Der Traum des Teufels
dem Erdboden gleichzumachen. Ein ideales Versteck.
Bis heute hatte der Suchende das Versprechen seinem eigenen Erschaffer gegenüber nicht einlösen können. Jahrtausende waren ins Land gezogen. Die Menschen waren ihm gleichgültig. Die Vampire ebenfalls. Der Vasall von Antaris hatte ihn auserwählt, weil er der Hüter der Bibliothek gewesen war. Diese beherbergte einmal das gesamte Wissen des bekannten Universums, das Gute wie das Böse, die Bibeln der Engel und der Dämonen.
Bereits vor Aeonen war Chyriel in Versuchung geführt worden, damals, als er im Heer des großen Luzifers kämpfte. Er hatte seine Dummheit vor dem Schöpfer bereut, und ihm wurde verziehen, doch zur Strafe wurde er sterblich. Ein Zustand, mit dem er sich als früherer Engel niemals hatte abfinden können. Dann - nach der Zerstörung seiner Heimat - kam die erneute Versuchung in Form des verwegenen dunkelhaarigen Vampirs mit den Glutaugen. Er gab dieser Versuchung nach und erhielt das ewige Leben in anderer Form. Durch das heilige Amulett konnte er ungesehen von Sterblichen und Unsterblichen ans Werk gehen. In seiner irdischen Verkleidung fügte er sich den Namen Adam hinzu, das klang unauffälliger und gleichzeitig wie Hohn gegenüber dem Schöpfer allen Seins.
Das Amulett ermöglichte es ihm ebenfalls, sich jedem Zeitalter, jedem Herrscher oder Diktator anzupassen, ohne dass jemand fragte. Er konnte sein, wer und was er wollte und sich überall Zutritt verschaffen. Und er konnte sich nähren, von wem er wollte, ohne zu töten. Es genügte, um den Blutdurst zu stillen, der ihn seit der Verwandlung durch Dhrakor quälte. Er hinterließ keine Spuren. Als er von der Vernichtung seines Erschaffers erfuhr, fühlte er sich dennoch an ihren Handel gebunden. Allein schon, weil er hoffte, dass die Wiedererweckung von Antaris seinem leeren, sonst nutzlosen Dasein einen Sinn geben würde.
Selbst lästige Insekten erfüllten irgendeinen Zweck in dieser Schöpfung. Aber wozu waren Vampire gut? Doch nur, um über die niederen Kreaturen zu herrschen, oder nicht? Und selbst sie brauchten einen Anführer. Antaris wäre genau der richtige, seine Macht stellte all die bisherigen Fürsten in den Schatten. Und er - Chyriel - würde die Stelle des vernichteten Dhrakor an seiner Seite einnehmen. Chyriel war sicher, dass Gott diese Plage damals auf Atlantis nur erschaffen hatte, um die Menschen wieder zu ihm zurückzuführen. Ähnliches war doch auch im alten Ägypten bei Moses geschehen. In diesen modernen Zeiten waren die Menschen noch mehr von Gott abgerückt. Umso mehr wurde es Zeit, dass sie sich auf ihn besannen. So rechtfertigte er es vor sich selbst, dass er einst einem der dunklen Engel ein Versprechen gegeben hatte. Vielleicht würde ihm der Schöpfer ja auch ein zweites Mal verzeihen? Seine dünne Hoffnung zerfiel ins Nichts, als ihm bewusst wurde, dass er ja gar keine Seele mehr besaß! Auf ihn wartete nur noch der zweite - der endgültige - Tod. Doch daran wollte er nun gar nicht denken.
Seine Hand glitt um das kreisförmige, filigrane Zeichen aus dem fremdartigen Metall, das es sonst nirgendwo auf der Erde gab. Ein Stein aus dem Weltall hatte es mitgebracht. Die Menge reichte gerade mal aus, um für den Großteil der Bevölkerung einen Schutz vor den Geschöpfen der Nacht herzustellen. Heute war es das einzige, das noch existierte. Genau wie er, wenn man von diesem anderen Atlanter einmal absah, von dem er viel zu wenig wusste. Sicher war nur, dass sie auf verschiedenen Seiten standen.
Seine Finger ertasteten zärtlich die alten kryptischen Zeichen, die darin eingeprägt waren und aus denen später die aramäische Sprache entstehen sollte. In der Mitte funkelte ein goldener Topas. Noch heute wird unter den Esoterikern erzählt, dass jemand, der einen Topas in der linken Hand trägt, unsichtbar jede Grenze passieren kann und vor den Augen der Menschen verborgen blieb. Auch so ein Überbleibsel an Wissen. Fest stand nur eines: Der Suchende bewegte sich in einer Zwischenwelt. Unsichtbar. Lautlos. Erschöpft.
Sein Ziel war, die Bibel Azraels zu finden, die in der magischen Bibliothek aufbewahrt worden war und bei der großen Flut davon geschwemmt wurde. Menschen hatten einige dieser Bücher angeschwemmt gefunden, sie jedoch nicht deuten können und daraus fehlgeleitete dumme Anleitungen für magische Rituale und Nekromantie gemacht. Ja, teilweise basierten sogar ihre Religionen darauf. Bei diesem Gedanken lachte Chyriel leise in
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