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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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»Er will Jutta nicht. Doch am Ende muss er einsehen, dass er nicht das Leben aller hier für sein persönliches Glück aufs Spiel setzen kann. Er ringt schwer mit sich. Und ich glaube, die Begegnung mit Raimund hat zu seinem Entschluss beigetragen …«
    »Ich könnte weinen, wenn ich nur an Roland denke«, sagte Clara plötzlich und legte den Kopf weit in den Nacken, als wollte sie die Wolken am Himmel zählen. Nach einem Moment des Schweigens fragte sie: »Hat dir Thomas gesagt, wie es geschehen ist? Was sie alles durchlitten haben?«
    »Dein Bruder drückt sich sehr einfallsreich davor, mit mir über diese Zeit zu sprechen. Aber natürlich weiß ich es trotzdem. Dafür muss ich nur in seine Augen sehen. Einiges hat Dietrich Lukas erzählt.«
    Clara schluckte und blickte ihrer Mutter nachdenklich ins Gesicht. »Als sie zurückgekehrt sind, haben Thomas und ich fast die ganze Nacht hindurch geredet. Der Krieg hat seine Seele zerstört.«
    »Ja, das hat er«, sagte Marthe leise.
    »Wie können wir ihn wieder heilen?«, fragte Clara verzweifelt. Wenn nicht einmal ihre Mutter Rat wusste, dann gab es keine Rettung für Thomas. Dann würde er voller Zorn in die nächste Schlacht reiten und wieder töten und töten und nichts dabei empfinden außer einem Rausch für den Moment und danach abgrundtiefe Leere.
    »Das vermag nur die Zeit – und die Liebe. Ein Mädchen mit reinem Herzen. Aber sie muss stark sein … und einfühlsam genug, in sein Innerstes zu blicken und jede einzelne Verletzung aufzuspüren und zu heilen. Ihm folgen bis in die tiefsten Abgründe, in denen seine Seele wandelt, und sie dort herausholen.«
    »Solch ein Mädchen wird er hier nicht finden«, sagte Clara traurig. »Das kann nur jemand, der selbst schon Schlimmes durchgestanden hat, ohne sich davon zerstören zu lassen. Aber hier sind nur ahnungslose junge Gänse und ein paar berechnende Witwen, die sich keinen Deut darum scheren, wie es in ihm aussieht, für die er nur ein weitgereister Held ist und eine Abwechslung in ihrer Langeweile.«
    Clara dachte bei diesen Worten nicht nur an ihren Bruder. Dietrich hatte dieselben Niederlagen und bitteren Enttäuschungen, dasselbe Grauen durchlitten,
und
er fühlte er sich schuldig am Tod seiner Männer. Sie glaubte seine Worte wieder zu hören: dass er sie brauchte, um mit dieser Schuld weiterleben zu können.
    Die achtjährige Jutta, so klug sie auch für ihr Alter sein mochte, konnte ihm dabei wahrlich nicht helfen.
    Clara fühlte sich einen Moment lang versucht, ihrer Mutter zu gestehen, dass sie bereit war, Dietrichs Geliebte zu werden. Aber sie wusste ja nicht einmal, ob Dietrich das überhaupt wollte – sie auf diese Art wollte. Vermutlich verbot ihm das sein Ehrgefühl.
    Stattdessen fragte sie wehmütig: »Vater hätte es verstanden, nicht wahr? Ihm war es doch auch gleichgültig, ob ihr über die Standesschranken hinweg heiratet oder nicht, als er um dich anhielt …«
    Ein schmerzlicher Ausdruck zog über Marthes Gesicht.
    »Ja, er hätte es verstanden«, sagt sie leise. Dann strich sie sich mit der Hand über die Augen und lächelte traurig.
    »Er war Ministerialer, ich eine einfache Wehmutter. Doch als er um mich freite, spottete er noch, dass er gerade zum Gesetzlosen erklärt worden war und ich also die bessere Partie sei. Ohne die falsche Anklage und Vertreibung hätte er mich vermutlich nie zur Frau nehmen können.«
    Ihr Gesicht wirkte nun wieder gefasster. »Ich wäre ihm gefolgt, auch in ein Leben auf der Flucht. Aber er hatte einen Kampf zu führen. Also blieben wir. Um die Leute im Dorf zu schützen, zog er in diesen Kampf auf Leben und Tod. Ohne die Hilfe von Lukas, Raimund, Kuno und Bertram, ohne die Schmiede hätte er es nicht geschafft. Dass Otto ihn und sogar mich später aus einer Laune heraus zu Edelfreien ernannte, löste das Standesproblem, allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Du hast es doch selbst erlebt: Wir Frauen dürfen uns in dieser Welt kein noch so geringes Abweichen von den Regeln erlauben. Um keinen Preis dürfen wir irgendwie auffallen, sonst könnte das unser Todesurteil sein.«
    Wider Willen musste Clara auflachen.
    »Ich würde es nicht gerade besonders unauffällig nennen, wenn du vor dem versammelten Hofstaat den Markgrafen von Meißen verfluchst.«
    Nun lächelte sie trotz der Bitterkeit jenes Momentes – stolz darauf, was ihre Mutter getan hatte und dass Albrecht, der ihren Vater und ihren Mann getötet hatte, sich immer noch vor diesem Fluch

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