Der Traum des Satyrs
während der dritte, Raine, zurückgeblieben war, um die übrige Familie und das Weingut zu schützen. Sie hatten Dominic dabei geholfen, das Tor in Richtung Erdenwelt zu durchqueren, woraufhin er ihnen rasch vom Ableben des Bewahrers erzählte, von dessen schockierenden Offenbarungen und vom Verbleib Emmas.
Er hatte versucht, sich damit abzufinden, dass ihm die quälende Aufgabe zufiel, hier zu warten, während die anderen sich in seine Welt wagten. Und dann war Emma durch das Tor gestürzt und lag nun auf seinem Schoß. In seinen Armen. In Sicherheit.
»Ich nehme Rose mit zum
castello
«, sagte Jane, die ihren Mann bis zum Tor begleitet hatte. »Ich habe einen Arzt gerufen, der nach den beiden sehen sollte, wenn sie wieder da sind, für alle Fälle. Du bringst Emma hin?«
Auf Dominics Nicken hin nahm Jane das unruhige Kind aus den schlaffen Armen ihrer Schwester und wandte sich zum Gehen. Zögernd drehte sie sich noch einmal um und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Danke. Für …« Im Ansturm der Gefühle versagte ihr die Stimme. »Für alles.« Dann waren sie und Rose fort.
Emma öffnete die Augen, und ihre Lippen verzogen sich zu dem sanften Lächeln, das ihn so faszinierte.
Das Herz ging ihm auf, als er die Liebe in ihren Augen erkannte. Da er noch nie zuvor erlebt hatte, dass jemand speziell diese Gefühlsregung ausgerechnet ihm entgegenbrachte, dauerte es einen Augenblick, bis er das Gefühl als das erkannte, was es war.
»Wie geht es dir?«, fragte er leicht schroff.
»Ich liebe dich«, flüsterte sie.
Liebe. Sie liebte ihn. Mit diesem einen Satz sagte sie ihm, dass er sie jede Nacht in seinen Armen halten konnte. Jeden Tag seines Lebens. Dass er ein Vater sein konnte, für Rose und ihrer beider ungeborenes Kind. Dass er auf ihrem Land arbeiten und sich um die uralten Reben dort kümmern konnte. Leben hervorbringen anstelle von Tod.
Ohne eine Antwort von ihm abzuwarten, setzte Emma sich in Dominics Armen auf. Sie sah wie durch ein Wunder erholt aus. »Ich habe gehört, was du Nicholas und Lyon erzählt hast. Und ich kann bestätigen, dass dein Verschwinden aus der Anderwelt offenbar den positiven Effekt hat, den du ersehnt hast. Es hat die Dämonen zu Fall gebracht und mir die sichere Rückkehr ermöglicht.« Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter und sah zu ihm auf. »Doch jetzt, wo es nicht mehr sicher für dich ist, in deiner Welt zu leben, wirst du mit mir nach Hause kommen? Wirst du hier bei uns bleiben?«
Als er noch immer nicht antwortete, begann sie, ihn zu necken. »Ich fürchte, du wirst kaum eine andere Wahl haben, nun da Jane dich akzeptiert hat. Nicholas gibt ihr alles, was sie will – also, wenn sie wünscht, dass du hierbleibst … Ich warne dich, er ist ein ernstzunehmender Gegner!«
Mit jeder einzelnen Faser seines Wesens wollte Dominic ihrem Vorschlag zustimmen, doch das Leben hatte ihn gelehrt, niemals Vertrauen zu fassen. Nichts zu erwarten.
Er hob die rechte Hand und zwang sie damit, den Handschuh zur Kenntnis zu nehmen. Als er sprach, klang seine Stimme rauh und leise. »Ich werde immer dieses Böse in mir tragen. Es ist ein Teil von mir.«
Eine weiche Handfläche legte sich beruhigend an seine Wange. »Nur ein guter und starker Mann würde eine solche Last auf sich nehmen, um sein Volk zu schützen. Ein geringerer Mann hätte sich dem Schmerz, den sie bedeutet, entzogen und die, die auf ihn angewiesen sind, sich selbst überlassen. Dem sicheren Tod.«
Sie zog die Bänder seines Handschuhs auf und sah ihm tief in die Augen, während sie langsam diesen abscheulichsten Teil von ihm befreite. Die Haut seiner Hand unter dem Leder war nicht an Licht gewöhnt, blass, verletzlich. Sein ganzes erwachsenes Leben lang von niemandem berührt außer ihm selbst. Sie strich mit ihren Fingern über seinen Handrücken, und er stöhnte auf bei dem sinnlichen Schauer, der ihn dabei durchfuhr, während seine Augenlider sich halb senkten.
Sie drehte seine Handfläche nach oben und betrachtete die silberne Fläche in der Mitte. Dann nahm sie sie in ihre beiden Hände und zog sie an sich.
»Emma.« Seine Stimme klang gequält, skeptisch, erstickt vor unterdrückten Gefühlen.
Warm traf ihr Atem auf den Spiegel, wärmte ihn und trübte seine Oberfläche. Dominics Puls hämmerte unstet, und sein ganzer Körper spannte sich an. Einerseits wollte er sie zurückweisen, denn er wollte ihre Güte nicht seiner Widerwärtigkeit unterwerfen. Doch gleichzeitig sehnte er sich danach, von ihr
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