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Der Traum des Kelten

Der Traum des Kelten

Titel: Der Traum des Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vargas Mario LLosa
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mehr darüber. Doch von Zeit zu Zeit dachte Roger an diese Unterredung, und es stellte sich ihm die Frage, ob sein Wunsch, in den Schoß der Kirche seiner Mutter zurückzukehren, rein war oder von seinen gegenwärtigen Umständen befleckt. Hatten nicht vielleicht doch politische Gründe zu diesem Entschluss beigetragen? Um seine Solidarität mit den irischen Katholiken zu demonstrieren, die für die Unabhängigkeit waren, und seine Uneinigkeit mit der hauptsächlich protestantischen Minderheit, die weiterhin Teil Großbritanniens bleiben wollte? Welchen Wert besaß in den Augen Gottes ein Übertritt, der im Grunde nicht spiritueller Natur war, sondern der Sehnsucht entsprang, einer Gemeinschaft anzugehören, Mitglied einergroßen Sippe zu sein? Für Gott käme ein solches Konvertieren vielleicht dem Armrudern eines Ertrinkenden gleich.
    »Was jetzt wirklich zählt, Roger, sind weder Kardinal Bourne noch ich, noch die englischen oder irischen Katholiken«, sagte Pater Carey. »Was jetzt zählt, sind nur Sie. Ihre Wiederbegegnung mit Gott. Darin liegt die Kraft, die Wahrheit, der Frieden, den Sie nach einem so ereignisreichen Leben verdient haben, in dem Sie so viele Prüfungen zu bestehen hatten.«
    »Ja, Pater Carey, ich weiß«, sagte Roger niedergeschlagen. »Aber eben das ist es ja. Ich bemühe mich, ich versichere es Ihnen. Ich versuche, mich an ihn zu wenden, von ihm erhört zu werden. Manchmal, sehr selten, habe ich das Gefühl, als wäre es mir gelungen. Dann verspüre ich endlich ein wenig Frieden, eine unglaubliche Gelassenheit. Wie in manchen Vollmondnächten damals in Afrika, wenn ich unter dem Sternenhimmel saß und kein Lüftchen ging und ringsum die Insekten zirpten. Dann war bisweilen alles so schön und friedlich, dass mir der Gedanke kam: ›Gott existiert. Wie könnte ich im Angesicht dieser Natur an seiner Existenz zweifeln?‹ Aber dann wieder, meistens, sehe ich ihn nicht, Pater Carey, antwortet er mir nicht, erhört er mich nicht. Und ich fühle mich sehr allein. Den größten Teil meines Lebens habe ich mich sehr allein gefühlt. Und jetzt erst recht. Doch von Gott allein gelassen zu werden ist noch viel schlimmer. Dann sage ich mir: ›Gott erhört mich nicht und wird mich nicht erhören. Ich werde so einsam sterben, wie ich gelebt habe.‹ Tag und Nacht quält mich das, Pater.«
    »Er ist hier, Roger. Er hört Sie. Er weiß, was Sie fühlen. Dass Sie ihn brauchen. Er wird Sie nicht im Stich lassen. Wenn ich Ihnen etwas garantieren, mit absoluter Sicherheit sagen kann, dann, dass Gott Sie nicht im Stich lassen wird.«
    Im Dunkeln auf seiner Pritsche liegend, dachte Roger, dass Pater Carey sich einer mindestens ebenso heldenhaften Aufgabe verschrieben hatte wie die Rebellen auf ihren Barrikaden: den verzweifelten, gebrochenen Menschen, die Jahre in Gefängniszellenzubringen oder aufs Schafott geschickt werden, Trost und Frieden zu spenden. Eine schreckliche Pflicht, die ihn, vor allem als jungen Geistlichen, sicherlich oft der Verzweiflung nahegebracht hatte. Doch nichts davon merkte man ihm an. Er wirkte stets ruhig, und seine verständnisvolle Art und seine Loyalität taten wohl. Gelegentlich hatten sie auch über den Aufstand geredet.
    »Was hätten Sie getan, Pater Carey, wenn Sie in jenen Tagen in Dublin gewesen wären?«
    »Denen, die danach verlangt hätten, geistlichen Beistand gespendet, wie all die anderen Priester dort.«
    Er fügte hinzu, dass man dafür nicht mit der Überzeugung der Rebellen übereinstimmen müsse, Irlands Freiheit ließe sich einzig mit Waffen erkämpfen. Pater Carey lehnte jede Form der Gewalt strikt ab, doch er hätte Beichten abgenommen, die heilige Kommunion abgehalten, für diejenigen gebetet, deren Wunsch es gewesen wäre, und den Krankenschwestern und Ärzten geholfen. Wie etliche Geistliche und Nonnen, die von der Kirchenspitze darin bestärkt worden seien. Die Hirten müssten bei ihrer Herde bleiben, nicht wahr?
    Er hatte recht, doch das änderte nichts daran, dass die Vorstellung von Gott den begrenzten menschlichen Verstand überforderte. Mit Herbert Ward hatte Roger oft darüber diskutiert. »Was Gott betrifft, so muss man glauben, der Verstand kann dabei nichts ausrichten«, war Herberts Meinung. »Wenn du versuchst, Gott zu denken, verflüchtigt er sich wie eine Rauchwolke.«
    Roger hatte sein Leben lang zwischen Glauben und Zweifel geschwankt. Nicht einmal jetzt, an der Schwelle zum Tode, war er in der Lage, sich Gott mit dem gelösten Glauben

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