Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Trakt

Der Trakt

Titel: Der Trakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
Vom Netzwerk:
Handeln erlebte er nur noch wie ein Unbeteiligter.
    Mit drei großen Schritten war er bei Rob, aber er kam eine Sekunde zu spät. In allen Einzelheiten sah er, wie Roberts Faust dieses zerbrechliche Gesicht traf.
    Er hat sie geküsst.
    Hans sah, wie Jane zu Boden fiel, sie schrie, sie brauchte Hilfe.
Zerbrechlich.
    Er hätte noch mehr gemacht, wenn sie nicht so prüde gewesen wäre.
    Hans machte einen seitlichen Ausfallschritt und kam dabei so weit nach unten, dass er mit fließenden Bewegungen der Hände das Hosenbein hochschieben und sein Bajonett aus dem Lederholster ziehen konnte. Noch im Aufrichten beschrieb sein Arm einen schräg von unten nach oben geführten großen Bogen, auf dessen Bahn die Klinge tief in Roberts Hals eindrang, wo sie den Kehlkopf glatt durchschnitt. Robert riss die Augen so weit auf, dass die Augäpfel kugelrund hervortraten. Er legte beide Hände auf die Stelle an seinem Hals, aus der jetzt sein Blut quoll. Sein Mund öffnete sich weit, aber Hans wusste, er würde keinen Ton herausbekommen. Niemand würde nach diesem Schnitt noch einen Ton von sich geben.
    Während Robert schwankte und ihn ungläubig aus seinen kugelrunden Augäpfeln anstarrte, passierte etwas ganz Seltsames mit Hans.
    Etwas schlug fest gegen seinen Rücken, und mit einem lauten Knall stand die ganze Welt still. Fast die ganze Welt. Nur Jane bewegte sich. Sie hob den Kopf und lächelte ihm zu. Von den Verletzungen, die Rob ihr beigebracht hatte, war nichts mehr zu sehen. Ihre ganze Gestalt war von einem Leuchten umgeben, nein, sie war nicht davon umgeben, sie selbst strahlte dieses Leuchten aus. Janes Körper richtete sich auf, ohne sich dabei zu bewegen, ihr Gesicht war jetzt auf gleicher Höhe mit seinem, ihre Augen nur Zentimeter von seinen Augen entfernt. So zerbrechlich und so schön war sie, dass Hans es nicht ertragen konnte und die Augen schließen musste. Und selbst da nahm er Janes Leuchten noch wahr, es war jetzt in ihm, und es wurde immer heller, fast grell jetzt, er war ganz erfüllt von dem Jane-Leuchten und gab sich ihm bedingungslos hin.
    Als das Leuchten dann verblasste, als er Jane nicht mehr spüren konnte, als es kalt wurde, da nahm Hans etwas mit, das er nicht gefühlt hatte, so weit er sich zurückerinnern konnte.
    Er war glücklich.

44
    Es dauerte einige Sekunden, bis Daniela ihre Umgebung wieder wahrnahm, aber sie verlor nicht die Besinnung. Von ihrer rechten Gesichtshälfte ausgehend verteilte sich explosionsartig der Schmerz über den ganzen Kopf. Sie stützte sich mit dem angewinkelten Unterarm auf dem Boden ab und richtete den Oberkörper ein Stück auf, was ihr sofort wieder neue Wellen des Schmerzes durch den Schädel jagte. Sie versuchte sie zu ignorieren, und dann passierten so viele Dinge fast gleichzeitig, dass sie die einzelnen Situationen wie eine rasend schnelle Abfolge einzelner Bilder wahrnahm.
    Sie sah, wie sich links von ihr Rosie zu Lukas herunterbeugte und ihn auf den Arm nahm.
    Direkt vor ihr richtete sich Hans aus einer seltsamen Grätsche auf, während gleichzeitig sein Arm durch die Luft sauste. Es gab dabei ein ekelhaft schmatzendes Geräusch, das sie nicht einordnen konnte.
    Roberts Körper verrenkte sich eigenartig, er riss die Arme hoch und legte die Hände auf seinen Hals.
    Schräg hinter Robert und Hans riss Wittschorek etwas aus seiner Jacke und warf es Grohe zu. Als der Oberkommissar es gefangen hatte und auf Hans und Robert richtete, während er ein Stück in den Knien einknickte, erkannte sie, dass es eine Waffe war. Es folgte ein unglaublich lauter Knall, der die Zeit verrückt spielen ließ. Sie sah in Zeitlupe, wie Hans starr wurde. Er schwankte einmal vor und zurück und fiel dann mit einer halben, seitlichen Drehung zu Boden, und zwar so, dass sein Kopf direkt vor ihr ungebremst auf dem Boden aufschlug, wo er noch einmal nachfederte, als wäre er aus einem gummiartigen Material. Dann lag er still, unmittelbar vor ihr.
    Diese toten Augen.
    Diese toten Augen waren nun vielleicht wirklich tot. Und starrten sie an.
    Daniela konnte nichts anderes mehr tun, als zu schreien. Sie schrie und schrie und schrie, sie brüllte diesen Kopf weg und diese fürchterlichen Augen und alles um sie herum, sogar das Licht.
    Als es dunkel war, hörte Daniela auf zu schreien.

45
    Zuerst sah sie nur ein verwaschenes, grauweißes Bild. Sie zwinkerte mehrmals, und es bildeten sich langsam Konturen heraus. Schräg über ihr hob sich eine helle Fläche gegen den Hintergrund ab. Die

Weitere Kostenlose Bücher