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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Gambeson hervor.
    In seiner Ratlosigkeit wuchs ihm dieser Gedanke: Wenn ich schon verrecken muss, dann will ich wenigstens vorher noch die Christiansdorfer Hexe in die Hölle schicken!
    Er hatte in seinem Leben so viele Sünden auf sich geladen, für die er im Jenseits büßen musste … Aber beim Jüngsten Gericht würde man ihm anrechnen, wenn er diesem teuflischen Weib das Handwerk legte. Sicher steckte sie hier irgendwo. Also war er einfach auf die mit einem Wimpel markierte Stelle für die Verwundeten zugelaufen. Niemand von denen, die ihm begegneten, erkannte ihn. Sie hielten ihn für einen der Ihren.
    Dann sah er sie wirklich. Es schien so einfach. Offenbar begriff auch sie nicht, wer da vor ihr hockte.
    Und nun machte ihm dieser alte Kämpfer einen Strich durch die Rechnung!
    Aber da sein Plan gescheitert und er erkannt war – einen so wichtigen Mann wie einen Schenken würde dieser wütend dreinblickende Thüringer schon nicht abstechen.
    »Den Kerl bringt nicht zu den anderen Gefangenen!«, wies Bruno zwei der Knechte an, die Giselbert hochzerrten, damit er zum Sitzen kam.
    Der Feiste machte sich auf eine besonders hohe Lösegeldforderung gefasst. Aber er konnte zahlen, er war ein reicher Mann, außerdem würde Albrecht ihn auslösen müssen. Und einem so wertvollen Gefangenen würde man sicher auch gleich etwas zu essen und zu trinken bringen.
    Doch als Bruno fortfuhr: »Holt Lukas von Freiberg!«, wurde Giselbert angst.
    Er sah zu Marthe, die – immer noch bleich – mit zittrigen Händen versuchte, die Erdkrumen von ihrem Kleid abzustreichen, die dort von ihrem Sturz hafteten. Ihre Blicke trafen sich einen Moment lang: genug Zeit für Giselbert zu erkennen, dass sie nicht mehr das verängstigte Kind war, über das er damals mit seinen Freunden hergefallen war.
    Diese Härte in ihrem Blick – so hatte er sie nur einmal erlebt: als sie den Fürsten verfluchte.
    Ängstlich starrte er auf ihren Mund, ob sie auch über ihn einen Fluch legen würde. Doch ihre Lippen blieben zusammengekniffen.
    Das ließ ihn noch einmal Hoffnung schöpfen. »Wenn Ihr bei Euerm Mann ein gutes Wort für mich einlegen wollt … Ich flehe Euch an …«
    Nun sank er sogar in Fesseln vor ihr auf die Knie und sah zu ihr hoch.
    Marthe starrte ihn aus schmalen Augen an.
    So viele Jahre hatte er sie verhöhnt, gequält, geschunden, und sein Anblick wühlte jedes Mal in ihr die Erinnerung an das Schlimme auf, das er ihr und anderen angetan hatte.
    Wortlos drehte sie sich von ihm weg und sah zu Bruno.
    Der begriff sofort und raunzte den Feisten an: »Ihr werdet das Wort nicht an die Herrin richten, sofern sie Euch nicht ausdrücklich dazu auffordert!«
    Giselbert sank noch ein Stück in sich zusammen und hielt verstohlen Ausschau, ob Lukas schon zu sehen war. Vielleicht war er ja gefallen!
    Dann könnte er noch einmal versuchen, sein Schicksal zu wenden. Mit Geld ließ sich vieles regeln, das würde am Ende auch den Thüringern wichtiger sein als die Meinung dieser Hexe. Wie hatte er nur glauben können, sie würde ihm helfen?
    »Was gibt es?«, hörte er hinter sich eine Stimme, die ihn zusammenzucken ließ.
    Lukas!
    »Dieser Kerl – Ihr kennt ihn wohl – hat sich an uns herangeschlichen und wollte Eure Gemahlin töten«, berichtete Bruno.
    Lukas schritt um den fetten Gefangenen herum und ließ ihn nicht aus den Augen. Dass Marthe nichts passiert war, davon hatte er sich schon mit einem Blick überzeugt, auch wenn ihre Gesichtszüge aufgewühlt wirkten wie nur selten; ungewohnt hasserfüllt und angewidert.
    Die Art, wie sie Giselbert anstarrte, war für Lukas die letzte Bestätigung dafür, was er schon seit vielen Jahren argwöhnte: dass der Feiste einst zusammen mit Randolf, Ekkehart und Elmar die junge Marthe geschändet hatte.
    »Nehmt ihm die Fesseln ab!«, befahl Lukas den verwunderten Knechten.
    Doch seine Stimme klang so eisig, dass Giselbert es nicht wagte, sich bei dem Freiberger für diese Güte zu bedanken.
    Und schon brüllte der ihn an: »Steh auf! Gebt ihm ein Schwert! Los, steh auf und verteidige dich!«
    Er nahm einem der Sergenten das Schwert ab und warf es Giselbert vor die Füße, bevor er seine eigene Waffe zog.
    »Gnade!«, winselte Giselbert. »Ich bin verwundet …«
    »Steh auf und verteidige dich!«, wiederholte Lukas nun mit leiser, gefährlich klingender Stimme. »Bist du nicht einmal dazu Manns genug?«
    Ächzend griff Giselbert nach der Waffe und stemmte sich hoch. Wie gebannt starrte er auf

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