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Der träumende Diamant 2 - Erdmagie

Titel: Der träumende Diamant 2 - Erdmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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ihn ruhig. Wie Lia hatte auch die Prinzessin nichts gesagt, wenn sie nicht unmittelbar angesprochen worden war.
    »Ich hoffe, ich trete Ihnen nicht zu nahe«, verkündete Imre an Zane gewandt, »wenn ich vorschlage, auf die englische Sitte, beim Port die Damen von den Herren zu trennen, verzichte.
Maricara und ich befolgen die strengsten Gesellschaftsregeln nur selten«, sagte er mit einem Achselzucken. »Vielleicht weil es hier nur selten jemanden gibt, den das interessieren könnte. Mylord, Mylady, würden Sie uns zu einem Dessert in eines der oberen Stockwerke begleiten? Es gibt da etwas, das ich ihnen beiden gerne zeigen würde.«
    Oben befand sich kein weiterer Saal; es gab keine Rüstkammer und keine Erkergelasse. Die Hunde trotteten voran, als Prinz Imre Lia und ihn durch ein Labyrinth von Fluren führte. Sie erklommen Treppen, die zunächst noch aus Marmor waren, dann aus Sandstein und schließlich aus Holz. Sie stiegen immer höher und höher; Lia ging neben Zane und hatte ihre Hand leicht auf die seine gelegt. Der Prinz und seine Frau liefen voran, und gerade, als Zane die Lage überdachte und überlegte, wo sich sein Dolch befand und wie lange er brauchen würde, um an ihn heranzukommen, blieb der Prinz auf einem Absatz stehen.
    »Da sind wir endlich«, sagte er und stieß gegen eine schmale Tür. Sie öffnete sich geräuschlos und gab den Blick frei auf ein feurig glänzendes, steinernes Viereck.
    Sie standen vor einer Dachterrasse, die weitläufig und nicht überdacht war, mit zwei Türmen weiter hinten, und über einen endlosen Abgrund ragte, denn der Berghang fiel steil ab.
    In der Mitte befand sich ein gedeckter Tisch, auf dem Süßigkeiten und Champagner standen. Kohlebecken glühten, und Lakaien in Livree standen erwartungsvoll entlang der Mauer aufgereiht, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Und jenseits dieser Plattform gab es nichts als die Sterne.
    Die Nacht verschluckte sie vom ersten Schritt an; sie
waren umfangen vom Mitternachtsblau, mit silberfarbenen Punkten übersät, und der Mond schüttete sein Licht über die Kuppel, die sich über ihren Köpfen wölbte und funkelnd und unendlich schien. Erst vor den Gipfeln der hohen Berge verblasste der Schein.
    Zane hörte, wie Lia einen leisen Laut der Überraschung ausstieß. Sie lief bis zum Rand der Terrasse und blieb dort stehen, das Gesicht im Wind.
    Es war beeindruckend, das musste er zugeben. Dieser Kontrast zwischen Himmel und Erde, und das Sternenlicht, das alles, von den Karpaten bis zur Burg, in Elfensilber tauchte, war atemberaubend. Unter ihnen erstreckten sich nichts als Luft und der dunkle Anhang der Gebirgskette, und über ihnen war ebenfalls nicht mehr als das Firmament. Zane konnte wirklich nicht länger als einige Sekunden in den Himmel starren. Ihm wurde schwindelig davon, und seine Sinne wurden von einem unbehaglichen Gefühl betäubt, das ihn warnte, er könne von der Terrasse taumeln und rückwärts in den Himmel fallen, wo er sich im Sternengewirr verlieren würde.
    Der Prinz trat neben sie und reichte erst Amalia, dann Zane ein Glas Champagner.
    »Inspirierend, nicht wahr?«
    »Ja«, bekräftigte Lia nachdrücklich. »Es ist außergewöhnlich.«
    »Ich bin froh, dass Ihnen meine kleine Überraschung gefällt. Es hat aufgehört zu schneien, die Wolken sind nach Westen getrieben. Die heutige Nacht ist besonders schön geworden.« Imre winkte mit der Hand seine Frau näher. Schweigend kam sie zu ihm und stellte sich an seine Seite. »Wie wäre es mit einem Spiel?«

    »Was für eine Art von Spiel?«, fragte Zane sofort, ehe Lia etwas sagen konnte.
    »Eines, für das Vorstellungskraft vonnöten ist.« Der Prinz lächelte Lia an. »Stellen Sie sich etwas vor, Lady Lalonde. Lassen Sie den Blick über mein Reich schweifen und stellen Sie sich vor, Sie seien nicht das, was Sie zu sein scheinen. Stellen Sie sich vor, Sie seien etwas vollkommen anderes, eine Kreatur, die von diesem Balkon springen und emporsteigen könnte, um dem Wind zu folgen, so weit er auch wehen mag. Stellen Sie sich vor, Sie seien - ein Drache.«
    Lia wurde sehr still.
    »Man sagt, dass diese Burg und all diese Länderein einst dem Drachenvolk der Berge gehört hätten, wussten Sie das? Nein? Es ist eine sehr bekannte Geschichte bei uns hier draußen, aber vielleicht nicht in England.« Imre probierte seinen Champagner; sein Haar war glänzend blau, sein Gesichtsausdruck nachdenklich. »Die Legende sagt, das Volk habe die Burg selbst errichtet.

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