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Der Trakt

Der Trakt

Titel: Der Trakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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drückte die Kurzwahltaste. Es war Zeit für ein Gespräch mit dem Doktor.
    »Ja?«
    Hans berichtete, was er beobachtet hatte, und der Doktor befahl ihm zu warten, bis er neue Befehle bekommen würde. Dann sagte er: »Ich habe das Gefühl, dass wir bald wissen, wann du aktiv werden wirst. Wenn es gut läuft, wird es noch ein wenig dauern. Andernfalls kann es sein, dass du die gute Jane Doe in Kürze zu mir bringen musst. Du weißt, dass auch hier noch eine Aufgabe auf dich wartet.«
    »Ja, Doktor. Ich weiß.«
    Hans legte auf.
    Diese andere Aufgabe, die noch auf ihn wartete, gefiel ihm auch nicht. Gar nicht. Aber wann hatte schon einmal jemand danach gefragt, was ihm gefiel? Artikel 6 des Ehrencodex lautete:
Der Auftrag ist Dir heilig, Du führst ihn aus … wenn nötig, unter Einsatz Deines Lebens.

21
    Den Haidplatz hatten sie schon nach wenigen Minuten erreicht. Weiße Sonnenschirme spendeten zu beiden Seiten Schatten für die Gäste der Kneipen und Restaurants.
    Sibylle blieb stehen und sah sich auf dem Platz um, der die Form eines großen Dreiecks hatte. Hinter ihnen ragte das rote Gebäude der
Neuen Waag
auf. Wie zwei riesige Nadeln, die den Dachfirst von innen durchstochen hatten, zeigten die Turmspitzen des dahinter liegenden Regensburger Doms in den Himmel.
    »Bitte, kommen Sie«, sagte Rössler, nachdem auch er sich nervös umgesehen hatte. Sein Blick war suchend, er schien zu befürchten, dass sie von jemandem verfolgt wurden.
    Sibylle setzte sich wieder in Bewegung, sie wollte schnellstmöglich in das Hotel. Sie ließen den Justitia-Brunnen hinter sich und gingen an dem burgähnlichen Gebäude des Goldenen Kreuzes vorbei, um den Platz dann über die Ludwigstraße zu verlassen, die die Verlängerung der Dreiecksspitze bildete.
    Sibylles Verwirrung wurde immer größer. Wie war es möglich, dass sie alle Gebäude an einem Punkt der Regensburger Altstadt kannte, ohne dass sie den Weg dorthin gefunden hätte?
    Nach etwa 200 Metern lenkte Rössler sie nach links in eine Seitenstraße: »Da lang, wir sind gleich da.«
    Sibylle wischte die Gedanken über Wege und Gebäude, über Erinnerungen und Verwirrungen beiseite und beschleunigte ihre Schritte. Je eher sie in diesem Hotel ankamen, umso schneller würde sie etwas über Lukas hören, und das war im Moment alles, was zählte.
    ›Halte mich fest,
hab mehr Vertrau’n,
denn ich lass dich nie mehr
aus meinem Arm.
Hab keine Angst, schau mich nur an.
Ich will dich vor allem bewahr’n.‹
    Wieder einer dieser Songtexte.
Wieso ausgerechnet –? Ich versteh’s einfach nicht.
Aber sie musste sich im Moment weiß Gott über wichtigere Dinge Gedanken machen als über die Lieder von Peter Maffay, die sie zudem nicht besonders mochte.
    Ein paar Minuten später hatten sie ihr Ziel erreicht. Es war ein unscheinbares Haus, dem man erst auf den zweiten Blick ansah, dass es sich um ein Hotel handelte. Neben dem schmalen Eingang gab es nur ein kleines Kunststoffschild, auf dem in schnörkelloser Schrift Hotel Krombusch geschrieben stand. Unter dem Namen waren drei kleine Sterne aufgedruckt.
    Der Empfang bestand aus einer winzigen Theke, die sich in die linke Ecke des kleinen, mit terrakottafarbenen Steinplatten ausgelegten Eingangsbereiches drückte. Dahinter saß eine hagere Frau unbestimmten Alters, die mit irgendwelchen Dingen beschäftigt war, die von der erhöhten Empfangstheke verdeckt wurden.
    Erst als Rössler sie freundlich grüßte, sah sie auf und grüßte zurück, wobei sie ihnen unverbindlich zulächelte. Sibylle überlegte, dass die Frau 60 sein konnte, aber ebenso gut auch 70. Um den Hals trug sie an einer langen, goldenen Kette eine altmodische Lesebrille, deren Rand ebenfalls golden schimmerte. Ein Schild auf der rechten Seite der Theke wies sie als Fr. Krombusch aus, offenbar die Eigentümerin des Hotels.
    Rössler zeigte am Empfang vorbei zu einem kleinen Flur, in dem die Aufzugtür silbern schimmerte. Die Frau musterte Sibylle noch einmal kurz und beschäftigte sich dann wieder mit den Dingen, die vor ihr lagen.
    Das geräumige Zimmer lag auf der zweiten Etage und war zweckmäßig und schlicht eingerichtet. Sibylle ließ sich auf dem vorderen der beiden Betten nieder, die durch zwei Nachttischchen voneinander getrennt waren. Auf dem anderen lag eine geschlossene, schwarze Sporttasche.
    Rössler blieb stehen und sah sie an, als warte er darauf, dass sie etwas sagte.
    »Erzählen Sie mir jetzt endlich, was Sie über Lukas wissen?«, fragte sie

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