Der Traum des Kelten
nationalistischen Kreisen, die Fäden zog. Clarke hatte wegen terroristischer Sprengstoffanschläge fünfzehn Jahre in britischen Gefängnissen gesessen. Danach ging er ins Exil in die Vereinigten Staaten, von wo aus ihn die Anführer von Clan na Gael , des amerikanischen Zweiges der Irish Republican Brotherhood , schließlich zurück nach Dublin schickten, um ihn dort mit Hilfe seines organisatorischen Geschicks ein Untergrundnetz aufbauen zu lassen. Und das hatte der inzwischen Zweiundfünfzigjährige getan, mit eisernem Willen und unermüdlicher Kraft. Seine wahre Identität war dabei vom britischen Geheimdienst nicht aufgedeckt worden. Beide Organisationen, denen viele Mitglieder parallel angehörten, sollten eine enge Zusammenarbeit eingehen, die sich in der Praxis allerdings nicht immer als konfliktfrei erwies. Auch Mitglieder der Gälischen Liga, der unter Arthur Griffith neu gegründeten Sinn Féin , der katholischen Gesellschaft Ancient Order of Hibernians und Tausende Privatpersonen schlossen sich den Volunteers an.
Bewegt hörte Roger zu, als am 25. November 1913 in der Rotunda in Dublin das Gründungsmanifest verlesen wurde.Die Volunteers waren von Anfang an, wie MacNeill und Roger es angeregt hatten, eine militärische Bewegung, die landesweit Mitglieder rekrutieren, ausbilden und bewaffnen und in Trupps, Kompanien und Regimenter aufteilen sollte, für den Fall, dass es zu einer bewaffneten Aktion kommen würde, was angesichts der explosiven politischen Lage jederzeit möglich schien.
Roger arbeitete voller Enthusiasmus für die Volunteers und freundete sich mit deren Anführern an, darunter viele Dichter und Schriftsteller wie der Theaterautor und Universitätsdozent Thomas MacDonagh und der junge Joseph Plunkett, der trotz eines Lungenleidens und einer leichten körperlichen Behinderung außergewöhnlich engagiert arbeitete; er war ein ebenso überzeugter Katholik wie Pearse, las mit Vorliebe die Mystiker und war Mitbegründer des Abbey Theatre.
Rogers Einsatz für die Volunteers nahm ihn zwischen November 1913 und Juli 1914 rund um die Uhr in Anspruch. Täglich sprach er auf Versammlungen, in Städten wie Dublin, Belfast, Cork, Londonderry, Galway und Limerick vor Hunderten von Menschen oder in Dörfern vor kaum einer Handvoll Personen. Seine Reden begannen stets sehr bedacht (»Ich bin ein Protestant aus Ulster, der sich für die Selbstverwaltung und Befreiung Irlands vom englischen Kolonialjoch einsetzt«), doch je länger er sprach, desto überschwänglicher wurden seine Worte. Für gewöhnlich gab es donnernden Applaus.
Parallel war er in die strategischen Planungen der Volunteers eingebunden. Er gehörte zu denen, die betonten, dass die Unabhängigkeit nur mit Waffengewalt zu erreichen sei. Doch die Bewaffnung war eine kostspielige Angelegenheit, deshalb war es vonnöten, alle freiheitsliebenden Iren dazu zu bewegen, den Volunteers großzügige Spenden zukommen zu lassen.
So entstand die Idee, Roger in die USA zu schicken. Die irischen Gemeinschaften dort verfügten über große Geldmittel, und eine entsprechende Sensibilisierung würde die Spendenbereitschaftsicherlich noch vergrößern. Und wer eignete sich für eine solche Mission besser als der bekannteste Ire der Welt? Die Volunteers konsultierten John Devoy, Anführer der mächtigen amerikanischen Organisation Clan na Gael , die sich aus einer beträchtlichen Anzahl irischer Nationalisten zusammensetzte. Der in Kill in der irischen Grafschaft Kildare geborene Devoy hatte sich von Jugend an im Untergrund engagiert und war wegen Terrorismus zu fünfzehn Jahren Gefängnis verurteilt worden, von denen er allerdings nur fünf abgesessen hatte. Darauf hatte er sich bei der Fremdenlegion in Algerien verpflichtet. 1903 hatte er in den Vereinigten Staaten schließlich die Zeitung The Gaelic American gegründet, und inzwischen pflegte er enge Beziehungen zu Angehörigen des amerikanischen Establishments, so dass Clan na Gael über einigen politischen Einfluss verfügte.
Während John Devoy den Vorschlag prüfte, bemühte Roger sich weiter, die Volunteers bekannt zu machen und zu militarisieren. Er freundete sich mit Oberst Maurice Moore an, dem General-Truppeninspektor der Volunteers , mit dem er über die Insel reiste, um sich einen Eindruck zu verschaffen, wie die Ausbildung voranging und ob die Waffenverstecke sicher waren. Auf Betreiben von Oberst Moore wurde Roger in den Generalstab der Organisation aufgenommen.
Mehrmals wurde Roger nach
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