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Der Trakt

Der Trakt

Titel: Der Trakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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mit leisem Summen entriegelt wurde.
    Er betrat einen breiten Korridor, von dem zu beiden Seiten kleinere Gänge abzweigten, dahinter lagen die Büros der CerebMed-Verwaltung.
    Das Geräusch seiner schnellen Schritte wurde von dem dicken dunkelblauen Teppichboden verschluckt, mit dem der gesamte Bürotrakt ausgelegt war. In einen der Gänge, der nach rechts und nach wenigen Metern zu einer Tür führte, bog Hans ein. Auch hier war ein Code nötig, aber anders als an der ersten Tür gab es noch ein weiteres Kästchen mit einer glatten, grauen Fläche neben dem Nummernblock. Er zog seine Brieftasche aus der Hose und nahm eine Plastikkarte heraus, die er vor die graue Fläche hielt, was die Elektronik mit einem hohen Piepton quittierte, dann gab er seine persönliche Geheimzahl ein, und nach einem weiteren Piepen ertönte endlich das gewohnte Summen des Schließmechanismus – die Tür war offen.
    Gleich dahinter führte eine Betontreppe mit 17 Stufen nach unten. Hans zählte sie jedes Mal, wenn er zu den Labors hinunterging. Wenn er andere Treppen hinauf- oder hinunterging, interessierte es ihn keinen Deut, aus wie vielen Stufen die bestanden. Nur bei dieser einen, speziellen Treppe hatte er irgendwann ohne Grund die Stufen gezählt, und beim nächsten Mal wieder, weil er nicht mehr wusste, wie viele es waren. Und dann war es ihm zur Angewohnheit geworden. Aber nur bei dieser. Nur hier.
    Er kam in einem mit einer Reihe von Neonröhren beleuchteten Gang an und wandte sich nach links. Er war nun nicht mehr wütend. Die Notwendigkeit der Bestrafung für diesen Kerl war gespeichert, und es gab keinen Grund, länger darüber nachzudenken. Interessant wäre es natürlich gewesen, nun die tausend möglichen Folgen durchzudenken, die Robs Bestrafung nach sich ziehen würde, aber dafür war jetzt nicht die Zeit.
    Hans spürte, wie das erhabene Gefühl der Macht in ihm aufsteigen wollte, das er immer hatte, wenn er durch sein Handeln das Schicksal beeinflusste.
    Ein Mann im weißen Kittel kam ihm entgegen und nickte ihm knapp zu. Hans nickte zurück, er kannte ihn, er gehörte zum Team des Doktors. Zu diesen Leuten hatte er nur wenig Kontakt, sah sie nur zufällig hin und wieder, im Büro des Doktors. Sie waren für die Spender verantwortlich. Womit sie sich genau beschäftigten, sah Hans meist erst, wenn er eingreifen musste. Wie nun bei Jane Doe.
    Kurz vor der dicken Stahltür, durch die der Weißkittel gekommen war, musste er abbiegen. Diese Tür war noch stärker abgesichert als die anderen. Hier war neben einem persönlichen Zahlencode kein Ausweis, sondern der Daumenabdruck nötig.
    Zu den Räumen dahinter hatte Hans keinen Zutritt. Jedenfalls nicht alleine. Zusammen mit dem Doktor war er aber schon öfter dort gewesen. Dort lagen die Labors der inoffiziellen Entwicklungsabteilung. Anders als im ersten Stock des CerebMed-Gebäudes, wo sich die meisten der Wissenschaftler mit den Dingen beschäftigten, über die immer wieder die Zeitungen und die Fernsehsender berichteten, arbeitete hier nur ein kleiner Kreis von engen Vertrauten des Doktors.
    Hans dachte an die Regalwand, hinter der eine Treppe in ein weiteres Kellergeschoss führte.
    In den Trakt.
    Niemand, der nicht genau wusste, was er tun musste, würde den Zugang zum Trakt finden.
    Die Zimmer der Spender lagen dort unten, wobei Hans sich fragte, wozu sie Zimmer brauchten. Außerdem gab es auch dort einige Laborräume und eine Art Saal, in dem diese komplizierte Maschine stand und die anderen Gerätschaften, die sie brauchten, wenn sie das taten, was der Doktor Abziehen nannte.
    Hans vermied es nach Möglichkeit, an die Spender zu denken. Er wollte auf jeden Fall vermeiden, ihr Bild vor Augen zu haben.
    Er hatte schon viele schlimme Dinge gesehen in seinem Leben. Dinge, die furchtbar, aber unvermeidbar waren. Der Anblick der Spender allerdings jagte ihm jedes Mal einen Schauer über den Rücken. Es gab nicht vieles, wovor Hans sich fürchtete, aber
sie
machten ihm wirklich Angst.
    Zweimal bog er noch ab, ohne jemandem zu begegnen, dann hatte er den schmalen Ausgang erreicht, an dem die beiden auf ihn warten würden.
    Der Schlüssel steckte tatsächlich von innen. Hans zog ihn ab, legte ihn auf das kleine Kästchen daneben und öffnete die Tür. Er blickte sich um, doch von den beiden war nichts zu sehen. Er hob einen kleinen Stein auf, legte ihn so an den Rahmen, dass die Tür nicht zufallen konnte, und ging nach draußen.
     
    Nach etwa zwei Minuten kam Hans zurück

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