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Der Trakt

Der Trakt

Titel: Der Trakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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nun mit jedem Tag gefährlicher.

34
    Zum ersten Mal wurde sie kurz vor zwei von einem Geräusch wach, das sie im Nachhinein nicht mehr identifizieren konnte. Sie schlief zwar schnell wieder ein, schreckte aber in halbstündigen Abständen immer wieder hoch, meist schweißgebadet. Kurz vor sieben stand sie auf.
    Als sie am Abend aus Christians Zimmer zurückgekommen war, hatte sie sich nur noch schnell die Zähne mit der einfachen Zahnbürste geputzt, die zusammen mit Miniaturausgaben von Zahnpasta, Seife und Shampoo sowie einem Briefchen mit Nähzeug in einem geflochtenen Körbchen auf der Ablage im Badezimmer gelegen hatte, und war dann gleich ins Bett gegangen, wo sie binnen Sekunden eingeschlafen sein musste.
    Im Badezimmer stellte sie das kalte Wasser an, ließ es in die zu einer Schale geformten Hände laufen und tauchte das Gesicht hinein. Die Kälte schreckte ihre Lebensgeister auf, aber sie sah fürchterlich aus. Dunkle Ringe hatten sich unter den Augen gebildet und ließen sie in Verbindung mit der blassen Gesichtshaut nicht nur um Jahre älter, sondern fast schon krank aussehen. Außerdem hatte sie hämmernde Kopfschmerzen, was wohl mit dem Alkohol zusammenhing.
    Sibylle wiederholte die Prozedur mit dem Wasser noch zweimal, ehe sie das Bad wieder verließ. Sie zog sich an und stellte fest, dass ihr ein frisches Shirt guttun würde.
    Am Fenster schob sie den schweren Vorhang ein wenig zurück und sah nach draußen.
    Der nahende Herbst schob die Nacht nun immer weiter in den anbrechenden Tag hinein, aber sie konnte schon erkennen, dass der Himmel an diesem Morgen bedeckt war. Unwirkliches Dämmerlicht überzog die Häuserfronten mit einem tristen Belag. Wie in einem surrealistischen Film fehlten in diesem Bild kräftige Farben ebenso wie klare Konturen, alles schien ineinanderzufließen in einem Brei aus schmutzigen Grautönen.
    Es passte zu ihrer Stimmung, dieses Licht.
    Also, was willst du jetzt unternehmen, Sibylle Aurich, was?
    Nichts?
    Sie konnte nichts tun, als ziellos durch die Stadt zu laufen und zu hoffen, dass sie etwas sah, das eine Erinnerung in ihr auslöste, so wie das Maffay-Plakat in Regensburg. Aber wie groß war die Chance, dass so etwas passierte? Und wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass sie tatsächlich in diesem Konzert gewesen war? Sie war sich da längst nicht mehr so sicher wie am Vortag.
    Vielleicht hatte Christian ja recht. Vielleicht musste sie wirklich zurück in ihre gewohnte Umgebung, zurück nach Regensburg, um überhaupt eine Chance zu haben.
    Wenn sie Christian und Kommissar Wittschorek dazu bringen könnte, ihr dabei zu helfen, Hannes und Elke von ihrer Identität zu überzeugen, wären ihre Chancen wahrscheinlich am größten.
Herrgott, Hals über Kopf nach München, was für eine Schnapsidee!
    Ihr Entschluss stand fest, und Christian würde sicherlich sehr erleichtert darüber sein.
    Sie wandte sich vom Fenster ab und sah auf die Uhr. Christian schlief mit Sicherheit noch.
    Christian. Was hast du dir dabei gedacht, gestern Abend? Und wer bist du nun eigentlich wirklich, Christian Rössler?
    Ihr Blick fiel auf den kleinen Fernseher, der über einen schwenkbaren Arm an der Wand befestigt war. Die Fernbedienung lag auf der Kommode, die gleich darunter stand, neben Prospekten und Hotelbriefpapier.
    Sibylle schaltete das Gerät ein und zappte durch die Kanäle. Auf einem der Sender lief ein Morgenmagazin mit regionalen Nachrichten aus München. Mit der Fernbedienung in der Hand hockte sie sich so auf das Bett, dass sie sich mit dem Rücken gegen das Kopfteil lehnen und ihre Beine zudecken konnte.
    Die Sprecherin berichtete von einem betrunkenen Münchner, der vor eine einfahrende U-Bahn gestürzt und dabei schwer verletzt worden war. Ob der 29-jährige Hilfsarbeiter von der Wiesn kam und in anderen Lokalitäten noch nachgefeiert hatte, könne die Polizei noch nicht sagen. Der Mann habe fast zwei Promille Alkohol im Blut gehabt, als er gegen 5.00 Uhr an der Haltestelle Fraunhoferstraße am Bahngleis gestanden und auf die U-Bahn gewartet hatte. Themenwechsel.
    Im Hintergrund wurde das Bild eines glatzköpfigen Mannes eingeblendet, der ein Mikrophon mit beiden Händen umschloss und dabei das Gesicht verzog, als hätte er gerade in eine Zitrone gebissen. Laut der Sprecherin handelte es sich um Michael Stipe von R.E.M., die in der Olympiahalle ein Konzert gegeben hatten und als Huldigung an die Wiesn für die Zugabe im Trachtenlook auf die Bühne gekommen waren.
    Sie richtete

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