Der Traum der Hebamme / Roman
sei. Dietrichs Forderungen waren so unerbittlich, dass er sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass Albrecht sie auch nur bis zu Ende anhören würde.
»Also: Wie bringen wir ihn dazu, auf das Ultimatum einzugehen?«, eröffnete Elmar das vertrauliche Gespräch, mit vollen Backen kauend. Doch er ließ Gerald gar nicht erst Gelegenheit zu antworten. Offenbar hatte er seinen Plan bereits geschmiedet.
»Tausend Mark Silber! Hat mein Bruder den Verstand verloren?«
Albrecht, der in der halbdunklen Kammer über finsteren Gedanken gebrütet hatte, bis sein Marschall und sein Truchsess um Erlaubnis baten, eintreten zu dürfen, fuhr wütend herum.
»Und Ihr sollt den Frieden im Beisein des Bischofs von Merseburg und des Bischofs von Meißen beschwören«, ergänzte Gerald, der es wie Elmar für das Beste hielt, die schlechten Neuigkeiten auf einmal loszuwerden statt nach und nach. Sie mussten dringend den Markgrafen davon überzeugen, dass er nicht umhinkam, Dietrichs Forderungen zu erfüllen.
»Warum sollte sich dieser Kittlitz auf den weiten Weg von Meißen bis hierher begeben?«, fauchte Albecht verächtlich. »Nur um zu sehen, wie ich zu Kreuze krieche? Das würde er sicher gern, doch dafür plagt ihn die Gicht viel zu sehr. Und will mein Bruder wirklich warten, bis dieser klapprige Greis hier eintrifft? Eine Woche oder gar zehn Tage? Er kann so viele Gefangene nicht so lange bewachen und verpflegen. Fürchtet er denn nicht, dass wir bis dahin zu einem Gegenangriff ausholen und die Männer befreien?«
Albrecht schüttelte den Kopf. »Das ist eine Falle. Und ich gedenke keineswegs hineinzutappen!«
Elmar räusperte sich, was ihn etwas verlegen wirken ließ, ohne dass er es tatsächlich war.
»Der Bischof ist bereits auf dem Weg hierher, Hoheit. Angeblich sei die Reise schon lange geplant gewesen, um seinem Amtsbruder einen Besuch abzustatten. Doch Ihr habt recht, wenn Ihr in diesem Punkt nicht an einen Zufall glauben wollt«, kam er hastig dem Einwand des wütenden Fürsten zuvor. »Ich tue es auch nicht. Euer Bruder scheint auf seiner Pilgerfahrt einiges gelernt zu haben, was listenreiche Planungen angeht.«
»Wollt Ihr Euch vielleicht etwas deutlicher erklären?«, schnaubte Albrecht.
Nun übernahm es Gerald, dem Fürsten die Einzelheiten der Forderungen Dietrichs mitzuteilen.
»Von den tausend Mark Silber sollen dreihundert dem Bischof von Meißen, dreihundert dem Kloster in Marienzelle und dreihundert dem Bischof von Merseburg übergeben werden, um Messen für das Seelenheil Eures Vaters lesen zu lassen. Als Entschädigung für die dreitausend Mark Silber, die Euer Vater vor seinem Tod angeblich zu diesem Zweck dem Zisterzienserkloster bei Nossen übereignete.«
Gerald verzichtete auf die Ergänzung, dass Albrecht diese ungeheure Summe nach dem Tod seines Vaters für sich beansprucht und vom Altar des Klosters geraubt hatte; er und Elmar waren schließlich dabei gewesen.
Fassungslos starrte der Markgraf von Meißen auf seine beiden ranghöchsten Gefolgsleute. Mit diesem Schachzug brachte sein Bruder ihn wirklich in eine denkbar schlechte Lage.
»Er hat sich die Pfaffen gekauft!«, stieß er wütend hervor. »Und für dreihundert Mark Silber kommen sie gern, diese raffgierigen alten Männer!«
»Sie werden kommen, und sie werden das Silber einstreichen«, bestätigte Elmar. »Dieser Plan ist fein gesponnen: Euer Bruder steht nun vor den frommen Brüdern als der edle Sohn da, der jenen letzten Willen seines Vaters ausführen lässt, den Ihr angeblich vereitelt habt – wobei natürlich unbestritten ist, dass das Kloster keinerlei Anspruch auf die dreitausend Mark Silber hatte«, beeilte er sich hinzuzufügen.
Es existierte keine Schenkungsurkunde, kein Dokument über diese gewaltige Summe, was Albrecht zum Anlass genommen hatte, sie sich zurückzuholen. Dass Gott ihn nicht mit einem Blitzstrahl niederstreckte, als er die Barren vom Altar nahm, war für alle Welt der Beweis der Rechtmäßigkeit seines Handelns.
Und jetzt griff sein Bruder diese alte Angelegenheit wieder auf, die sich doch zugetragen hatte, während er im Heiligen Land weilte, und machte sie sich zunutze! Wie Elmar es sagte: Er hatte mit dem versprochenen Silber die Bischöfe auf seine Seite gezogen.
Sie hatten den Jüngeren sträflich unterschätzt.
»Und wo soll das Ganze stattfinden? Im Dom zu Merseburg?«, murrte Albrecht. Seine Gedanken kreisten, um einen Ausweg, eine Hintertür zu finden.
»Nein, in Sankt
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