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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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heimlichen Aufbruch geschehen war: von den Befestigungen, die der Markgraf von Meißen in den letzten Tagen hatte anlegen lassen und die noch nicht vollständig waren, von den angedrohten Hinrichtungen, der Lage auf der Burg und dem Verrat durch Gottfrieds Sohn.
    »Sie haben keine Ahnung, dass Ihr fort wart, dessen sind wir uns sicher«, ließ der Burgkommandant durch seinen Erstgeborenen ausrichten. »Sie glauben, Ihr hättet Euch verkrochen, weil Ihr nicht mehr ein noch aus wüsstet.«
    Dietrich wechselte einen Blick mit dem Eckartsbergaer, der zufrieden ein schmallippiges Lächeln zeigte. Der thüringische Marschall war ein kriegserfahrener Mann, beinahe so hager wie Norbert, schon über die sechzig, mit weißen Haaren und dichtem Bart, aber immer noch schnell mit dem Schwert und angesehen unter der Ritterschaft.
    »Dann wollen wir sie von diesem Irrtum befreien«, kommentierte er gelassen die Neuigkeit. Auf sein Kommando schlugen die Truppen ein provisorisches Nachtlager auf. Auch sie waren ohne Tross und Fußvolk aufgebrochen, um keine Zeit zu verlieren, denn sie mussten unbedingt früher als die Verstärkung aus Meißen eintreffen. Vor dem Angriff am Morgen sollten Männer und Pferde ausruhen, so gut es ging.
    »Es gibt etwas, das Ihr erfahren müsst«, meinte Conrad zu Lukas. Seine persönliche Sorge um Clara nach Kräften verbergend, berichtete er vom Auftauchen Rutgers, seiner Herausforderung an Thomas und dessen außergewöhnlicher Antwort.
    Lukas wusste im ersten Moment nicht, ob er über die Reaktion seines Stiefsohnes lachen oder den Kopf schütteln sollte. Thomas war schon zu seiner Knappenzeit vom alten Waffenmeister gern als Großmaul bezeichnet worden. Doch da Lukas die Szene einfach zu lebhaft vor Augen hatte, konnte er ein Grinsen nicht zurückhalten. Allerdings war ihm klar, dass er bei dem bevorstehenden Kampf ein besonderes Auge auf Rutger haben musste.
    Die Reiter entzündeten kein Feuer diese Nacht; den Befehl hatten Dietrich und der thüringische Marschall ausgegeben. Niemand konnte wissen, wie weit die gegnerischen Patrouillen vordrangen, und sie durften keine Aufmerksamkeit erregen. Ein Feuerzeichen sollte am nächsten Morgen das Signal für die Weißenfelser sein, gemeinsam mit den Thüringern von zwei Seiten aus zum Angriff zu reiten.
    Dietrich blieb ungewohnt wortkarg an diesem Abend. Lukas sann darüber nach, ob das dem bevorstehenden Kampf oder der bevorstehenden Hochzeit geschuldet war. Hermann hatte die Verlobung gleich nach seinem vertraulichen Gespräch mit dem Gast bekanntgegeben und erklärt, er betrachte es als Selbstverständlichkeit, dem Schwiegersohn zu Hilfe zu eilen, dem Wallfahrer, der gegen jede gute Sitte angegriffen werde. Dafür ein Kontingent von zweihundert Rittern, Sergenten und Knappen aufzustellen, dauerte nicht lange.
    Allerdings hatte Lukas unterdessen eine heftig geführte, wenngleich kurze Debatte mit seinem Stiefsohn Daniel, der unbedingt mit in den Kampf ziehen wollte. Der zweitälteste Sohn von Christian und Marthe war inzwischen sechzehn Jahre alt und Knappe auf der Wartburg.
    »Ich brauche dich hier, damit du dich um deine Brüder kümmerst, sollte mir und deiner Mutter etwas geschehen«, hatte er dem Jungen mit aller Entschlossenheit klargemacht. In Eisenach lebten auch seine drei Söhne im Pagenalter: Paul, Lukas der Jüngere und Konrad, sein gemeinsames Kind mit Marthe, der erst sechs Jahre alt war. »Du darfst nie vergessen: Albrecht will unsere ganze Familie auslöschen. Und spätestens in der Schlacht dürfte ihm schwerlich entgehen, dass ich entgegen allen Behauptungen nicht tot bin. Also wird er nach euch suchen.«
    Sein Hauptgrund, den Jungen von diesem Schlachtfeld fernzuhalten, war allerdings ein anderer, den er Daniel nicht verraten würde. Genau wie Marthe spürte er, dass Thomas trotz seines belustigenden Wortwechsels mit Rutger und seiner Kampferfahrung nicht in der Verfassung war, besonnen in eine Schlacht zu reiten. Er würde sich blindlings dorthin stürzen, wo das Getümmel am größten war oder wohin ihn Rutger lockte. Lukas sorgte sich ernsthaft darum, ob Thomas den nächsten Tag überlebte. Deshalb wollte er nicht auch noch Marthes zweitältesten Sohn der Gefahr aussetzen, in der Schlacht zu sterben.
    »Wir werden den Meißner lehren, was es heißt, einen Wallfahrer anzugreifen«, versicherte Heinrich von Eckartsberga mit grimmiger Miene, während Lukas über all diese Dinge nachdachte.
    Dietrich nickte ihm dankend zu, aber Lukas

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