Der Traum der Hebamme / Roman
noch irgendwohin gehen. Bleibt hier liegen, schont euch und tut alles, um dieses Kind auszutragen!«
»Ja, mein Herr und Gemahl«, sagte sie leise, legte die Stickerei beiseite und ging gehorsam hinüber zum Bett.
»Ihr werdet dafür sorgen, dass es der Fürstin an nichts fehlt!«, wies Albrecht die Hofdamen an. »Jetzt lasst sie ruhen!«
Ohne ein weiteres Wort stürmte er hinaus. So Gott wollte, würde er nächsten Sommer einen Erben haben. Und bis dahin musste er sein Weib nicht mehr anschauen.
Begleitet von Elmar und Giselbert, stieg Albrecht in die Halle hinab. Die Menschen dort knieten nieder, während er mit großen, entschlossenen Schritten den Raum durchquerte. Albrecht kam es vor, als könnte er ihre Furcht wittern wie ein Tier. Ein großartiges Gefühl!
Ihm war klar, dass sie alle über die Ereignisse in Weißenfels Bescheid wussten. Dafür würde dieser hinterlistige Kittlitz schon gesorgt haben. Doch niemand sollte in ihm einen Verlierer sehen!
Er setzte sich auf seinen Platz und gab Giselbert das Zeichen, mit der Vorkostzeremonie zu beginnen.
Mit Erstaunen sahen die im Saal Versammelten, dass diese um einige Feinheiten ergänzt worden war. Jetzt musste der feiste Mundschenk nicht nur den Wein vorkosten und das Wasser, mit dem er verdünnt wurde. Nun begann die Prozedur mit dem Vorkosten des Wassers, in dem Albrechts Becher gespült wurde, um zu zeigen, dass weder Trinkgefäß noch Wasser mit Gift versetzt waren.
Zu anderer Zeit hatte das manchen insgeheim mit Häme erfüllt; Giselbert war wegen seines Leibesumfangs und vor allem wegen seiner Boshaftigkeit äußerst unbeliebt, auch wenn das niemand offen zeigen durfte. Aber heute bangte jeder, was als Nächstes passieren würde. Und immer noch war in der Halle kein einziges Wort gefallen.
Jetzt beugte sich der Markgraf in seinem Stuhl leicht vor und hob den Becher. »Ich trinke auf das Wohl der Fürstin Sophia und auf den Sohn, den sie mir gebären wird. Betet darum, dass Gott die Leibesfrucht segnet!«
Er trank den Becher in einem Zug aus, während erleichterte Hochrufe auf die Fürstin, den Fürsten und seinen künftigen Erben erklangen.
Dann warf Albrecht dem Kellermeister seinen Becher zu und richtete sich im Stuhl auf; seine Miene verfinsterte sich so jäh, dass die Wartenden erneut vor Angst erstarrten.
»Es gibt jedoch nicht nur Erfreuliches mitzuteilen an diesem Tag«, sagte er mit hartem Ton. »Ich habe über einige äußerst verwerfliche Vorfälle zu richten, die ich nicht zu tolerieren gewillt bin.«
Albrecht ließ Jakob vorführen, der immer noch gefesselt war. Er hätte den Bruder dieses verhassten Lukas längst aufgehängt, doch er wollte ihn als Köder benutzen. Irgendwann würde der hinterlistige Freiberger schon bei seiner Sippschaft auftauchen; er musste ihm nur genug Anreiz dafür bieten.
»Dieser Ritter, obwohl er mir Treue und Gehorsam schwor, weigerte sich, meinen Befehl auszuführen«, lautete Albrechts Anklage. »Darauf steht der Tod.«
Er ließ eine wirkungsvolle Pause und genoss den verzweifelten Ausdruck auf den Zügen des Gefangenen.
»In meiner umfassenden Gnade und angesichts der frohen Nachricht, die mich heute ereilte, will ich ausnahmsweise Milde walten lassen«, fuhr er fort. »Dieser Mann wird vom Meißner Hof verbannt und darf seine Ländereien nicht verlassen, solange ich es nicht erlaube. Zur Strafe für sein Verbrechen wird er mir fünfzig Mark Silber zahlen.«
Er sah die Erleichterung auf Jakobs Gesicht und fragte sich, ob er nicht mehr Geld hätte verlangen sollen. Aber obgleich dieser Kerl von seinem Vater ertragreiche Güter geerbt hatte, waren fünfzig Mark Silber eigentlich eine Summe, die auch ein wohlhabender Ritter kaum aufbringen konnte.
Zitternd sank Jakob auf die Knie und wollte sich bedanken, wie es von ihm erwartet wurde.
»In meiner unermesslichen Gnade will ich sogar noch weiter gehen: Euer Sohn und Eure Tochter dürfen an meinem Hof bleiben.«
Nun hatte Jakob Mühe, sein Erschrecken zu verbergen. Seine Kinder waren soeben zu Geiseln erklärt worden.
All die Jahre hatte er versucht, sich zwischen den Fronten hindurchzumanövrieren, hatte seinen früheren Lehnsherrn, seinen Lehrmeister und seinen Bruder verraten, damit seine Familie ein gutes Leben führen konnte. Und aus Feigheit, wenn er ehrlich zu sich sein wollte.
Lukas’ Bruder wusste, was von ihm erwartet wurde. Er warf sich dem Fürsten zu Füßen, bedankte sich und schwor, den Befehl zu befolgen und seine Güter nicht
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