Der Traum der Hebamme / Roman
den Freiberger, der dort stand, die Beine leicht gespreizt, das Schwert in der Rechten, ohne sich zu rühren.
Giselbert begriff, dass Lukas von ihm den ersten Hieb erwartete und sich seiner Sache vollkommen sicher schien.
Heiliger Georg, steh mir bei! Ich bin verloren. Ich werde sterben …
Dann war er des Wartens leid. Laut schreiend warf er sich mit seiner ganzen Körpermasse dem Herausforderer entgegen. Lukas trat nur einen Schritt beiseite, hieb dem Stürzenden den Schwertknauf in den Rücken und sah ungerührt zu, wie der Feiste vom Schwung und seinem Gewicht zu Boden gerissen wurde. Dann ließ er sein Schwert niederfahren.
»Schafft das weg!«, befahl er den Knechten und ging zu Marthe.
Sie beide sahen sich wortlos in die Augen, und jeder von ihnen wusste, was der andere dachte.
Nun waren drei von denen tot. Blieb noch Elmar.
Der Preis des Sieges
N ach dem Sieg von Röblingen wäre Dietrich am liebsten sofort nach Eisenach geritten. Weniger aus Dankbarkeit gegenüber Hermann von Thüringen und schon gar nicht wegen der bevorstehenden Hochzeit mit Jutta, sondern weil er seinen neugeborenen Sohn sehen wollte. Vor allem aber aus Sorge um Clara. Lukas’ Ältester war nicht geübt darin, sich zu verstellen. Während Paul die Nachricht von der Geburt des kleinen Konrad überbrachte, sagte etwas an seiner Miene Dietrich, dass das Glück nicht so ungetrübt war, wie der Junge beteuerte.
Als Marthe ihn nach der Schlacht auch noch bat, gleich von Röblingen aus nach Eisenach reisen zu dürfen, weil sie sich um ihre Tochter und die Enkel kümmern wolle, wurde diese Befürchtung in Dietrich zur Gewissheit. Doch Lukas’ Frau lehnte es ab, ihre Beweggründe genauer zu erklären.
Voll innerer Unruhe und Angst um seine Geliebte führte Dietrich seine und die thüringischen Truppen zurück nach Weißenfels, um dort die Siegesfeier auszurichten. Gern hätte er Marthe und Lukas begleitet. Doch er musste die Verhandlungen über den Freikauf der Gefangenen von Rang führen und dafür sorgen, dass die durch Belagerung und Kampf entstandenen Schäden behoben wurden. Vor allem brauchte er Gewissheit, was sein Bruder unternahm, der nach Leipzig geflohen war. Gegen diese stark befestigte Stadt zu reiten versprach wenig Erfolg.
Das alles hielt Dietrich in Weißenfels fest, der kaum zur Ruhe kam und immer wieder ungeduldig nach Raimund und Elisabeth Ausschau hielt. Er hatte dem verwundeten Muldentaler erlaubt, nach Eisenach zu reiten, sobald er sich wieder einigermaßen auf den Beinen hielt, weil er unbedingt seine Frau zurückholen wollte. Von Elisabeth erhoffte Dietrich zu erfahren, wie es Clara und seinen Söhnen inzwischen wirklich ging.
An diesem Morgen war ein Bote des Markgrafen der Ostmark in Weißenfels eingetroffen und hatte ausgerichtet, der Markgraf sowie Herzog Bernhard von Sachsen würden gemeinsam dafür sorgen, dass Albrecht künftig auf jeglichen Angriff verzichtete.
Dietrich fühlte sich angesichts dieser Nachricht, als sei ihm eine schwere Last von den Schultern genommen. Die beiden mächtigen Verwandten hatten sich viel Zeit gelassen, bis sie in diesem blutigen Familienstreit eingriffen, der zu einem Krieg ausgewachsen war. Aber nun schienen sie entschlossen, den unberechenbar gewordenen Albrecht zu zügeln.
Erst jetzt konnte er wirklich auf Frieden hoffen, ohne seinen Bruder töten zu müssen. Im Geiste dankte er Lukas für den Vorschlag, den Markgrafen und den Herzog um Beistand zu bitten, auch wenn sie Albrecht einst bei der Gefangennahme seines Vaters unterstützt hatten.
Doch seit Konrad von seinem Vater Dedo die Regentschaft über die Ostmark übernommen hatte, legte er großen Wert darauf, seiner Position als Ältester und damit Wortführer des Hauses Wettin gerecht zu werden.
Dietrich beriet sich mit Norbert und Thomas und beschloss, einen Teil der zusätzlich auf die Burg gerufenen Männer wieder nach Hause zu schicken. Sollten sie dort helfen, die Ernte einzubringen und die Kriegsschäden zu beseitigen, das war jetzt wichtiger. Nur die Spähtrupps wurden nicht verringert – für alle Fälle.
Nun hielt Dietrich noch unruhiger Ausschau nach Elisabeth und Raimund. Einen halben Tag nach Konrads Boten trafen beide auf der Burg ein. Der Graf hatte Befehl gegeben, ihn sofort bei ihrer Ankunft zu benachrichtigen, und ging ihnen bereits auf dem Burghof entgegen, kaum dass sie aus dem Sattel gestiegen waren.
»Sie lebt. Aber sie ist noch sehr schwach«, erklärte Elisabeth auf Dietrichs hastige
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