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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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abseits am Bach.
    »Tust du mir einen Gefallen?«, fragte Emma nach einigem Schweigen und tastete nach seiner Hand.
    »Jeden, Liebes!«, versprach ihr Mann, ohne zu zögern. Hilfesuchend schaute er um sich und griff nach dem Becher, der auf dem Tisch stand, schob seine Linke unter den Rücken der Sterbenden und richtete sie vorsichtig auf, um ihr etwas Wasser einzuflößen.
    Dankbar nahm Emma einen Schluck, nur einen ganz kleinen, weil selbst das Trinken sie anstrengte. Mit geschlossenen Augen genoss sie die Wärme der Hand des Mannes, den sie ihr Leben lang geliebt hatte, dann sah sie ihn an und bat: »Rufst du für mich alle zusammen, die damals mit uns gezogen sind? Gleich jetzt? Ich will noch einmal die Hoffnung dieser Tage spüren, die erwartungsvolle Stimmung, die uns vorantrieb …«
    Jonas war verwundert über diesen Wunsch, doch er ließ sich das nicht anmerken. Schon stand er auf, bat Johanna, die an der Kochstelle wartete, sich um die Sterbende zu kümmern, und lief los. Er würde sich beeilen müssen, wenn seine Frau sie alle noch einmal sehen sollte, obwohl es nicht mehr viele waren.
     
    Kuno und Bertram betraten als Erste das Sterbezimmer, zwei Sergenten der Burgwache.
    »Ihr wart damals noch richtige Wildfänge, kaum mehr als zehn Jahre alt und mit nichts als Unfug im Kopf«, begrüßte Emma die beiden matt lächelnd. Unzertrennlich wie immer, auch jetzt noch stets für einen Streich zu haben, obwohl sie längst erwachsene, ausgebildete Kämpfer waren und Bertram vor zehn Jahren bei einem Kriegszug beinahe ein Bein verloren hätte.
    »Unfug? Ich kann mich nicht daran erinnern«, erwiderte Kuno keck und strich sich durch sein schwarzes, strubbeliges Haar.
    »Waren wir nicht zwei durch und durch brave, folgsame Burschen?«, stimmte Bertram mit gespieltem Protest zu. Für den Moment vergaß er sogar den dumpfen Schmerz in der Narbe an seinem Bein.
    Johanna, Kunos Frau, trat lächelnd neben die beiden.
    Es klopfte erneut, dann kamen zwei alte Männer herein, die Zwillinge hätten sein können: beide kahl, mit großen Hakennasen, grauen Bärten und Kleidern, die besser waren, als Fuhrleute sie gewöhnlich trugen.
    »Du wirst uns wohl dazuzählen müssen, Frau Schmiedin, auch wenn wir erst etwas später zu euch Siedlern gestoßen sind«, meinte mit einer überraschend kraftvollen Stimme Friedrich, der ältere der beiden Brüder, ebenso wie Jonas ein Ratsherr.
    Als Nächster trat Johannas Bruder Karl ein, der Bergschmied, der nach dem Rauch des Schmiedefeuers roch und Ascheflocken im Haar hatte. Einst war er gemeinsam mit Jonas grausam bestraft worden, weil er zu Christian hielt. Um ihm Platz zu machen, mussten die anderen zusammenrücken.
    Bewegt ließ Emma den Blick von einem zum anderen schweifen. Die kleine Kammer war schon voll, doch das täuschte nicht darüber hinweg, wie wenige Gefährten aus der Zeit des Aufbruchs noch lebten.
    »Grete, deine Mutter … Randolf hat sie erstochen«, begann sie aufzuzählen, zu Kuno gewandt. »Guntram wurde unschuldig gehängt … Bertha ist am Fieber eingegangen, Gott hab sie selig, Pater Bartholomäus starb, als die Masern uns heimsuchten … So viele sind von uns gegangen, die damals alles gewagt haben. Ja, Marthe und der Herr Lukas, die leben noch, sofern Gott ein Einsehen hat, aber sie dürfen sich nicht hierherwagen … Nun ist die Stadt voll von Verzagten, Feigen, Eigensüchtigen und Verrätern. Und jede Hoffnung ist erloschen.«
    Es kostete Emma fast übermäßige Kraft, die Hand zu heben und sich die Tränen abzuwischen, die ihr aus den Augen rannen, ohne dass sie es wollte.
    In dem nun eingetretenen Moment der Stille hörte sie erneut die Tür knarren.
    Ob das etwa Guntram war, ihr Zweitältester, nach dem zu Unrecht gehängten Bergzimmerer benannt? Er hatte als Einziger von ihren Kindern noch nicht Abschied von ihr genommen, weil er als Schmied in Meißen auf dem Burgberg arbeitete und erst heute früh jemand mit der Nachricht dorthin geschickt worden war, dass seine Mutter im Sterben lag. Vor morgen konnte er eigentlich nicht hier sein.
    An dem ungeduldigen »Nun macht doch Platz!« erkannte sie die Stimme ihres Mannes.
    Kuno und Bertram, Karl, seine Schwester Johanna und die beiden alten Fuhrleute ließen sich von den Nachdrängenden in den hinteren Teil der kleinen Kammer schieben. Überrascht blickte Emma auf diejenigen, die nun eintraten.
    »Sieh her, die nächste Generation ist schon nachgewachsen, die genauso viel Hoffnung, Mut und Gewitztheit

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