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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Richtung, in der mit etwas Mühe züngelnde Flammen in der Ferne zu sehen waren. Der größte Teil der Landschaft war in Nebel gehüllt; selbst die gegenüberliegende Burg ließ sich kaum erkennen.
    Elmar und Gerald begrüßten ihren Fürsten, wie es sein Rang gebot, dann richteten sie ihren Blick wieder nach vorn. Der Nebel nahm nicht nur die Sicht, er schluckte auch die Geräusche und verlieh der Szenerie etwas Gespenstisches. Albrecht unterdrückte nur mit Mühe den Drang, sich zu bekreuzigen oder zwei Finger der rechten Hand zum Zeichen gegen das Böse auszustrecken. Zu lebendig waren noch die Schreckensbilder aus seinem Alptraum.
    »Soll ich die Männer rüsten lassen?«, fragte Gerald.
    »Ja, auf der Stelle, mit Euer Gnaden Erlaubnis«, antwortete an seiner statt Elmar eindringlich und ohne zu zögern. »Hier ist etwas im Gange, das nicht mit rechten Dingen zugeht. Das spüre ich.«
    Albrecht nickte zustimmend, während er weiter nach unten starrte. Lief alles nach Plan, war es heute sowieso vorbei mit dem Müßiggang seiner Ritter. Warum also Zeit verlieren?
    Gerald wollte losgehen, um die nötigen Befehle zu geben, doch da packte ihn Albrecht am Arm und zeigte hinüber zum weißen Felsen. »Dort!«
    Mehrere Dutzend Reiter wagten einen bemerkenswert schnellen Ausfall von der Burg, ohne von den meißnischen Patrouillen in irgendeiner Weise aufgehalten zu werden. Sie schienen sie einfach niederzureiten und niederzustechen.
    Im nächsten Augenblick zerteilte sich der Bodennebel, und sie sahen auf der Ebene eine Streitmacht zu Pferde anrücken, die nicht das meißnische Wappen trug, sondern den rot-weiß gestreiften thüringischen Löwen auf blauem Grund. Ganz vorn neben dem Wappenträger ritt kein anderer als sein Bruder, den er schon an der Schindmähre erkannte.
    »Alarm!«, brüllte Elmar. »Alle zu den Waffen! Sattelt die Pferde!«
    Auch Albrecht verschwendete keine Zeit damit, darüber nachzudenken, was hier geschah und wieso sich die Thüringer gegen ihn stellten, sondern lief sofort zu seinem Zelt, um sich die Rüstung anlegen zu lassen.
    Ungeduldig ließ er sich sein Schwert reichen und ging wieder hinaus, die Waffe im Gehen umgürtend. Ein ihn ängstlich anstarrender Knappe stand bereits mit seinem gesattelten Schimmel in der Nähe. Albrecht saß auf, ebenso wie Elmar und Gerald, und ritt zum südlichen Teil der Palisaden. Würde sein Bruder zunächst verhandeln oder gleich versuchen, ihr Lager zu überrennen?
    Von hier oben konnte er beobachten, wie sich die Reiter aus der Burg und die Thüringer am Fuße des Hügels zu einer einzigen Streitmacht vereinigten, die seine eigenen Truppen an Stärke deutlich übertraf. Er hatte eine Menge Männer an der Furt verloren, und von den Leuten, die die Wege von und zur Weißenfelser Burg abriegeln sollten, schien keiner mehr kampffähig zu sein.
    Das da unten mussten beinahe zweihundertfünfzig Mann sein, und er selbst hatte hier oben kaum mehr hundertfünfzig. Wenn nicht Gott ein Einsehen hatte und ihm auf der Stelle die Verstärkung aus Meißen schickte, gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie verschanzten sich hinter den Palisaden und ließen Dietrich gegen den Berg anstürmen, was für die Angreifer zumeist eine verlustreiche Sache war. Oder sie stellten sich einer Schlacht auf offenem Feld, Mann gegen Mann.
    Er hatte seinen Bruder unterschätzt – und der hatte ihn schlichtweg überrumpelt und Hilfe geholt, statt sich ängstlich in seinem Mauseloch zu verkriechen.
    »Pestilenz und Cholera über Hermann von Thüringen!«, stieß Albrecht wütend aus.
    Immerhin, in einem Punkt blieb sein ach so edler Bruder berechenbar: Statt einfach mit seinen Truppen loszupreschen und das Lager zu überrennen – das hätte er leicht vor Morgengrauen tun können, als die meisten noch schliefen –, ließ er die Schar am Fuße des Berges halten und ritt mit vier Männern den Pfad hinauf.
    Er wollte also verhandeln.
    »Soll ich die Bogenschützen anlegen lassen?«, fragte Elmar. Nach kurzem Überlegen schüttelte Albrecht den Kopf. Links neben seinem Bruder hatte er am weißen Bart und der schlanken Gestalt den thüringischen Marschall erkannt. Vor so vielen Zeugen konnte es ihn in Verruf bringen, auf einen hochrangigen Ministerialen schießen zu lassen, der zu Verhandlungen erschien.
    Augenblicke später hätte er seine Entscheidung am liebsten rückgängig gemacht.
    »Seht Ihr, was ich sehe?«, brachte er fassungslos hervor, denn zur Rechten seines Bruders meinte er

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