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Der Traum des Schattens

Der Traum des Schattens

Titel: Der Traum des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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» Komm, mein Junge«, sagte er und warf sich in die Strömung, bevor Kunun ihn erreichen konnte. Attila schwamm ihm vertrauensvoll nach, wurde sogleich vom Sog der Wellen fortgerissen, stromabwärts.
    Kunun lächelte anerkennend. » Hanna, du bist das böseste Miststück, das die Welt je gesehen hat. Das war das Dümmste, was er tun konnte. Jetzt muss ich nur noch abwarten, bis sie beide absaufen. Wir können sie vom Ufer aus beobachten. Die Strömung ist hier recht stark, ich glaube, wir müssen gar nichts weiter tun.«
    » Was, wenn er es ans andere Ufer schafft?« Réka trat vor. Hanna konnte ihre Anspannung fühlen. Sie selbst vermochte den Blick nicht von den beiden Schwimmern abzuwenden, von dem hellen Kopf und dem dunklen. Was hatte sie bloß getan? Warum hatte sie Mattim geraten, ins Wasser zu gehen? Nur auf ein Wort von Réka hin? Réka, die alles und jeden verraten hätte, um Kununs Liebe zu erringen?
    » Was, wenn die beiden entkommen und am anderen Ufer eine Pforte finden?«, fragte Réka mit einem rätselhaften Lächeln. » Schwimm ihnen nach, Kunun!«
    Der Schattenkönig verschränkte die Arme vor der Brust. » Der Fluss wird sie hinunterziehen. Sie werden kämpfen bis zum Schluss… Musste es nicht so enden? Am Anfang ist Mattim ins Wasser gesprungen, um zu mir zu kommen, und nun, am Ende aller Dinge, versucht er vor mir zu fliehen… Was tust du da, Hanna?«
    Hanna zog sich bereits die Schuhe aus.
    » Du willst ihnen doch nicht etwa helfen, nachdem du sie gerade in den Tod geschickt hast?«
    » Mattim ist ein guter Schwimmer. Womöglich schafft er es doch noch ans andere Ufer.«
    Das klang vernünftig, trotzdem hielt Kunun sie fest. » Ich erlaube es nicht.«
    » Sie will ihn retten«, sagte Réka laut. » Habe ich dir nicht gesagt, dass sie Mattim immer noch liebt?«
    Sah Kunun die Wahrheit in ihren Augen? Sah er, dass sie den beiden zu Hilfe eilen wollte?
    » Ich gehe!«, rief Réka, und ohne sich mit ihren Schuhen aufzuhalten, sprang sie ins Wasser. » Attila wird nicht sterben, nicht wenn ich es irgendwie verhindern kann. Das ist Liebe, Kunun. Sieh her, das ist Liebe!«
    » Dieses dumme Kind!«, rief der Schattenkönig. » Ich erlaube nicht, dass sie die beiden rettet!« Er sah sich hektisch um.
    Weiter hinten, ein Stück flussabwärts, spannte sich eine Brücke über die Donau. Bevor Hanna ihn aufhalten konnte, rannte Kunun zur Straße, zu seinem Wagen. Er startete den aufheulenden Motor und raste die Straße entlang, direkt auf die Brücke zu. Ungläubig beobachtete Hanna, wie er durch die Absperrung brach. Im hohen Bogen flog der Wagen durch die Luft und stürzte auf den Fluss zu.
    Im Fallen sah Kunun, wie Mattim und der Junge auf ihn zutrieben. Dann versank der R8 im Wasser, die Flut strömte herein. Er stemmte sich durch das offene Seitenfenster, betrachtete das versinkende Auto kurz mit Bedauern und schwamm mit ein paar raschen Schwimmstößen nach oben. Diese Réka! Er hätte sie einfach verbrennen sollen. Am Ende schaffte sie es noch, ihren Bruder ans andere Ufer zu ziehen. Ihretwegen musste er jetzt sichergehen und dafür sorgen, dass Mattim und der Junge auch wirklich ertranken.
    Mattim versuchte, sich umzudrehen und auf der Stelle Wasser zu treten, aber die Strömung riss ihn immer weiter fort. Sie hatten die Mitte des Flusses beinahe erreicht– vielleicht würde er es tatsächlich schaffen. Kunun kam ihnen nicht nach… Da sah er den R8 oben auf der Brücke, sah ihn im nächsten Moment durch die Luft fliegen.
    Kunun. Es hatte von vornherein kein Zweifel bestanden, wie die Sache ausgehen würde, wenn nur nicht die Hoffnung gewesen wäre, dass sie es doch irgendwie schaffen könnten. Wenn nur die Strömung sie nicht weiter auf die Stelle zutreiben würde! Es war unmöglich umzukehren.
    » Kannst du noch?«, fragte er, und eine Welle spülte ihm Wasser in den Mund.
    » Kein Problem«, keuchte Attila, aber er kämpfte sichtlich darum, nicht unterzugehen.
    Dann tauchte Kunun neben ihnen auf, sein schwarzer Kopf durchbrach die Wasseroberfläche, und jemand schrie. Es war Réka, die nur noch wenige Meter von ihnen entfernt war. Die Strömung trieb sie direkt auf Kunun zu.
    Réka packte Kunun an der Schulter. » Du und ich. Hier sind wir, am Ende. Ich wusste, du kommst mir nach. Du konntest es nicht riskieren, dass ich sie rette.«
    Die Worte flossen leicht über ihre Lippen, ihre Augen waren jedoch irgendwie blind– sie konnte ihn nicht richtig sehen. Weder seine Narben noch seine

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