. Im Glas hinter ihm spiegelten sich das Kaminfeuer und ihre eigene Gestalt, wie sie auf dem Bett hockte, das Gesicht und ihr Kleid verschwommen. Das Bett selbst war groß und vornehm; eine Decke aus Nerz lag darüber ausgebreitet. Lia hatte sich dorthin zurückgezogen, weil es die größte Entfernung bedeutete, die sie zwischen sich und Zane bringen konnte. Und trotz allem spürte sie seine Hitze ebenso wie die Wohltat seiner Stimme.

    Es war ein kleiner Raum, der prachtvoll eingerichtet war mit erlesenem Holz, Kissen und weiteren dieser bunten Hängelampen. Sie tauchten Zanes Körper in ein blaues und türkisfarbenes Licht, als stünde er am Rande eines dunklen, tiefen Ozeans.
    »Wie lange wusstest du es schon?«
    »Exakt genauso lange wie du«, erwiderte sie. »Ungefähr zweieinhalb Stunden inzwischen. Oh, entschuldige, meine Uhr ist kürzlich den Flammen zum Opfer gefallen, es kann also auch ein wenig mehr Zeit vergangen sein.«
    »Amalia.«
    »Ich habe es nicht gewusst. Ich hatte keine Ahnung. Du kennst mein Volk ebenso gut wie ich. Du weißt, was sie in Darkfrith sagen - wir sind die Letzten. Wir sind die Einzigen. Ich versichere dir, falls irgendjemand auch nur das Geringste davon wüsste, dass es auf der Welt noch andere wie uns gibt, dann hätte man bereits etwas dagegen unternommen.«
    »Ja«,

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