Der Traum des Teufels
zufrieden zu sein.
"Was willst du mit einer Horde Krähen, du Narr? Die Friedhöfe bevölkern? Wozu nutzt du diese deinen geschenkten Stunden?", rief er aus. Was für einen Fehler hatte er mit der Schaffung dieses Vampirs gemacht!
"Aber... "
"Seit Jahrzehnten sinnloses Foltern, und selbst nachdem du eine zweite Chance erhältst nach einer Wiedererweckung, tust du nichts anderes, verschonst nicht einmal dein eigenes Volk. Wie erbärmlich", fiel ihm Chyriel ins Wort. "Ich bin sehr froh, dass diese Erweckung dir nicht deine vollen Kräfte zurückgegeben hat. Offenbar hat da jemand einen gravierenden Fehler gemacht. Es gibt halt noch mehr Narren."
Wieder öffnete der so Beschuldigte den Mund, doch Chyriel hatte seine Predigt noch nicht beendet. "Mein Dasein habe ich einem höheren Ziel gewidmet und einem Schwur, den ich vor langer Zeit geleistet habe. Die Menschen brauchen nicht mehr Krieger, sie brauchen Ordnung und eine strenge Hand."
"Das ist doch meine Rede", knurrte Mengele jetzt. Verstand dieser seltsame Mann denn gar nichts?
"Ach ja, und du willst ein neues Regelwerk aufstellen? Mit blutiger Feder geschrieben?", spottete der Priester. Mengele wusste nichts von der Geschichte der Vampire, von Atlantis, von den geheimen Büchern. Er war nichts anderes als ein Krebsgeschwür für seine eigenen Leute geworden. In diesem Moment beschloss Chyriel, dieses Geschöpf loszuwerden, doch zunächst musste es ihm noch ein paar Fragen beantworten.
Mit zorniger Miene hatte der Wissenschaftler geschwiegen. Was nahm sich dieser merkwürdige Typ heraus? Wusste er seine Arbeit denn so gar nicht zu schätzen?
"Bist du dem anderen Atlanter begegnet? Dem sogenannten Engel der Vampire?", fragte Chyriel jetzt in ruhigem Tonfall.
"Ich habe ihn gesehen. Er ist in Berlin in der Nähe dieser schwachen Fürstenpräsenz. Die ist keine Gefahr", war die verächtliche Antwort. Dann eher besorgt: "Aber der Atlantismann ist nicht gut für uns."
"Er ist pures Gift für unsereiner", verbesserte sein Erschaffer ihn. "Sein Blut ist tödlich für alles Unsterbliche. Aber er muss im Besitz eines Buches sein, das ich benötige, um mein Werk zu vollenden. Er hat es das erste Mal seit Jahrtausenden wieder benutzt. Eigentlich verdankst du ihm sogar dein Hiersein. Hast du davon gehört?" Ein solches Kleinod würde kein Wächter jemals aus den Augen lassen. Ich muss herausfinden, wo er es versteckt hält und ihn und seine Freunde so lange beschäftigen, bis ich es mir holen kann.
Mengele schüttelte den Kopf.
"Du wirst es für mich herausfinden, hörst du?", die eisblauen Augen verengten sich zu Schlitzen.
"Und wie?" fragte der dunkelhaarige Vampirfürst erstaunt.
"Du wirst mein Köder sein."
* * *
Sybille Bergers modern eingerichtete Wohnung befand sich genau über dem weitläufigen Bestattungsinstitut. Tag und Nacht konnte man sie anrufen. Niemand interessierte sich für die dezenten Leichenwagen, die kreuz und quer durch Berlin fuhren. Und niemand stand ihren Mitarbeitern, die keinerlei Schlaf benötigten, im Weg. So kamen ihre Leute fast überall hinein. Eine perfekte Tarnung, die sich in den meisten Großstädten als Franchisemodell anbot. Sybille war nicht nur sehr hübsch, sondern auch äußerst clever und eine hervorragende Geschäftsfrau. Jeder Hybrid kannte solche und ähnliche Anlaufstellen, die für ihre Rasse eingerichtet worden waren.
In dieser Nacht erhielt die Hybridenvampirin einen merkwürdigen Anruf. Nachdem sie sich mit ihrer ruhigen, höflichen Stimme gemeldet hatte, in Erwartung eines Todesfalles, antwortete eine dominante dunkle Männerstimme am anderen Ende der Leitung: "Der Arzt, den Sie suchen, finden Sie in einer Ruine aus seiner Zeit in der Nähe von Toszek. Sie können ihn abholen." Der Anrufer legte auf, noch bevor Sybille ihn nach seinem Namen fragen konnte. Sie holte tief Luft und tätigte selbst einen Anruf. Sekunden später klingelte Leanders Mobiltelefon. Sie unterrichtete den Halbengel über das Gehörte und dieser entschied: "Ich werde mit den Jungs selbst nachschauen. Vielleicht war es auch nur ein Witzbold."
"Klang aber nicht so", beharrte die Hybridin.
"Stuart und Jason lasse ich hier. Falls doch noch irgendetwas sein sollte", meinte Leander nur. Er wusste selbst nicht, was er davon halten sollte. Freiwillig hatte Mengele sich bestimmt nicht gestellt, und ein einzelner Hybrid würde ihn kaum überwältigt haben können. Es konnte genauso gut eine Falle sein.
"Ich komme mit!",
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