Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Traum des Satyrs

Der Traum des Satyrs

Titel: Der Traum des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
Vom Netzwerk:
Kleidungsstücke, die sie hielt, fielen achtlos zu Boden, und Emma rannte entsetzt los. War etwas mit Rose? Düstere Märchen über Todesfeen und Gestaltwandler rasten durch ihren Verstand.
    Sie hastete ihrer Begleiterin voraus und stürzte ins Kinderzimmer. Drei der nächtlichen Bediensteten – Waldgeschöpfe – standen um das Kinderbettchen.
    Sie traten zurück, um Emma Platz zu machen, als sie näher kam. Bei dem Anblick, der sich ihr bot, legte sie sich eine Hand auf die Brust, um das Klopfen ihres Herzens zu mildern. Zu ihrer grenzenlosen Erleichterung lag Rose noch immer sicher inmitten ihrer Decken.
    »Warum musstet ihr mich so erschrecken?«, wollte sie wissen und fuhr mit ihrer Hand sanft über die kleine Gestalt ihrer Tochter. »Es scheint ihr gutzugehen.«
    Rose hatte die kleinen Fäustchen fest gegen ihre Brust gedrückt. Die Hamadryade, die Emma auf dem Dachboden gefunden hatte, griff nach einem der Händchen und streckte vorsichtig die Fingerchen des Babys aus.
    Als die kleine Hand sich öffnete, konnte Emma etwas darin schimmern sehen. Mit gerunzelter Stirn ergriff sie sie und drehte die Handfläche näher zum Kerzenlicht hin. Sie war silbern!
    Sie rieb mit dem Daumen über die glänzende Oberfläche. »Was ist das? Ihre Hand sieht aus, als sei sie angemalt!«
    Die Nachtdiener wirkten alle besorgt und unschuldig. Sie liebten Rose und konnten das kaum getan haben. Doch wer sonst sollte so etwas tun?
    Emma eilte zur Waschschüssel und tauchte den Zipfel eines Leinentuchs in das kühle Wasser. Dann ging sie zurück zum Bettchen und rieb damit über Roses Handfläche. Aber alles, was sie damit bewirkte, war, dass der Silberglanz noch stärker wurde, wie poliert.
    Emma versuchte es noch einmal, etwas stärker. Doch der Schimmer blieb.
    Und plötzlich fiel ihr etwas Seltsames auf: Ihre Tochter reagierte nicht auf diese Behandlung.
    »Rose?«
    Keine Reaktion.
    Emma nahm die Pausbäckchen des Mädchens in beide Hände und rief laut: »Rosetta!«
    Roses Lider flatterten müde, und als sie sich schließlich widerwillig öffneten, schnappte Emma nach Luft. Die Augen ihrer Tochter, normalerweise hellgrau, hatten dieselbe Farbe wie ihre Handfläche angenommen.
    Silber.
    Wie bei Dominic.
    Diese Veränderungen – diese Krankheit ihrer Tochter – hatten etwas mit ihm zu tun. Mit ihrer gemeinsamen Zeit in der Nacht, in der Rose geboren worden war. Oder vielleicht hatten Emmas erotische Träume von Dominic letzte Nacht das hier ausgelöst. Sie kannte den Grund dafür nicht, und es war ihr auch egal. Sie wollte nur, dass es ihrer Tochter wieder gutging.
    Sie nahm Rose mitsamt ihrer Decke in die Arme und wandte sich zur Tür.
    »Signora?«, fragte eine der Bediensteten vorsichtig.
    »Ich suche Hilfe«, rief Emma über die Schulter. »Bei meiner Schwester und ihrem Mann. Sollte jemand von meiner Familie aus irgendeinem Grund hierherkommen, während ich fort bin, dann berichtet, was geschehen ist und wo ich zu finden bin!«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, rannte sie die Treppe hinab und riss die Haustür auf, flog förmlich über den Hof und nahm den vom Mondlicht beleuchteten Pfad, der zum
castello
von Nicholas und Jane führte.
    Wahrscheinlich hatten sie sich mit Einsetzen der Abenddämmerung bereits in der Klamm versammelt, doch von Zeit zu Zeit begingen sie das Ritual der Rufnacht auch in ihrem Haus. Da es der kürzeste Weg war, versuchte Emma es hier zuerst.
    Zehn Minuten später stürzte sie schwer atmend in das Haus ihrer Schwester. Sie rannte an dem überraschten Majordomus vorbei über den Marmorfußboden der weitläufigen Eingangshalle und rief vom Fuße der Treppe nach ihnen.
    »Jane! Nicholas!« Ihre Rufe hallten durch das
castello.
Sie rannte vom
salotto
zum Arbeitszimmer und weiter zur Bibliothek, doch sie fand niemanden. Währenddessen versammelten sich weitere Nachtdiener, die sie gehört hatten, in der Eingangshalle.
    »Sind sie hier?«, wollte Emma von ihnen wissen.
    Die Hamadryaden schüttelten unisono den Kopf.
    »Wo dann? In der Klamm?« Ruhiges gleichzeitiges Nicken war die Antwort, doch Emma befand sich schon auf dem Weg zum Hintereingang. »Wenn sie zurückkommen, sagt ihnen, dass meine Tochter krank ist. Sagt ihnen, sie sollen mich in der Klamm treffen!«
    Sie verließ das Haus durch die Küchentür und lief über den Mosaikboden des Gartens hinter dem Haus auf den Pfad, von dem sie hoffte, er würde sie zu Jane und Nicholas bringen. Der Wald vor ihr erschien ihr wie eine dunkle abweisende

Weitere Kostenlose Bücher