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Der Trakt

Der Trakt

Titel: Der Trakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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nachsehen, ob der Kommissar immer noch an der gleichen Stelle steht?«
    Rössler wandte sich um, ging noch ein paar Schritte weiter, den Blick über die Schulter nach hinten gerichtet, und blieb dann stehen. »Er ist weg.«
    Auch Sibylle hielt an und drehte sich um. Wittschorek war tatsächlich nirgendwo mehr zu sehen. Schnell suchte sie beide Straßenseiten ab, aber zu folgen schien er ihnen auch nicht.
    »Wie es aussieht, haben wir Glück gehabt«, meinte Rössler. Sibylle hatte ihre Zweifel, ob es wirklich Glück war, dass Wittschorek sie nicht bemerkt hatte.
    »Ja, das hatten wir wohl«, sagte sie und wandte sich wieder um. Sie wollte Rössler nichts von ihrer Vermutung sagen, noch nicht.
    Sie bogen nach wenigen Metern rechts in eine schmalere Straße ab. Von dort dauerte es nicht lange, und sie standen an einer kleinen Kreuzung vor dem Marktplatz, in dessen Verlängerung die Steinerne Brücke über die Donau zur Regensburger Altstadt führte.
    Sibylle blieb stehen und sah sich zum wiederholten Male um: weit und breit kein Polizist. Sie blickte wieder nach vorne, betrachtete die Kulisse der bunten Hausfassaden, die sie von diversen Besuchen auf dem Straßenmarkt kannte, und doch … Da war wieder dieses seltsame Gefühl. Als blicke sie durch den Helm eines luftdichten Schutzanzuges auf ihre Umwelt. Die Männer und Frauen, die teils geschäftig den Platz überquerten, teils gemütlich schwatzend vor einer der Kneipen oder vor der Pizzeria schräg gegenüber saßen, gehörten zu dieser Welt. Sie
waren
diese Welt. Sibylle dagegen war nur ein Beobachter. Fremd, ausgeschlossen.
    Und wieder zog Rössler sie aus ihrer Gedankenwelt zurück. »Wir müssen los … Mir fällt gerade auf, dass ich noch nicht mal weiß, wie Sie heißen.«
    Sie sah ihn an, betrachtete die von den Stoppeln eines unregelmäßigen Ein- oder vielleicht Zweitagebartes dicht überzogenen Wangen, und entschloss sich, ihm zumindest ein Stück weit zu vertrauen.
Was bleibt mir jetzt auch anderes übrig.
»Sibylle Aurich.«
    Rössler nickte und schien überrascht, dass sie ihm ihren vollen Namen tatsächlich gesagt hatte.
    Sie gingen über den kopfsteingepflasterten Marktplatz auf die Steinerne Brücke zu. Eine Gruppe von etwa zehn Männern und Frauen, einige von ihnen mit Fotoapparaten um den Hals, kam ihnen lachend entgegen und beachtete sie nicht.
    Keiner von beiden sprach ein Wort, bis sie fast das Bruckmandl erreicht hatten, ein steinernes Männchen, das auf der dachähnlichen Spitze eines Steinsockels am Scheitelpunkt der Steinernen Brücke saß. Eine Hand zum Schutz vor der Sonne über die Augen haltend, schaute es hinüber zur Regensburger Altstadt.
    »Werden Sie mir erzählen, was Sie seit gestern alles erlebt haben, Frau Aurich?«, wollte Rössler wissen.
    »Ja, aber zuerst möchte ich, dass Sie mir erzählen. Sie sind mir schließlich gefolgt, weil Sie denken, dass Sie mir helfen können, meinen Sohn zu finden. So, wie die Dinge im Moment liegen, sind Sie wohl der Einzige, der das vielleicht kann.«
    »Das habe ich so nicht gesagt.«
    »Was?« Sibylle blieb abrupt stehen. Schlagartig spürte sie Wut in sich aufsteigen. »Haben Sie mir gestern etwa nicht vor Rosies Haus aufgelauert und mir erzählt, Sie wollten mir helfen? Und vor ein paar Minuten schon wieder, oder nicht? Und jetzt wollen Sie das so nicht gesagt haben? Wissen Sie was, Christian Rössler? Ich habe langsam wirklich genug davon, dass jeder denkt, er kann mit mir umgehen, wie’s ihm gerade passt!«
    Ein älteres Paar war einige Meter vor ihnen stehen geblieben und hatte sich nach ihnen umgedreht. Sibylle registrierte es, aber es war ihr egal. Auch Rössler merkte wohl, dass Sibylle rundum Aufmerksamkeit erregte.
    »Nein, bitte, Frau Aurich … Sibylle«, beschwichtigte er sie leise und machte einen Schritt auf sie zu, »bleiben Sie doch ruhig. So war das nicht gemeint. Natürlich möchte ich Ihnen helfen.«
    »Ach, jetzt also doch. Und was hatten Sie dann bitte nicht so gemeint?«
    Rössler sagte so leise, dass nur sie es hören konnte: »Ich habe mit keinem Ton gesagt, ich könne Ihnen helfen, Ihren Sohn zu finden. Ich –«
    »Na toll!«, unterbrach sie ihn schroff, »und was tue ich dann hier? Oh, ich weiß, was ich jetzt tun werde. Ich gehe zurück zu diesem Kommissar. Sein Kollege wird mich zwar verhaften, aber was macht das für einen Unterschied? Das heißt, einen Unterschied macht es schon. Dieser Kommissar … Kommissar Dingsda ist der einzige Mensch außer Rosie,

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