Der Traum des Satyrs
Erdboden des Olivenhains, war er ein Knabe von zwölf Jahren gewesen, der gerade erst anfing, ein Mann zu werden.
Während er mit den anderen Kindern gespielt hatte, war er dorthin geraten, wo umherzustreifen ihm verboten war. In einen abgeschiedenen Bereich der Ländereien, den zu betreten allen Bediensteten des Weinguts und sogar den Kindern der Herren von Satyr nicht gestattet war.
Wie harmlos dieses Ding, klein, rund und flach, an jenem Tag doch erschienen war! Anfangs hatte er gar nicht groß darüber nachgedacht, er hatte es einfach in seine Tasche gesteckt und weiter mit den anderen gespielt.
In der Nacht jedoch, als er zusammengerollt in seinem Bett lag, war es ihm wieder eingefallen. Er hatte eine Kerze angezündet und es aus der Tasche hervorgeholt, um es näher zu untersuchen.
Es besaß die Größe, die Form und den Glanz einer Münze und sah sehr alt, ja antik, aus. Mit wachsender Aufregung drehte und wendete er es in seiner Hand. War dieses Ding vielleicht ein Schatz, der einstmals von etruskischen oder römischen Soldaten auf diesem alten Land zurückgelassen worden war? Mit dem Daumennagel kratzte er den Schmutz ein wenig ab.
Es war aus Gold!
Mit wachsendem Eifer rieb er das Ding ab, bis es sauber war. Das Flachrelief der einen Seite zeigte ein Porträt von Bacchus, dem römischen Gott des Weines. Die Rückseite zierte eine Abbildung von Reben und anderen Zeichnungen – Worten, die er erst in einigen Jahren würde entziffern können, wenn er erwachsen war.
Am nächsten Morgen steckte er das Ding wieder in seine Tasche und trug es dort mehrere Tage lang mit sich herum, während er darüber nachdachte, ob er es wohl seinem Vater aushändigen sollte. Damals war er noch ein netter Junge, ein braver und kluger Junge gewesen, mit einer glänzenden Zukunft vor sich und einer Familie, die ihn liebte.
Doch das Amulett – denn genau das war es – wurde langsam und unaufhaltsam zum Mittelpunkt seines Lebens, der nach und nach alles andere ausschloss.
Es begann, ihn zu rufen, zuerst nur ganz sachte, und hieß ihn Dinge tun, von denen er wusste, dass er sie nicht hätte tun sollen. Dinge, von denen er wusste, dass sie unehrenhaft waren. Zu Anfang handelte es sich nur um kleine Unartigkeiten. Er stahl einem Freund dessen Lieblingsspielzeug. Er belog seine Mama.
Doch irgendwann fing er an, weitaus schlimmere Dinge zu tun.
Jedes Mal, wenn er eine Verfehlung begangen hatte, verspürte er dabei eine intensive Befriedigung, die in ihm eine sexuelle Erregung auslöste wie nichts sonst. Oft spielte er danach so lange an sich herum, bis er sich ergoss. Dabei wusste er genau, dass es unrecht war, an Dingen, wie er sie getan hatte, Vergnügen zu empfinden. Und jedes Mal danach empfand er heftige Reue.
Doch die bezaubernde allgegenwärtige Stimme des Amuletts trieb ihn immer wieder zu solchen Taten.
Im Laufe der Zeit verwandelte er sich immer mehr in einen Einzelgänger, als sich herausstellte, dass seine Entwicklung vom Knaben zum Manne unnatürlich langsam voranschritt. Er wusste, dass die Größe des männlichen Geschlechtsorgans durchaus eine Rolle spielte, da die anderen begannen, sich jedes Mal über ihn lustig zu machen, wenn er sein jämmerlich kleines Würstchen hervorholte, um Wasser zu lassen. Es war nicht seine Schuld, dass das Dingelchen in seiner Hose nie gewachsen war, so wie bei den anderen Knaben. Schließlich argwöhnte er, dass ihn das Amulett, das er so oft in der Tasche mit sich herumtrug, mit dieser Missbildung geschlagen haben könnte.
Wütend hatte er die goldene Scheibe weggeworfen, unzählige Male. Zuweilen hatte er sie sogar vergraben. Doch jedes Mal holte er sie wieder zurück, denn etwas in ihm wusste, dass das Amulett ihm nicht ein solches Opfer abverlangen würde, ohne ihm im Gegenzug etwas dafür zu geben.
Die Jahre vergingen, und er behielt das Amulett bei sich. Er erzählte niemandem von seiner Existenz. Und er wartete. Wartete darauf, dass das Amulett ihm mehr von sich enthüllte. Wartete darauf, dass es ihn zu dem Ruhm führte, der ihm seiner Überzeugung nach gebührte.
Und dann, eines Tages, entdeckte er schließlich die Aufgabe des Amuletts, die zugleich seine eigene war.
Wiedererweckung.
1
Weingut Satyr, Toskana, Italien
Erdenwelt im Jahre 1850
Lord Vincent Satyr, erstgeborener Sohn und Erbe von Lord Nicholas Satyr und dessen Frau Jane, spreizte mit den Knien die blassen Schenkel der Frau, die unter ihm lag. Mit einer Hand ergriff er sein Glied und führte es
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