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Der Trakt

Der Trakt

Titel: Der Trakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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Gesicht gelähmt. Die Wangenknochen stachen gegen ihre blassgraue Haut, als würden sie sie jeden Moment durchstoßen. Einzelne Strähnen ihrer ungekämmten, aschblonden Haare hingen ihr ins Gesicht.
    Der Anblick war fürchterlich, aber am schlimmsten waren diese Augen. Unnatürlich weit aufgerissen waren sie und starr geradeaus gerichtet. Die Pupillen bewegten sich keinen Millimeter. Es sah aus, als hätten diese Augen etwas unmenschlich Schreckliches gesehen und seien in genau diesem Moment erstarrt.
    »Was sind Sie nur für ein Irrer«, hörte Sibylle Grohes Stimme.
    Ein Stöhnen hörte sie auch, und sie ahnte mehr als dass sie wusste, dass sie selbst es ausgestoßen hatte. Sie erkannte dieses Gesicht, auch wenn es nun so entsetzlich entstellt war. Dieses Gesicht war ihr vertraut.
    Vor ihr stand die Frau, die sie neben Hannes auf dem Foto von ihrer Hochzeitsreise gesehen hatte.

42
    Der Anblick der echten Sibylle Aurich war schlimm, aber trotzdem fiel es ihr schwer, sich von dem Bild loszureißen. Es gelang ihr schließlich doch.
    Als sie zu Haas herübersah, verschwammen seine Konturen hinter den Tränen, die in ihren Augen überliefen.
    »Was sind Sie nur für ein Unmensch?!«, stieß sie aus, »was haben Sie dieser armen Frau angetan?«
    »Ich habe eine Technik erschaffen, die den Menschen neue Perspektiven in der Heilung von Geisteskrankheiten eröffnet. Und das ist nur ein winziger Teil der Möglichkeiten, die Synapsia bietet. Dass man dafür gerade in der Anfangszeit auch Opfer bringen muss, dürfte jedem einleuchten. Vielleicht schaffen wir es bald auch, die Spender ohne diese … Nebenwirkungen abzuziehen.«
    »Spender? Abzuziehen? Was bedeutet das?«
    Er winkte ab. »Augenblick, Jane. Ich werde es erklären.«
    »Nennen Sie mich nicht Jane. Sagen Sie mir, wie ich wirklich heiße? Wer bin ich wirklich?«
    »Aber Mami, du heißt doch Daniela!« Lukas stieß sich an den Beinen des Professors ab und kam zu ihr herübergelaufen.
    Sibylle beugte sich schnell herunter und schloss ihn fest in die Arme. Das Gefühl, ihr Kind endlich zu spüren, den Geruch seiner Haut einatmen zu können, trieb ihr wieder die Tränen in die Augen.
    Sie befürchtete, dass gleich jemand den Jungen von ihr wegziehen würde, und drückte ihn so fest an sich, dass er aufstöhnte.
    Eine Hand legte sich auf ihre Schulter, die Finger drückten zweimal zu, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie ließ von Lukas ab und hob den Kopf.
    Hans sah sie an und deutete mit dem Kopf zu dem Professor hin. Sie richtete sich auf, drückte ihren Jungen aber weiter an sich.
    Daniela? Die Frau im Foyer von CerebMed hat mich … mit Danny angesprochen.
    »Ihr Name war Daniela Randstatt, Sie haben bei uns gearbeitet. Alles Weitere ist nicht wichtig.«
    Ihre Gedanken überschlugen sich.
Daniela. Daniela Randstatt.
Sie kannte den Namen gut. Es war, als sei es der Name einer früheren, ganz intimen Freundin, an die sie lange nicht mehr gedacht hatte.
Lukas Randstatt. Mein Junge!
    »Sagen Sie mir, hab ich von alldem gewusst? Hatte ich mit diesem … Synapsia irgendwas zu tun?«
    »Nein. Sie waren in der Verwaltung beschäftigt. Dieser Bereich hier unten ist nur einem ausgewählten Kreis bekannt, zu dem Daniela Randstatt ganz gewiss nicht gezählt hat.«
    Sie fühlte sich erleichtert, aber gleichzeitig drängten sich ihr tausend Fragen auf. »Aber warum … –«
    »Stopp«, sagte Haas und hob die Hand wie ein Verkehrspolizist.
    »Keine weiteren Fragen. Sibylle Aurich ist das, was wir einen Spender nennen. Sie hingegen waren ein Empfänger, genau so, wie es auch die beiden Herrschaften hier bald sein werden.«
    Er sah erst zu Grohe, dann zu Rosie herüber, bevor er sich ihr wieder zuwandte. »Als Spender taugen sie leider nicht mehr, nach dem, was sie schon alles wissen. Unschwer zu erkennen, welche Rolle die erstrebenswertere ist. Ich habe Ihnen Frau Aurich vorgestellt, um Ihre Bereitschaft zu stimulieren, mit mir zusammenzuarbeiten und mir in den nächsten Tagen bis ins kleinste Detail alle meine Fragen zu beantworten. Wir haben noch nie versucht, aus einem Empfänger nachträglich einen Spender zu machen, aber interessant wäre es allemal.«
    Haas nickte seinem Sohn zu, der noch immer hinter dem armen Wesen stand, das von Sibylle Aurich übrig geblieben war, woraufhin der die Frau an der Schulter umdrehte und vor sich herschob. Wie eine seelenlose Hülle reagierte ihr Körper und gehorchte Roberts Händen.
    »Sie hören nun einen kurzen Vortrag über die

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