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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Verschwörung zu bezichtigen, um den Kaiser zu ermorden. Mein Herr hat eine Vorladung zum Hoftag in Nordhausen erhalten, um in dieser Angelegenheit Stellung zu beziehen.«
    Dietrich schloss für einen Moment die Augen. Die Ermordung des Kaisers zu planen, war eine so ungeheuerliche Anschuldigung, dass sie mit der Hinrichtung des Angeklagten oder des Verleumders enden konnte.
    Also war sein Bruder entschlossen, auf diesem Weg Rache für seine militärische Niederlage zu nehmen. Ganz sicher rechnete er damit, zusammen mit dem Thüringer auch dessen künftigen Schwiegersohn in den Abgrund zu stürzen.
    Dietrich stellte nicht einen Augenblick lang in Frage, dass Hermanns Informationen zutrafen; der Landgraf hatte viel mehr Möglichkeiten, Spione unerkannt nach Meißen zu schicken, als er. Und eine Vorladung zum Hof war ein klares Zeichen dafür, wie ernst die Sache stand.
    Wie viel weiß Albrecht von der Allianz gegen den Kaiser?, fragte sich Dietrich stattdessen. Und wie viel weiß der Kaiser? Würde Heinrich glauben, dass jemand einen Anschlag auf sein Leben plante?
    Ganz gewiss, beantwortete er die Frage selbst in Gedanken; dafür hat er sich zu viele Feinde gemacht. Und der erbitterte Streit um Thüringen nach dem Tod von Hermanns Bruder Ludwig würde den Verdacht erhärten.
    Spätestens seit dem Aufbruch seines Vaters Friedrich von Staufen ins Heilige Land bekam der König und jetzige Kaiser Heinrich immer wieder zu spüren, dass sich ein beträchtlicher Teil der Fürsten gegen ihn stemmte. Er hatte sich nie mit ihnen um Verständigung bemüht, versuchte es gar nicht erst.
    Während sich Generationen von Königen vor ihm für ihren Aufstieg zum obersten weltlichen Herrscher des Reiches anderen Bewerbern zu stellen hatten, mehr oder weniger ebenbürtigen Reichsfürsten, und mit ihnen für die Wahl eine Einigung erzielen mussten, war Heinrich auf Betreiben seines Vaters bereits als Vierjähriger zum König gekrönt worden. So wuchs er von Kindheit an in dem Bewusstsein dieses Titels auf und war es gewohnt, dass jedermann in seiner Umgebung ihm zu Munde redete.
    Mit den selbstbewussten Reichsfürsten, die auf ihren Stand und ihre Privilegien pochten, zu taktieren, auf sie einzugehen, Kompromisse zu schließen, das hatte er nie gelernt.
    »Der Landgraf bittet Euch, ihn auf diesem Hoftag zu begleiten und ihm – falls nötig – als Eideshelfer beizustehen«, richtete der Eckartsbergaer aus.
    Dietrich stimmt ohne Zögern zu. Das war er Hermann schuldig. Nun konnte er Lukas’ Rat nicht mehr befolgen, sich vom Hofe fernzuhalten.
    In seinem Innersten hatte er immer gewusst, dass der augenblickliche Frieden nicht lange andauern würde.

Oktober 1192, Hoftag in Nordhausen
    M issgelaunt starrte Heinrich, König und Römischer Kaiser, auf die Fürsten seines Reiches. Am liebsten hätte er sie samt und sonders aus dem Saal gejagt. Noch viel lieber wäre es ihm, ohne all diese Herzöge, Landgrafen und Markgrafen regieren zu können. Nichts lief so, wie es sollte!
    Seit jeher haftete ihm die Crux an, mit seinem schon zu Lebzeiten sagenumwobenen Vater Friedrich von Staufen verglichen zu werden. Er hatte nicht die Ausstrahlung und Überzeugungskraft des ruhmreichen Rotbartes, nicht die Schönheit seiner Mutter Beatrix von Burgund, Gott hab sie selig.
    Dass er dennoch als Herrscher ebenso fähig war, konnte er nur mit eiserner Hand und militärischen Erfolgen demonstrieren. Und genau hier schien ihn das Glück verlassen zu haben.
    Die Dreistigkeit, mit der die sizilianischen Edlen den Bastard Tankred von Lecce zu ihrem neuen König gewählt hatten, obwohl doch seine – Heinrichs – Gemahlin Konstanze legitimen Anspruch auf die reiche Insel und den Süden Italiens hatte, war eine ungeheuerliche Brüskierung und schrie geradezu nach einem Feldzug. Doch die Belagerung Neapels letzten Sommer scheiterte furchtbar am Ausbruch einer Seuche, die den größten Teil seines Heeres dahinraffte und selbst ihn nicht verschonte. Schon bei der Erinnerung an das Sumpffieber überfiel den Kaiser ein Schüttelfrost in der kalten Nordhäuser Pfalz.
    Mit klammen Fingern raffte er den schweren, pelzgefütterten Tasselmantel enger um die Schultern. Sein Truchsess Markwart von Annweiler bemerkte die Geste, trat rasch einen Schritt näher und half ihm, während Heinrich sich weiter in finsteren Grübeleien verlor.
    Zu allem Unglück war es Tankred auch noch gelungen, die Kaiserin, seine Gemahlin, gefangen zu nehmen, als sie die berühmten Ärzte von

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