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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Salerno konsultieren wollte. Nicht, dass Heinrich sie vermisste: Konstanze war alt, zehn Jahre älter als er, schon fast vierzig, welkes Fleisch … Er hatte sie nie geliebt, und sie hatte ihm bis heute keinen Sohn geboren. Die Hoffnung darauf musste er wohl aufgeben.
    Aber welch ein Gesichtsverlust: die Kaiserin in den Händen der Feinde, und er musste den Papst um Hilfe bitten!
    Derweil sammelten sich seine Gegner direkt vor seinen Augen: die Askanier, Schauenburger, sogar der alte Welfe Heinrich der Löwe fing noch einmal an, Krieg zu führen gegen ihn, den Kaiser!
    Den ältesten Sohn des Löwen hatte er als Geisel mit nach Neapel genommen, und der erdreistete sich, das Heer zu verlassen, weshalb er Pfingsten auf dem Hoftag in Worms geächtet wurde. Nun sah der Welfenfürst keinen Grund mehr, sich zurückzuhalten. Er war zwar alt und müde, aber immer noch ein gefährlicher, kampferprobter Feind.
    Und Wichmann von Seeburg, der weise und hochangesehene Erzbischof von Magdeburg, der es selbst in den schwierigsten Situationen geschafft hatte, Ausgleich zwischen Gegnern zu bewirken, hatte im August nach beinahe vierzig Jahren im Amt das Zeitliche gesegnet.
    Unbotmäßige und Feinde auf allen Seiten!
    Am Niederrhein gärte es. Selbst um die Besetzung des Bischofsstuhls von Lüttich hatte er letzten Monat Krieg führen müssen. Wäre es ihm nicht gelungen, den Herzog von Brabant in die Knie zu zwingen, der unbedingt seinen Bruder als Bischof sehen wollte – nichts hätte deutlicher zeigen können, dass dem Kaiser die Zügel entglitten …
    Nie war er, Heinrich, weiter von seinem Ziel entfernt als jetzt, das Reich mit eiserner Hand zu regieren.
    Unterdessen feierte der erklärte Feind der Staufer und Verbündete Tankreds, der englische König Richard, der sich Löwenherz nennen ließ, im Heiligen Land einen Triumph nach dem anderen über Saladin.
    Doch Richards Siegeszug würde bald enden; dafür hatte er gemeinsam mit dem französischen König Vorsorge getroffen.
    Der Gedanke an ihren schon vor Monaten im Verborgenen geschmiedeten Plan, den Rivalen auf der bevorstehenden Heimreise gefangen zu nehmen, zauberte ein kaltes Lächeln auf das Gesicht des Kaisers. Jäh erwachte er aus seiner Versenkung, schüttelte die düsteren Gedanken ab und richtete seinen durchdringenden Blick auf die Fürsten, die vor ihm standen und schweigend darauf warteten, dass er etwas sagte.
     
    Zum ersten Mal seit dem Tod des alten Meißner Markgrafen und seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land nahm Dietrich von Weißenfels wieder an einem Hoftag des Kaisers teil. Da er nicht zu den Reichsfürsten zählte, war seine Anwesenheit bei Hofe nicht zwingend erforderlich.
    Doch wenn er schon die Hochzeit mit Hermanns Tochter so lange aufschob, wie es nur möglich war, um mit Clara zusammenzubleiben, wollte er wenigstens an der Seite seines Verbündeten und künftigen Schwiegervaters stehen, wenn es jetzt hart auf hart kam. Vielleicht würde er als Eideshelfer gebraucht. Gut möglich allerdings auch, dass es gleich für sie beide um Leben und Tod ging, sollte Albrecht beim Kaiser Gehör finden – und er hatte sich in den Jugendjahren des Kaisers dessen Gunst errungen.
    Mit nur mühsam verhohlener Abneigung sah Dietrich auf den Sohn Friedrichs von Staufen. Er konnte in dem fahlen, unregelmäßigen Gesicht nichts von Heinrichs Vater erkennen, dem er auf den Kriegszug ins Heilige Land gefolgt war. Alles an Heinrichs Zügen und Haltung verströmte den Drang nach Macht. Wenn solche Menschen in die Enge getrieben wurden, waren sie unberechenbar und besonders gefährlich. Und auch ohne bei Hofe gewesen zu sein, wusste Dietrich, dass dem Kaiser die Dinge aus der Hand glitten.
    Er warf einen prüfenden Blick auf Hermann von Thüringen, der groß, breitbeinig und scheinbar gelassen neben ihm stand, obwohl alle anderen Angelegenheiten dieses Tages abgehandelt waren und nun nur noch die ungeheuerliche Anschuldigung des Meißner Markgrafen zur Sprache kommen konnte, sollte Heinrich sie nicht wegen Unglaubwürdigkeit abweisen.
    Der Herrscher hatte eine ganze Weile geschwiegen; niemand wusste, wohin seine Gedanken geschweift waren. Aber natürlich würde niemand es wagen, den Kaiser aus seinen Überlegungen zu reißen. Also warteten die versammelten Fürsten mit ihren schweren Umhängen und prachtvollen Bliauts geduldig in der Halle, obwohl es kalt war und sie schon den ganzen Tag hier standen. Nur da und dort erklang ein mühsam unterdrücktes Husten oder

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