Der Trakt
verbringen, wenn das der Preis dafür ist, ein Schwein wie dich abgeknallt zu haben. Alles klar –
Rob
?«
Sibylle starrte Rosie an.
Keine Fotos, keine Fotos von ihrem Mann.
»Nimmst du bitte meine Handtasche vom Beifahrersitz mit?«, sagte Rosie an Sibylle gewandt. »Aber warte, bis wir draußen sind.« Sie tippte Robert mit dem Zeigefinger auf die Schulter. »Los jetzt, aussteigen.«
Sibylle wartete, bis er das Auto verlassen hatte, und griff sich dann Rosies Tasche vom Vordersitz. Sie war aus dunklem Leder und hatte die Form eines kleinen Rucksacks.
Beim Gang durch die große Hotellobby hielt sich Rosie dicht hinter Robert. Sie hatte sich das Kopftuch so über den am Körper angewinkelten Arm und die Hand gelegt, dass die Pistole davon verdeckt wurde.
Sibylle sah Rosie immer wieder an.
Verprügelt, jahrelang?
Sie rätselte, ob Rosie tatsächlich schießen würde, wenn Robert versuchen würde zu fliehen.
Oh Gott.
Sie wusste es nicht, und es gab Gott sei Dank auch keine Situation, in der Rosie sich dafür oder dagegen hätte entscheiden müssen.
Das Zimmer befand sich im sechsten Stock, den sie mit einem der vier Hotelaufzüge erreichten. Es war modern eingerichtet und mit zwei zusammenstehenden Einzelbetten ausgestattet. Im schmalen Eingangsbereich gleich neben der Tür hing ein Kästchen, in das Rosie eine Plastikkarte hineinsteckte, woraufhin in dem Raum alle Lampen angingen und aus dem Flachbildfernseher eine leise Musik dudelte.
Rosie zog das Kopftuch von ihrem Arm und schob Robert vor sich her in das Zimmer. Sie bugsierte ihn zu einem Stuhl und drückte ihn an der Schulter nach unten. Als er saß, machte sie einen Schritt zurück und sagte: »Sibylle, schau mal, ob du irgendwo was findest, womit wir Herrn Drecksack verschnüren können.«
Sibylle sah sich in dem Zimmer um. Als sie dort nichts Brauchbares finden konnte, ging sie in das überraschend große Badezimmer, aber auch dort gab es nichts Geeignetes.
Direkt gegenüber der Badezimmertür war ein Wandschrank mit zwei Türen eingelassen, wo sie schließlich fündig wurde.
Auf einem der Regalbretter lag ein weißer Wäschesack, in dem man Kleidungsstücke zur Reinigung geben konnte. Dieser Sack konnte mit einem langen, gedrehten Strick am oberen Rand zugezogen werden.
»Hast du zufällig eine Schere?«, fragte sie und griff sich den Beutel. Rosie hatte tatsächlich eine Nagelschere in ihrer Handtasche, und eine Minute später reichte Sibylle ihr den Strick. Rosie betrachtete ihn: »Sehr gut. Traust du dir zu, ihn so zu fesseln, dass er sich nicht befreien kann?«
Sibylle zögerte. »Ich hab so was noch nie gemacht.«
»Ich auch nicht – egal, gib her. Hier, du passt so lange auf ihn auf.«
Sie hielt ihr die Waffe entgegen, und Sibylle hob erschrocken die Hände. »Nein, das –«
»Sibylle, hast du vergessen, was dieser Dreckskerl dir angetan hat? Wie er dich belogen und benutzt hat?«
Ohne weiteres Zögern nahm Sibylle die Pistole und richtete sie auf Roberts Brust. Ihre Hände zitterten dabei.
Einige Minuten und einige Schmerzensschreie später waren Roberts Hände hinter seinem Rücken miteinander und mit der Stuhllehne verschnürt. Rosie nahm die Waffe wieder an sich und sicherte sie, indem sie mit dem Daumen einen kleinen Bügel umlegte.
Wieso kann diese Frau mit einer Waffe umgehen?
»So, Kindchen, und jetzt erzähl mir mal, wie das mit deinem Jungen ist, den es nun plötzlich doch nicht geben soll.«
»Du hast mir das Blut abgeschnürt«, maulte Robert dazwischen. »Mir sterben die Hände ab. Du musst das Seil lockern.«
»Nichts muss ich«, sagte Rosie ruhig, »und wenn du jetzt nicht den Mund hältst, ziehe ich’s noch ein bisschen strammer.«
Sibylle sah Robert an und hätte ihm am liebsten ins Gesicht geschlagen. »Ich weiß mittlerweile, dass die Gedanken an Lukas mir künstlich eingepflanzt wurden, Rosie. Aber es tut noch immer so weh, als ob man mir wirklich mein Kind weggenommen hätte, verstehst du? Die haben mir wohl mit einer speziellen Art von Hypnose die Erinnerungen an das komplette Leben eines Kindes eingesetzt.«
Rosie sah sie erstaunt an. »Hypnose?«
»Ja«, sagte Sibylle und erzählte ihr in Kurzform alles, was sie wusste. Rosie sah dabei immer wieder zu Robert herüber, und ihr Blick schien ihm nichts Gutes zu verheißen, denn er sagte während der ganzen Zeit kein Wort.
Als sie fertig war, stand Sibylle auf und ging ins Badezimmer. Dort setzte sie sich auf den geschlossenen Toilettendeckel, beugte
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