Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie
aufgebracht die Wandlung zum Drachen. Augenblicklich durchnässte ihn der Regen, und er stemmte sich gegen das dumpfe Wüten des Sturms.
Er ließ sich in Richtung Erde fallen. Wasser strömte von
seinen Schuppen, den dolchartigen Spitzen seiner Flügel und die Klauen hinunter. Es stach ihm in die Augen, und er presste sie zu Schlitzen zusammen; lange, goldene Wimpern schirmten das Schlimmste ab.
In einer langsamen Kurve glitt er über das Moor. Wenn sich dort jemand aufgehalten hätte, wäre das selbstmörderisch gewesen - er hatte auffallende Farben und war in Reichweite eines Steinschlossgewehrs.
Aber dort waren keine Anderen , keine Drákon … und keine Maricara.
Er flog weiter. Wälder. Wiesen. Teiche mit Schaumkronen, an deren Ufern das Schilf auf halber Höhe abgeknickt wurde. Erlen und Eichen, deren Blätter alle in die Richtung des Sturms wiesen. Dann kam ein Augenblick, in dem Kimber bemerkte, dass er nicht mehr mit Sicherheit wusste, wo er sich befand. Dreißig Meilen landeinwärts? Fünfundvierzig? Aber wenn er den Kopf drehte, vermochte er immer noch in manchen Regentropfen Salz zu schmecken. Die See musste sich hinter ihm befinden. Das war also in Ordnung.
Er flog weiter. Und immer weiter. Er würde nicht aufgeben, aber er begann, über die Situation nachzudenken. Was, wenn sie schon vor längerem gelandet war und sich in einer Scheune oder einem leeren Weizenspeicher versteckt hatte? Was, wenn sie nach Seaham oder eine andere Stadt zurückgekehrt war, wenn sie ein anderes Hotel hatte, ein anderes Bett? Was, wenn e…
Dann spürte er sie. Sein Körper bemerkte es vor seinem Geist; er bog bereits in einer Kurve nach rechts ab, schoss in einer langen, geraden Linie steil empor, um die Reibung des Gegenwindes zu mindern. Seine Flügel dehnten sich unter der Gewalt seiner Drehung schmerzhaft. Aus seinen Augen schossen Tränen in den Wind.
Ein Prickeln seinen Rücken entlang wie Wärme. Schießpulver und Blumen, ein Kuss ihres Parfüms erfüllte seine Schnauze.
Sie war da. Er spürte sie, wie er die Erde spürte, die niederen Elemente wie Kupfer oder Holz, Lehm und Quarz. Sie war dort vor ihm, ursprünglich und wild, ein Zickzack von Empfindungen, die über ihn hinwegwuschen, gegen seine Sinne prallten und ihn nach Osten führten, wo sie flog. Wo sie abtauchte und wie ein Delphin auf der Brandung ritt.
Zum ersten Mal sah er sie in einem Ausbruch blendend hellen Lichts: die winzige Silhouette eines Drachen vor den massiven Wolken, die in wie eingefroren wirkenden Windungen durch den Regen schnitt. Das Licht erstarb, seine Vision löste sich auf, aber das machte nichts, denn jetzt wusste er, dass sie da war, hoch über ihm, den Dunst mit Klauen und Zähnen aufreißend.
Er überließ es seinem Instinkt, ihn zu führen. Der Regen wurde stärker, traf ihn hart, aber sie befand sich immer noch vor ihm. Eine Folge von Blitzen enthüllte sie wie die Zeichnungen in einem Bilderbuch, mit ausgebreiteten Flügeln, zusammengefalteten Flügeln, hinauf, hinauf, eine lange, wellenförmige Gestalt, die nach unten schoss. Sie ritt auf dem Wind, wie er es noch nie zuvor bei jemandem gesehen hatte, tauchte kopfüber hinein, riss daran, ließ sich von ihm wieder und immer wieder um die eigene Achse wirbeln. Als er nahe genug war, konnte er das von ihrem Körper strömende Wasser erkennen, das mit unerbittlichem, grausamem Rhythmus auf ihre feine Haut einprasselte.
Er schoss näher heran. Sie schien ihn nicht zu bemerken, gefangen in ihren Schleifen und Drehungen. Ihre Augen - mandelförmig und blendend silbrig - trafen die seinen, ohne zu blinzeln. Sie versuchte nicht zu fliehen oder sich zu verwandeln
oder ihr Sturmballett zu beenden. Sie glitt nur für einen Augenblick dahin, dann kippte sie, einen Flügel anziehend, nach rechts in einen langsamen, langsamen Fall.
Kimber folgte ihr.
Das war verdammt schwierig. Sie ließ es einfach aussehen, jeder Zoll von ihr wirkte straff, nur die Mähne an ihrem Hals flatterte wild durch die Geschwindigkeit ihres Sinkflugs. Wie sie so vor ihm dahinflog, wurden das blasse, metallische V ihrer gleichmäßig schlagenden Flügel der sichtbarste Teil von ihr, silberne Spuren, welche die anmutigen Spitzen und Knochen markierten.
Seine eigenen Flügel begannen zu schmerzen. Der Boden raste ihm entgegen. Aber sie änderte ihren Flug nicht. Gemeinsam trudelten sie in weiten, flachen Kreisen nach unten, bis eine frische Windböe ihn gewaltsam beiseitestieß, ihn dazu zwang, sich
Weitere Kostenlose Bücher