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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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könnte sich nicht glücklich schätzen, wenn ihr Sohn solche Liebe für sie empfindet«, sagte sie mit aufgesetztem Lächeln. »Selbstverständlich werde ich seinem Wunsch sofort folgen.«
    Sie drehte sich zu den beiden Hofdamen um und klatschte in die Hände: »Packt meine schönsten Gewänder ein, damit ich dem Markgrafen von Meißen angemessen gegenübertreten kann. Rasch!«
    Dann verabschiedete sie sich von Christina, ihrer kleinen Enkeltochter, befahl diese der Obhut ihrer Erzieherin und trieb die Hofdamen zur Eile an, um ihren Sohn nicht warten zu lassen.
    Auf dem ganzen Weg wechselte sie mit niemandem ein Wort. Den Hofdamen durfte sie nicht trauen, Elmar hasste sie inbrünstig, was auf Gegenseitigkeit beruhte, und der neue Burgkommandant, der sie auf Elmars Weisung begleitete, war ein grobschlächtiger Kerl, fast zwei Köpfe größer als sie, und verzog keine Miene.
    Susanne las ihr in den wenigen Ruhepausen, die sie einlegen durften, jeden Wunsch von den Augen ab und erledigte ihre Arbeit stumm.
    Hedwig wusste, dass Susanne die gleiche Angst schüttelte wie sie. Und sie hatte allen Grund dazu. Eine Magd durchprügeln zu lassen, um sie zu Aussagen zu zwingen, oder sie umzubringen, würde Albrecht nicht im Geringsten den Schlaf rauben. Wäre es besser gewesen, sie auf Seußlitz zu lassen? Aber gerade damit hätte sie Aufmerksamkeit auf Susanne gelenkt, die ihr stets wie ein Schatten folgte, ansonsten jedoch von niemandem wahrgenommen wurde.
    Angst krampfte Hedwigs Herz immer mehr zusammen, je näher sie Meißen kamen.
    Schließlich hielt sie die Anspannung nicht mehr aus. Bei der nächsten Rast forderte sie ihre Magd auf, ihr das Kleid neu zu schnüren, weil sich ein Knoten gelöst habe, und flüsterte ihr zu: »Wenn du fliehen willst … tu es!«
    Doch Susanne warf nur einen Blick auf die vielen Bewaffneten, die sie umgaben, und schüttelte kaum merklich den Kopf. Es gab kein Entrinnen.
     
    »Macht Platz für die Fürstinnenwitwe Hedwig von Ballenstedt«, rief Elmar, als die kleine Gruppe den markgräflichen Bezirk auf dem Meißner Burgberg durchquerte.
    Elmar half ihr aus dem Sattel, die Menschen knieten nieder und senkten die Köpfe, einige murmelten Worte zur Begrüßung. Hedwig entdeckte hier und da Freude und Hoffnung auf den Gesichtern: Sie hatte auf dem Burgberg immer als diejenige gegolten, die den mürrischen alten Markgrafen Otto zu etwas Milde bewegen konnte. Wahrscheinlich hofften diese Menschen, dass ihr das bei ihrem gnadenlosen Sohn auch gelingen würde.
    Susanne sah auf einen Blick, dass Guntram nicht mehr da war, und auch sonst konnte sie niemanden erkennen, dem sie trauen durfte.
    »In die Küche mit dir, du sollst dort helfen!«, befahl ihr der alte Stallmeister.
    Susanne verneigte sich tief, zuerst vor der Fürstin, dann vor dem Truchsess, und huschte davon. In der Burgküche würde sie etliche Bekannte aus früherer Zeit treffen – die vermutlich alle den Befehl hatten, sie auszuhorchen. Dementsprechend würde sie sich dumm stellen, so, als wüssten sie und die Fürstin in der Verbannung in Seußlitz nicht, was vor sich gegangen war.
    »Lasst mich Euch in den Saal geleiten«, erbot sich Elmar in aller Höflichkeit gegenüber Hedwig. Sie neigte den Kopf, dankte ihm mit einem kleinen Nicken und legte ihre linke Hand auf seine Rechte, wobei ihr ein Schauer über den Rücken lief. Dieser Mann war die Bosheit in Person.
    Ihr Sohn thronte in der Mitte des Saales und schien sie bereits zu erwarten, denn sein Blick war auf die Tür gerichtet.
    »Ich freue mich zu sehen, dass Ihr wohlauf seid, Hoheit«, sagte Hedwig, kaum dass sie den Raum betreten hatte, und sank in einen tiefen Knicks.
    »Und mich freut es zu sehen, dass es Euch an nichts fehlt, Mutter«, antwortete Albrecht huldvoll lächelnd.
    »Natürlich. Da Ihr doch so aufs beste für mich sorgt, Hoheit«, erwiderte Hedwig, nach wie vor in der unbequemen Haltung.
    Das Lächeln ihres Sohnes wurde schmaler.
    »Ich tue nur, was Ihr verdient«, sagte er, und selbst dem Einfältigsten im Saal konnte die Doppelbödigkeit dieser Worte nicht entgehen.
    »So steht doch auf und setzt Euch zu mir, teure Mutter!«
    Übertrieben höflich wies Albrecht auf den Stuhl neben sich.
    Mit erzwungener Beherrschung schritt Hedwig durch den Saal, lächelnd und den Kopf erhoben, während sie die Blicke der vielen Menschen im Saal – fast ausnahmslos Männer – auf sich wusste.
    »Es gab Zeiten, Mutter, da hegtet Ihr Zweifel, ob ich der rechte Mann sei, das

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