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Der Traum des Kelten

Der Traum des Kelten

Titel: Der Traum des Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vargas Mario LLosa
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der Admiralität, dann von den Leitern des britischen Geheimdienstes und schließlich von Scotland Yard unterzogen wurde, nie erwähnt worden. Der Auftritt Baileys als Zeuge der Staatsanwaltschaft während des Prozesses wegen Landesverrats war ein schwerer Schlag gewesen. In Baileys verlogener Aussage fiel Monteiths Name nicht ein einziges Mal. War er noch auf freiem Fuß, oder hatte man ihn getötet? Roger betete, dass der Hauptmann wohlbehalten irgendwo in Irland versteckt sein mochte. Oder hatte er an dem Osteraufstandteilgenommen und war wie so viele namenlose Iren bei diesem ebenso heroischen wie wahnwitzigen Unternehmen umgekommen? Das konnte gut sein. Möglicherweise hatte er, neben dem von ihm so bewunderten Tom Clarke, das Hauptpostamt von Dublin verteidigt, bis eine feindliche Kugel seinem vorbildlichen Leben ein Ende gesetzt hatte.
    Doch letztlich hatte er selbst sich auf ein nicht minder wahnwitzges Vorhaben eingelassen. War nicht sein Glaube illusorisch gewesen, er allein könnte, soeben aus Deutschland in Irland eingetroffen, mit pragmatischen, vernünftigen Argumenten den heimlich vom Militärrat der Irish Volunteers  – Tom Clarke, Sean McDermott, Patrick Pearse, Joseph Plunkett und anderen – geplanten Osteraufstand aufhalten, von dem nicht einmal der Präsident der Volunteers , Professor Eoin MacNeill wusste? ›Weder Mystiker noch Märtyrer lassen sich durch Vernunft überzeugen‹, dachte Roger. Er hatte an langen, hitzigen Debatten im Kreis der Volunteers teilgenommen, in denen er die Meinung vertrat, eine bewaffnete Aktion der irischen Nationalisten gegen Großbritannien könne einzig von Erfolg gekrönt sein, wenn sie mit einem deutschen Militärangriff zusammenfiele, der große Teile der britischen Armee beanspruchen würde. Auch in Berlin hatte er stundenlang mit dem jungen Plunkett darüber diskutiert, ohne dass sie sich einig wurden. Hatten die Irish Republican Brotherhood und die Volunteers deshalb, weil die Verantwortlichen des Militärrats diese Überzeugung nicht mit ihm teilten, die Pläne des Aufstands bis zur letzten Sekunde vor ihm geheim gehalten? Als die Information endlich Berlin erreicht hatte, wusste Roger bereits, dass die deutsche Heeresleitung eine Seeoffensive gegen England ausgeschlossen hatte. Als die Deutschen schließlich einwilligten, die Aufständischen mit Waffen zu unterstützen, setzte er alles daran, die Lieferung selbst nach Irland zu begleiten, insgeheim mit dem Vorsatz, die Anführer davon zu überzeugen, dass eine Erhebung ohne gleichzeitigen deutschen Angriff ein nutzloses Opfer bedeuten würde. Darin hatte er sich nicht getäuscht. Nach allem,was ihm seit dem Prozess zu Ohren gekommen war, war der Aufstand zwar in der Tat heldenhaft gewesen, hatte aber den Tod der kühnsten Anführer der Irish Revolutionary Brotherhood und der Volunteers und die Verhaftung Hunderter Revolutionäre zur Folge gehabt. Die Repressionen würden nun kein Ende nehmen. Die Aussichten auf eine irische Unabhängigkeit waren schlechter denn je. Wie traurig die Geschichte doch war!
    Er hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Ein weiterer Irrtum hatte darin bestanden, so viel Hoffnung in Deutschland gesetzt zu haben. Er erinnerte sich an die letzte Begegnung mit Herbert Ward in Paris. Sein bester Freund aus afrikanischen Tagen, als sie beide noch jung und abenteuerlustig gewesen waren, misstraute allen Formen des Nationalismus. Er war einer der wenigen kultivierten, sensiblen Europäer in Afrika gewesen, und Roger hatte viel von ihm gelernt. Sie hatten einander Bücher geliehen und sich über Literatur, Musik, Malerei, Dichtung und Politik unterhalten. Herbert hatte schon damals davon geträumt, nur noch als Künstler zu arbeiten, und hatte jede freie Minute den Skulpturen gewidmet, die er nach afrikanischem Vorbild aus Holz und Lehm anfertigte. Beide hatten sie die Verbrechen des Kolonialismus hart kritisiert, und als Roger zu einer Person des öffentlichen Lebens und wegen seines Kongo-Berichts Opfer zahlreicher Angriffe wurde, waren Herbert und dessen Frau Sarita, die inzwischen in Paris lebten, wo Herbert zu einem anerkannten Bildhauer vor allem von wiederum afrikanisch inspirierten Bronzeskulpturen geworden war, seine vehementesten Verteidiger gewesen. Ebenso nach seinem Bericht über Putumayo, in dem er die Verbrechen der Kautschukunternehmer gegen die Eingeborenen aufdeckte und damit einen weiteren Skandal, auch um seine Person, entfachte. Herbert hatte anfangs sogar Sympathie

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