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Der Traum des Kelten

Der Traum des Kelten

Titel: Der Traum des Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vargas Mario LLosa
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was außerdem das Absurdeste dabei wäre? Man würde Sie mit den Giftpfeilen aus den Blasrohren der Boras und Huitotos umbringen, für die Sie sich einsetzen. Nein, bitte, seien Sie vernünftig. Es wäre glatter Selbstmord.«
    Präfekt Gamarra suchte ihn im Hotel Amazonas auf, als er von Rogers Reiseplänen erfuhr. Gamarra schien sehr beunruhigt und lud ihn auf ein Bier ein, in eine Bar mit brasilianischerMusik. Es war das erste Mal, dass Roger den Eindruck hatte, der Funktionär spreche aufrichtig zu ihm.
    »Ich bitte Sie, Señor Casement, was Sie vorhaben, ist Wahnsinn«, sagte er und blickte ihm fest in die Augen. »Ich könnte Ihren Schutz nicht mehr garantieren. Es tut mir leid, aber so ist es. Ich möchte nicht Ihre Leiche in meiner Dienstakte verzeichnet haben. Es wäre das Ende meiner Karriere. Ich sage Ihnen das ganz offen: Sie würden gar nicht bis nach Putumayo kommen. Nur mit großer Mühe konnte ich verhindern, dass Ihnen hier jemand an die Gurgel geht. Was nicht leicht war, das kann ich Ihnen versichern. Ich musste diejenigen, die in dieser Stadt das Sagen haben, lange bitten und ihnen drohen. Aber mein Einfluss endet an den Stadtgrenzen. Fahren Sie nicht nach Putumayo. Ihnen und mir zuliebe. Seien Sie so gut und ruinieren Sie nicht meine Zukunft. Das sage ich Ihnen in aller Freundschaft, wirklich.«
    Doch was Roger schließlich tatsächlich von der Reise abbrachte, war ein unverhoffter nächtlicher Besuch. Eines Abends, er lag bereits im Bett und war beinahe eingeschlafen, klopfte der Nachtportier an seine Tür. Ein Herr wolle zu ihm, es sei sehr dringend. Er zog sich an, ging hinunter und erblickte Juan Tizón. Roger hatte seit ihrer Reise nach Putumayo nichts mehr von ihm gehört. Tizón war nur noch ein Schatten des selbstsicheren Mannes und leitenden Angestellten, an den Roger sich erinnerte. Er wirkte gealtert, erschöpft und vor allem gebrochen.
    Sie machten sich auf die Suche nach einem ruhigen Ort, ein aussichtsloses Unterfangen in der lärmenden Nacht von Iquitos, wo man überall umgeben war von Saufgelagen, Spielhöllen und Prostituierten. Sie begnügten sich schließlich mit einer Ecke im Pim Pam , einer Bar, wo sie zunächst zwei brasilianische Mulattinnen abwimmeln mussten, die sie auf die Tanzfläche ziehen wollten.
    Nachdem sie zwei Bier bestellt hatten, ergriff Juan Tizón das Wort, so vornehm und gewählt wie ehedem, und allem Anschein nach vollkommen offenherzig.
    »Nichts von dem, was das Unternehmen angekündigt hat, ist geschehen, trotz allem, was wir im Vorstand auf Präsident Leguías Bitte hin beschlossen haben. Als ich meinen Bericht vorgelegt habe, waren alle, sogar Pablo Zumaeta und die übrigen Brüder und Schwäger Aranas mit mir einig, dass in den Stationen radikale Verbesserungen stattfinden müssten. Um Probleme mit der Justiz zu vermeiden, aber auch aus moralischen Gründen und christlicher Pflicht. Alles leere Worte. Es geschah nichts, und es wird nichts geschehen.«
    Er erzählte ihm, das Unternehmen habe in Putumayo nicht nur Anordnungen gegeben, die Angestellten sollten vorsichtiger agieren und die Spuren früherer Übergriffe beseitigen – die Leichen zum Beispiel –, sondern außerdem denen zur Flucht verhelfen, die in dem Bericht, den London der peruanischen Regierung übermittelt hatte, als Hauptverdächtige genannt wurden. Das ausbeuterische System des Kautschuksammelns funktioniere genauso wie früher.
    »Ich habe sofort gemerkt, dass sich in Iquitos nichts verändert hat«, nickte Roger. »Und was ist mit Ihnen, Don Juan?«
    »Ich kehre nächste Woche nach Lima zurück, und ich glaube nicht, dass ich jemals wieder einen Fuß in diese Gegend setze. Bei der Peruvian Amazon Company konnte ich nicht länger bleiben. Ich habe es vorgezogen, zu kündigen, ehe mir gekündigt wird. Man wird meine Aktien zurückkaufen, allerdings zu einem miserablen Preis. Trotzdem bedauere ich meinen Schritt nicht, auch wenn ich zehn Jahre meines Lebens in Aranas Diensten vergeudet habe. In Lima werde ich mich um andere Dinge zu kümmern haben. Jetzt muss ich ganz von vorne anfangen, aber es geht mir so besser. Nach allem, was wir in Putumayo gesehen haben, fühlte ich mich mitschuldig an dem, was das Unternehmen getan hat. Ich habe mich mit meiner Frau beraten, sie unterstützt mich.«
    Ihr Gespräch dauerte beinahe eine Stunde. Auch Juan Tizón riet Roger entschieden davon ab, nach Putumayo zu fahren. Er werde rein gar nichts erreichen, außer vielleicht umgebracht zu werden,

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