Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Traum des Teufels

Der Traum des Teufels

Titel: Der Traum des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Grayson
Vom Netzwerk:
vergessenen Papiere jemals sortiert. Zu seiner Zeit hätte es das nicht gegeben.
    Es gab noch einen Weg, seinen Erschaffter zu rufen. Mental. Aber das würde diejenigen auf den Plan rufen, die ihn verfolgten. Er wagte es trotzdem und sandte gedanklich seinen Ruf hinaus, der prompt von dem jungen Seher empfangen wurde.
    Sybille Berger hatte sich entfernt, um die Suche der Hybridenvampire nach Mengele zu koordinieren. Leander lauschte immer noch auf die abgehackten leisen Worte, die Jason Dawn von sich gab. Miles hatte sich zu dem Halbengel gesellt. "Er hat nicht einmal was gegessen", bemerkte er zu dem Atlanter.
     "Ich weiß, aber er ist so verdammt nah dran", gab dieser zur Antwort. Der Schotte konnte die Anspannung des Halbengels deutlich spüren. Heute Abend würde eine Entscheidung fallen.
    "Er ruft einen Namen", sagte Jason. "Einen seltsamen Namen. Es kling wie Theseus, nein - Chyriel oder so ähnlich."
    Leander blickte von seinen Notizen hoch und sah Miles in die dunklen Augen. "Das war der Priester der dritten Pyramide und Hüter der Bibliotheken", erklärte er. Miles zog die Brauen hoch. Das sagte ihm gar nichts. 
    "Wenn Dhrakor einen Priester gewandelt hat, dann erklärt das so einiges." Leanders Stimme klang aufgeregt. "Die Hohepriester waren allesamt hohe Engel damals. Ihnen wurde die atlantische Bevölkerung zur Unterrichtung anvertraut. Alle bis auf diesen einen. Chyriel bekam eine zweite Chance, nachdem er erst zu den Abtrünnigen gehörte. Doch er war plötzlich ein Sterblicher mit dem Wissen der Engel. Damit auch ein leichtes Opfer für alle menschlichen Versuchungen. Viel weiß ich leider nicht über ihn. Außerdem ist mir jetzt auch klar, warum ihn früher niemand entdeckt hat. Er ist sozusagen unsichtbar, wenn er eines dieser Schutz-Amulette trägt."
    "Unsichtbar? Du meinst so eine Art Gespenst?", fragte Miles zweifelnd.
    "Nein, ich meine damit, er kann nicht aufgespürt werden. Es ist so eine Art - Tarnkappe, wenn du verstehst."
    "Und dieser Typ soll Mengele gewandelt haben? Ist der auch irre?" Das war typisch der rationale Schotte.
    "Bestimmt nicht. Irgendwas wird er sich dabei gedacht haben", murmelte Leander und wandte sich wieder Jason zu. Er trat vorsichtig auf den Jungen zu, der blass und erschöpft seit Stunden in Trance dasaß. Lange würde er das nicht mehr durchhalten. Seine mentalen Kräfte ließen langsam nach. Leander hockte sich vor seinen Schützling. "Kriegst du die Energie von diesem Chyriel rein?"
    "Kein Gesicht", murmelte Jason. "Nur Verzweiflung, Leere. Und ein schreckliches Haus voller Angst." Seine Hände begannen zu zittern. Vorsichtig nahm ihm der Halbengel die Kleidungsstücke ab und legte seine Hand auf die erhitzte Stirn. "Du wirst dich jetzt ausruhen, mein Junge. Jetzt sind wir an der Reihe."  
    Leander wusste zwar nicht, was Jason mit seiner letzten Prophezeiung gemeint hatte, doch er wandte sich zu Miles um. "Ruf Sybille an. Sie sollen sich beeilen. Wenn dieser Priester vor uns da auftaucht, kann er Mengele in seiner Aura verbergen und fortschaffen. Und kümmert euch um Jason. Er muss bei Kräften bleiben." Miles nickte stumm. Ein Wettlauf gegen die Zeit begann.
    * * *
    Auch Berlin war normalerweise eine Stadt, die niemals schlief. Ihr altes Herz schlug immer noch kräftig, trotz der Narben, die man ihr geschlagen hatte. Dennoch war es in dieser Nacht merkwürdig ruhig. Die Menschen hockten zuhause vor den Fernsehern. Selbst die Straßenlaternen schienen ein gedimmtes Licht auf den trockenen Asphalt zu werfen. Die Schatten vergrößerten sich dadurch überall, und aus den Schatten kamen sie, die Hybriden. 
    Der Bau, in dem die Erinnerungen der Stadt schlummerten, wirkte von außen wie eine Beamtenhochburg, wäre da nicht die protzige, aufwändig wiederhergestellte Fassade aus den 30er-Jahren gewesen. Hier war die Präsenz des großen Alten übermächtig. Die Schatten drangen in das Gebäude, fluteten die leeren Gänge, bevor sie sich wieder in einzelne Gestalten zerteilten und in menschlicher Form sichtbar wurden. Plötzlich herrschte eine Hektik in den Räumen wie in den Stoßzeiten mit Publikumsverkehr. Ein ganzes Geschwader von Hybridenvampiren durchsuchte Zimmer für Zimmer, Stockwerk für Stockwerk, näherte sich unaufhaltsam den Kellerräumen.
    Zur gleichen Zeit glitt eine andere Präsenz unbemerkt in das Kellerarchiv, und ein grauer Nebel gebar die Gestalt von Mengeles Erschaffer. Ein zorniger Blick aus Pupillen, deren blaue Klarheit fast mit dem Weiß

Weitere Kostenlose Bücher