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Der Traum des Satyrs

Der Traum des Satyrs

Titel: Der Traum des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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müssen, Bruder, damit wir weiterkönnen.«
    Als sie sich der Garde näherten, traten drei Männer und eine Frau vor und kamen auf sie zu. Vincent ließ sich auf einer der Bänke nieder und gestattete ihnen, seine Stiefel auszuziehen. Auf ihre Aufforderung hin stand er auf und hob die Arme, um sich abtasten zu lassen. Mit einem ärgerlichen Schnauben tat Julius es ihm gleich. Finger fuhren durch ihre Haare und durchwühlten ihre Taschen und Stiefel, vermutlich auf der Suche nach Waffen und anderen verbotenen Gegenständen.
    Vincent schenkte den Händen an seinem Körper keinerlei Aufmerksamkeit, sondern fuhr fort, die Informationen zu überfliegen, die Julius in tagelanger Arbeit recherchiert, zusammengetragen und zu Papier gebracht hatte.
    Doch plötzlich glitt eine Hand zwischen seine Beine, und überrascht packte er fest den Arm, der zu dieser Hand gehörte. Sein Blick traf auf den der einzigen weiblichen Wache.
    »Was ist los?«, rief einer der anderen Wächter ihr zu. »Schwierigkeiten?«
    »Eine verdächtige Ausbeulung.«
    Der Mann lachte. »Wahrscheinlich hat er sich die Hosen ausgestopft, um die Damen zu beeindrucken.«
    »Ich bin nicht beeindruckt«, entgegnete sie mit unbewegter Miene.
    Die beiden hatten in einem Dialekt der Anderwelt gesprochen, in der offensichtlichen – und irrigen – Annahme, Vincent würde sie nicht verstehen.
    Der Bewahrer kam näher und versuchte, die Wogen zu glätten. »Während der Verhandlungen werden umfassende Durchsuchungen unvermeidlich sein«, erklärte er in dem Versuch, Vincent zu beschwichtigen.
    »Ich habe nichts zu verbergen.« Vincent gab den Arm der weiblichen Wache frei. Ihre Hand machte sich am Verschluss zu schaffen, tauchte dann vorn in seine Hose ein und tastete ungezwungen an ihm herum. Bei dem, was sie dort entdeckte, zuckte ihr Blick nach oben, und ihre Augen weiteten sich.
    Lächelnd sah er sie an und zog die Augenbrauen hoch. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er ein Mitglied der Anderwelt-Garde erröten sah.
    »Geht das auch etwas schneller?«, beschwerte Julius sich hinter ihm. Vermutlich wurde er gerade auf die gleiche Weise überprüft, und vermutlich war ihm das mehr als unangenehm, da er weniger freizügig in seinem Wesen war als Vincent und seine anderen Brüder.
    Die Frau zog ihre Hand weg und nickte dem anderen Wächter zu: »Da ist nur er drin.«
    Daraufhin riss der Mann staunend den Mund auf und stieß einen seiner Kameraden an. Er flüsterte ihm etwas zu, wodurch eine leichte Unruhe entstand, die erst langsam, dann immer schneller durch die Reihen lief. Offenbar verbreitete sein Ruf sich soeben auch in dieser Welt.
    Die Durchsuchung war beendet, also richteten Vincent und sein Bruder ihre Kleidung und setzten ihren Weg in Begleitung des Bewahrers fort.
    »Ich hoffe, du hattest gerade eben deinen Spaß«, meinte Julius, sobald sie außer Hörweite waren.
    Vincent lächelte. »Unsere Reise zu diesen Verhandlungen bietet nun einmal nicht viele schöne Aspekte. Gestatte mir also, die wenigen zu genießen, die uns begegnen.«
    Sie überquerten eine Grenzmarkierung, wo sich ein zweiter Bewahrer zu ihnen gesellte. Die beiden alten Männer legten ihre Handflächen gegeneinander und murmelten sich einen flüchtigen Gruß zu. Daraufhin blieb der erste Bewahrer zurück und überließ es dem anderen, die Brüder weiterzugeleiten, ohne dass sie alle dabei ihren Schritt verlangsamten.
    Ihr neuer Begleiter führte sie durch eine verwüstete Landschaft. Ein vorübergehender Waffenstillstand war ausgerufen worden, und das Feuer der Geschütze war verstummt. Doch selbst hier in dieser Stadt, die der Erdenwelt am nächsten lag und vergleichsweise unbeschädigt geblieben war, war das Ausmaß der Zerstörungen offenkundig.
    »Was ist das denn?«, fragte Vincent und wies mit der Hand auf ein Gebäude, das – hoch auf einem Fels und hellerleuchtet in der Dunkelheit – vor ihnen lag. Es war nicht übermäßig groß, aber aus edlem Marmor errichtet, auf dem in aufwendigen Reliefs Figuren der in der Anderwelt heimischen Flora und Fauna abgebildet waren. Hohe von Fackeln erleuchtete Türme standen an jeder der vier Ecken des Gebäudes, und in jedem der Türme waren zwei bewaffnete Wachen postiert.
    »Es wurde extra für diese neuen Gesprächsrunden errichtet, zu Ehren der Vertragsverhandlungen«, erklärte der Bewahrer stockend in gebrochenem Italienisch, während er sich bemühte, den langen Schritten der beiden Brüder zu folgen.
    Verblüfft angesichts

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