Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
Beistand und galoppierte mit erhobenem Schwert voran, dicht gefolgt von Thomas und Hugos thüringischen Kreuzzugsgefährten, seinem Sohn Heinrich und weiteren insgesamt vier Dutzend Reitern. Gleich nach ihrem Ausfall wurde die Burg wieder verschlossen. Nun mussten sie sich durch die feindlichen Patrouillen zu der Stelle unterhalb der Klemmburg schlagen, an der sie sich mit Dietrich und den Thüringern vereinigen wollten.
     
    In Albrechts Lager hatte sich während des Wartens auf den Tross immer mehr Langeweile breitgemacht. Natürlich nicht unter den Knechten und Sergenten, die waren vollauf damit beschäftigt, Palisaden zu errichten, Gräben auszuheben, die Pferde zu versorgen und sich um die Verletzten zu kümmern. Aber unter den Rittern, denen solche Tätigkeiten natürlich nicht zuzumuten waren.
    Und ganz besonders bei Albrecht. Anfangs hatte er noch mit Elmar getrunken, um die Wartezeit bis zum Eintreffen des Trosses zu verkürzen, und sich in rachsüchtigen Gedanken verloren, die seinen Bruder und dessen Anhänger betrafen, aber auch den Astrologen, der ihm doch einen schnellen und klaren Sieg prophezeit hatte. Keine Rede davon, dass er hier tagelang auf diesem nasskalten und von Nebel umwaberten Hügel lagern und auf die Feinde starren musste, die sich nicht ergaben.
    Als ihm der Kopf vom reichlich genossenen Wein schon den zweiten Tag so dröhnte, dass er nur mit Mühe einen Gedanken fassen konnte, schickte er einen seiner Ritter nach Merseburg, um von dort ein paar ansehnliche Huren zu holen, die ihn ablenken sollten.
    Seine Ritter vertrieben sich derweil die Langeweile mit Würfeln und Wein, ungeduldig und unzufrieden, weil es weder Gelegenheit zum Plündern noch irgendwelche Weiber gab.
    Doch als sich am vierten Tag herausstellte, dass Raimund von Muldental entkommen war, während zwei der Männer tot im Zelt lagen, die ihn bewachen sollten, noch dazu Rutgers edler Hengst und – der Gipfel der Dreistigkeit! – Elmars kostbarer Sattel fehlten, erließ der Truchsess verschärfte Befehle. Die säumigen beiden Wachen wurden gehenkt, und von nun an wurde an die Ritter kein Wein mehr ausgeschenkt, sondern nur noch dünnes Bier, das die Reisigen in den Orten der Umgebung beschlagnahmten, die sie nicht niedergebrannt hatten. Das hob nicht gerade die Stimmung unter den Männern. Aber niemand wagte es, laut zu murren. Außerdem rückte der Augenblick immer näher, an dem die Verstärkung und der Tross eintreffen sollten und sie endlich zum Angriff übergehen konnten. Zeit also, die Waffen zu schärfen und sich in Überlegungen zu ergehen, wie sie es den widerspenstigen Weißenfelsern heimzahlen würden und ob unter den Flüchtlingen auf der Burg wohl ein paar hübsche Weibsbilder zu finden waren.
    Am Morgen des entscheidenden Tages lag Albrecht in wirren, beängstigenden Träumen. Er hatte erst tief in der Nacht zur Ruhe gefunden, zu sehr beschäftigt mit Racheplänen, und schweren Wein getrunken, um endlich schlafen zu können. Das verzerrte Gesicht seines Vaters verfolgte ihn, gelähmt vom Schlagfluss und unerbittlich auf den Sohn gerichtet, der sich gegen ihn erhoben hatte. Obwohl sein Vater auf dem Totenbett nicht mehr sprechen konnte, tat er es in Albrechts Alptraum. Aus dem Mund des Sterbenden drang eine helle Frauenstimme, die ihn verwünschte. Der Fluch der Hexe von Christiansdorf, den er einfach nicht vergessen konnte.
    Stöhnend fuhr Albrecht hoch, rieb sich über das Gesicht und versuchte, das schreckliche Bild und die Stimme aus dem Traum abzuschütteln.
    Besorgt rannten seine Leibwachen ins Zelt, auf der Suche nach einem Feind. Albrecht wollte sie mit einer Handbewegung wieder hinausschicken, doch er sah, dass sie zögerten.
    »Was?«, fuhr er sie an, während er nach einem Krug griff und hastig etwas von dem eiskalten Wein trank, um endgültig wach zu werden.
    »Die Wachen haben im Süden ein Feuer entdeckt«, berichtete ängstlich einer der beiden. »Es könnte sonst etwas sein … Mehr lässt sich nicht erkennen im Nebel. Aber da Ihr ohnehin wach seid, wollt Ihr Euch vielleicht selbst von der Sache überzeugen …«
    Albrecht stemmte sich hoch und befahl mit einer Geste, ihm den schweren, pelzverbrämten Tasselmantel umzulegen.
    Ob der Tross das Feuer entzündet hatte? Doch der würde nicht von Süden kommen, sondern aus Richtung Osten.
    Fröstelnd, aber nun hellwach, trat der Markgraf nach draußen. Auch sein Truchsess und sein Marschall waren bereits auf und starrten vom Hügel hinab in die

Weitere Kostenlose Bücher