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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Kinder, für die er vorbildlich sorgte. Ohne die Hilfe des Landsbergers hätten sie es vor vielen Jahren nicht geschafft, Christian aus Randolfs Kerker zu befreien. Damals, unmittelbar bevor Christian und Marthe zusammenfanden …
    Erneut versetzte ihm die Eifersucht einen schmerzhaften Stich.
    Also wird mein nächster Enkel kein Ritter, sondern ein Pfaffe, dachte er verbittert.
    Misstrauisch sah Lukas von Dietrich zu Marthe und erkannte, dass die beiden bereits wortlos ein Abkommen miteinander geschlossen hatten, auch wenn Marthe scheinbar völlig mit der kleinen Änne beschäftigt war, die sich auf ihrem Schoß sichtlich wohl fühlte. Sie zerrte an der Messingfibel, die den Halsausschnitt von Marthes Bliaut zusammenhielt, prustete und quietschte vor Vergnügen und ließ sich mit den Honigküchlein füttern, die auf dem Tisch standen.
    Ich bin hier wohl auf verlorenem Posten, gestand sich Lukas ein.
    Natürlich wollte er Clara in besten Händen wissen, wenn sie schon niederkam. Zu viele Frauen starben im Wochenbett. Es grenzte an ein Wunder, dass Clara die erste Entbindung unter so furchtbaren Bedingungen überlebt hatte. Diesmal sollte sie es besser haben.
    Lukas’ nun versöhnlichere Miene nahm Dietrich als Zeichen dafür, dass der väterliche Freund die Waffen streckte – zumindest vorläufig.
    »Der zweite Grund, aus dem ich Euch zu mir gebeten habe, ist ein Plan, den sich Euer Stiefsohn ausgedacht hat«, sagte er nun. »Er ist waghalsig, aber leider auch im Moment das Einzige, was wir für die Freiberger tun können, die schwer unter der Herrschaft meines Bruders leiden. Ich möchte ihn nicht auf diese riskante Mission schicken, ohne Eure Meinung gehört zu haben. Vielleicht fällt Euch auch noch diese oder jene List ein, um den Plan zu verbessern.«
    »Ich bin wohl der denkbar Schlechteste, den Ihr dafür wählen könntet«, brachte Lukas heraus. »War es nicht mein Einfall, ihn und Roland mit Euch ins Heilige Land zu schicken? Nun ist Roland tot, und Thomas wird vielleicht nie wieder den Arm bewegen können wie früher.«
    »Wären sie in der Mark Meißen geblieben, hätte mein Bruder beide umgebracht«, widersprach Dietrich energisch. »Ihr seid sein Stiefvater; er achtet Euch als Kämpfer und besten Freund seines Vaters. Auf Euch wird er deshalb eher hören als auf Eure Gemahlin, deren Einwendungen er vermutlich als übertriebene mütterliche Fürsorge abtut. Außerdem kennt sich niemand von uns besser in Freiberg aus als Ihr.«
    Werde ich wohl jemals aus Christians Schatten heraustreten?, dachte Lukas, während er zustimmend nickte. Clara stand auf, nahm Marthe die kleine Änne ab und übergab sie der draußen wartenden Lisbeth. Was jetzt zu besprechen war, erforderte volle Konzentration, das wusste auch Marthe.
    Clara erteilte einem der Diener die Anweisung, ihren Bruder zu rufen, ging zurück in die Kammer und schenkte Wein nach, bevor sie sich wieder an Dietrichs Seite setzte.
    »Thomas hat genug Kampfgeschick und Verbündete, um diese Sache heil zu überstehen«, sagte sie dabei, und die Art, wie sie es sagte, zeigte deutlich, dass sie sich lange darüber Gedanken gemacht hatte. »Ich zweifle nicht an seinem Mut. Aber daran, ob er sich nicht aus Rachsucht zu irgendetwas hinreißen lässt … und es ihn nicht kümmert, wenn er dabei getötet wird. Dass er den Tod vielleicht sogar sucht, auch wenn Gott das verbietet.«
    »Ja, seine Augen sind immer noch wie erloschen«, gab Marthe ihrer Tochter recht und rieb sich bekümmert die Stirn. »In Gedanken ist er noch im Heiligen Land, bei Roland und den anderen Toten, die er dort gelassen hat.«
    Clara nickte. Eine kurze Zeit lang hatte sie geglaubt, Lisbeth, das Kindermädchen, könnte die Seele ihres Bruders aus der Finsternis holen, durch die er im Geiste wandelte. Doch Lisbeth hatte inzwischen den Schmied Guntram geheiratet und war schwanger – noch nicht weit genug, als dass Thomas der Vater sein könnte. Seit ihr Bruder das wusste, hielt er sich von ihr fern. Er war zu anständig und zu stolz, aufgrund seines Standes zu fordern, dass eine verheiratete Magd das Lager mit ihm teilte. Und unter den Jungfrauen oder jungen Witwen auf der Burg war nicht eine, die ihn interessierte. So fraß die Bitterkeit weiterhin seinen Lebenswillen auf.
    Einen Augenblick herrschte Stille in der kleinen Runde.
    Erneut lud Dietrich seine Gäste ein, sich zu stärken, und hungrig langten beide zu. Das Eis schien nun gebrochen, und aller Voraussicht nach stand eine

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