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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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hinaus. Wie er mit dem verlogenen Sterndeuter abrechnen würde, darüber wollte er vorerst lieber allein nachdenken.

Friedensschwur
    S ankt Nikolai von Weißenfels war viel zu klein, um all die Menschen aufzunehmen, die den Friedensschluss zwischen den verfeindeten wettinischen Brüdern miterleben wollten – oder, aus Sicht der geplagten Leute aus dem Ort und seiner Umgebung: wie der stolze Markgraf von Meißen Buße leisten musste für seinen heimtückischen Überfall und Graf Dietrich seinen Sieg über den Angreifer feierte. Dass sogar zwei Bischöfe in ihren Ort gekommen waren, verlieh diesem Tag noch mehr Glanz und würde lange für Gesprächsstoff sorgen.
    Die Kirche war bis in den letzten Winkel gefüllt mit dem Gefolge der Bischöfe, den Rittern Graf Dietrichs und den thüringischen Rittern als Eideszeugen.
    Die Bauern, Knechte und Mägde warteten dicht gedrängt vor der Kirchentür und ließen sich über die Reihen hinweg genau berichten, was im Innern des Gotteshauses vor sich ging.
    Dietrich und sein Bruder standen sich vor dem Altar gegenüber, Bischof Eberhard von Seeburg sprach gerade mahnende Worte über die Notwendigkeit, Frieden zu wahren. Dittrich von Kittlitz neben ihm hielt das vergoldete Kreuz, auf das Albrecht seinen Friedensschwur ablegen sollte.
    Beide Bischöfe waren gemeinsam hier eingetroffen, von Dietrich ehrenvoll empfangen, bewirtet und danach zur Kirche geleitet worden. Auf dem Weg hierher sahen die Geistlichen und ihr Gefolge die Spuren der Verwüstung, die Albrechts Männer hinterlassen hatten, die niedergebrannten Häuser und zerstörten Obsthaine. Aber sie sahen auch, dass die Bewohner bereits mit dem Wiederaufbau begonnen hatten. Vom Klemmberg her erschollen kräftige Axthiebe, es roch nach frisch geschlagenem Holz, und in mehreren Gassen waren Gruppen von Männern damit beschäftigt, verkohlte Balken auseinanderzureißen und beiseitezuräumen, um sie durch neue zu ersetzen. Frauen flochten Schilf oder schleppten Eimer voll Lehm für die Fachen der Wände herbei.
    Das Wissen, auf diese Art doppelt vorgeführt zu werden, erfüllte Albrecht mit so viel Grimm, dass er sich beinahe wünschte, die unvermeidliche Zeremonie fände doch im Dom zu Merseburg statt. Dort allerdings würde sich jedermann sofort daran erinnern, wie er sich vor zwei Jahren beim Hoftag auf Geheiß des Königs mit seinem Vater versöhnen musste, nachdem er ihn gefangen gesetzt hatte, um das Erbe an sich zu reißen. Nun auch noch Krieg gegen den eigenen Bruder geführt – und, das Schlimmste daran: verloren – zu haben, würde ihn zum unverbesserlichen Störer des Friedens machen. Wenngleich er Wert darauf legte, dass die Leute ihn fürchteten, so war es dennoch unklug, sich dafür die Verletzung von Recht und Gesetz vorwerfen lassen zu müssen.
    Also würde er das hier nach Elmars Rat erdulden, so wie er vor zwei Jahren die befohlene Versöhnung mit seinem Vater heucheln musste. Er und Otto hatten sich ein paar ausgefeilte Bosheiten zugeraunt, während der versammelte Hofstaat sie beobachtete. Und letzten Endes hatte er gesiegt. Ein paar Wochen später lag sein Vater auf dem Sterbebett, und jetzt war
er
der Markgraf von Meißen.
    Genau so würde er mit etwas Geduld über seinen Bruder und den Thüringer triumphieren. Die Saat war gelegt. Elmar machte in dieser Hinsicht nie leere Worte.
    Und immerhin: Einen Friedenskuss würde heute niemand von ihm verlangen. Allein das war ihm beinahe schon die tausend Mark Silber wert.
    Albrecht mied den Blick zu seinem Bruder, um seinen Hass nicht zu verraten. Neben Dietrich standen dessen hagerer Burgkommandant und dieser thüringische Marschall von Eckartsberga, direkt hinter ihnen Christians Sohn. Ihrer aller Tage waren gezählt, auch wenn sie es noch nicht ahnten.
    Nach Kräften beherrscht, trat der Markgraf von Meißen vor, legte die Schwurhand auf das mit Edelsteinen geschmückte Kreuz und wiederholte die Worte, die der Merseburger Bischof ihm vorsprach: »… schwöre ich im Angesicht Gottes, nie wieder Fehde zu führen gegen meinen Bruder und dessen Gefolgsleute.«
    Hermann von Thüringen war nicht Dietrichs Gefolgsmann. Wenn es ihm gelang, den Landgrafen vor dem Kaiser des Hochverrats anzuklagen, würde der Thüringer seinen künftigen Schwiegersohn mit in den Abgrund reißen.
    Und sobald er erst die Demütigungen des heutigen Tages überstanden hatte, würde er mit einem so gnadenlosen Strafgericht über all jene hereinbrechen, die ihn in diese Lage gebracht

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