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Der Traum des Satyrs

Der Traum des Satyrs

Titel: Der Traum des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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Mauer aus Tannen, Zedern und Eichen.
    Während sie sich ihren Weg durch den Wald bahnte, lief sie langsamer, als sie eigentlich wollte, aus Furcht, sie könnte ihre Tochter fallen lassen. Der mitleidlose Mond drang nicht durch den Schirm aus Baumkronen, so dass ihr Weg immer dunkler und unsicherer wurde.
    Bei jedem Schritt kämpfte sie gegen lange belaubte Zweige an, die sich in ihren Haaren und ihrem Rock verfingen. Früher am Tag hatte es geregnet, und jetzt war der Weg rutschig, so dass sie einige Male beinahe das Gleichgewicht verlor. Schließlich blieb sie mitten auf dem Pfad stehen, völlig erschöpft und ratlos.
    Die Klamm. Wo war sie nur? Sie war nur ein Mal als Kind mit Jane dort gewesen, das war Jahre her. Besondere Kräfte schützten die Klamm, ebenso wie das Portal. Führten ebendiese Kräfte sie nun in die Irre?
    »Jane! Jane! Nicholas!« Da stand sie nun in dem unheimlichen Halbdunkel und rief verzweifelt nach den anderen, doch sie erhielt keine Antwort. Der Mond würde die drei Herren von Satyr in seinem Bann halten, und sie wiederum würden ihre Frauen bis zum Sonnenaufgang an sich binden. Das Rufritual hatte sie wahrscheinlich taub für ihre Hilferufe gemacht.
    Ein Zedernzweig bewegte sich flüchtig, und für einen kurzen Augenblick fiel das Mondlicht auf Roses Gesicht. Ihre Züge hatten eine bleiche Färbung angenommen. Ihre Bewegungen waren abrupt und unkoordiniert. Krämpfe. Emmas Herz setzte kurz aus und begann dann zu pochen, als wollte es ihr aus der Brust springen.
    Als sie wieder aufsah, war der Weg vor ihr undurchdringlich geworden. Doch gleichzeitig schien sich irgendwie ein neuer Weg zu ihrer Linken geöffnet zu haben. Es war, als würde der Wald ganz bewusst versuchen, sie in diese Richtung zu führen.
    Diese Route führte zu dem alten Portal. Und dahinter befand sich eine andere Welt.
    Und Dominic.
    Hoffnung keimte in ihr auf. Wurde sie zu ihm geführt, weil er wissen würde, wie dem Kind zu helfen wäre, das er mit zur Welt gebracht hatte?
    Also drehte sie sich um und ließ sich vom Wald leiten. Es war ein verzweifelter Plan, denn seit sie auf das Weingut gekommen war, hatte man sie immer wieder ernsthaft davor gewarnt, dem Portal zu nahe zu kommen.
    Nach einigen Minuten erreichte sie die Grotte, die den geheiligten Eingang in die Anderwelt beherbergte. Sie schlüpfte durch ein Rahmenwerk, das aus drei uralten Bäumen geformt war: Eiche, Esche und Weißdorn. Ihre dicken knorrigen Stämme neigten sich zueinander, um einen lebendigen Torbogen zu formen, während ihre Äste sich himmelwärts rankten und umeinander wanden, um den unverwandten Blick des Mondes zu verdecken.
    Sie schritt über knorrige Wurzeln, die sich zu einer Art Treppe ineinander verflochten hatten, und fand den Weg in die Höhle dahinter. Der Duft von Blumen, Traubenmost und Magie, der die ganze Höhle erfüllte, machte sie einen kurzen Moment benommen, und sie ließ sich auf einen niedrigen Altar aus Kalkstein sinken, der im Moos aufgestellt war, das den Boden bedeckte.
    Als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bemerkte sie die seltsamen Markierungen, die an den Wänden um sie herum glitzerten. Der Pfad führte ein wenig geradeaus und endete in einer Leere, von der eine starke Aura mächtiger Magie ausging.
    Das war also das Portal.
    Der seltsame summende Ton, den es aussandte, hatte sich seit ihrer Ankunft hier noch verstärkt und ließ ihre Arme, die Rose festhielten, zittern. Zwar konnten die Wesen aus der Anderwelt das Tor nicht ohne eine Einladung hierher durchschreiten, doch die Herren von Satyr konnten es von hier aus problemlos durchqueren, wenn sie es wünschten. Sie allerdings war rein menschlich, und die Familie hatte Emma schon vor langer Zeit davor gewarnt, durch das Portal zu gehen, da sie das wahrscheinlich verletzen würde. Dominic allerdings hatte angedeutet, dass sein Samen sie irgendwie verändert haben könnte – dass sie dadurch ein winziges Stück weniger menschlich geworden sein könnte –, doch das Tor klang nichtsdestoweniger höchst abweisend. Hatte er sich geirrt?
    Von dem Kind auf ihrem Schoß war nichts zu hören als der schwache Atem, der in ihrer kleinen schutzlosen Brust rasselte. »Rose! Liebling«, flüsterte Emma.
    Kein süßes Lächeln als Antwort. Kein munteres Recken von Ärmchen und Beinchen. Nichts.
    Rose war auch Carlos Tochter und hatte damit Satyrblut in ihren Adern. Würde das ausreichen, um sie am Leben zu halten, oder würde der Übergang sie beide töten?

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