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Der Traum des Wolfs

Der Traum des Wolfs

Titel: Der Traum des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan , Brandon Sanderson
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beschlossen hat, was zu tun ist.
    Ihr handelt mit Leidenschaft. Ihr handelt nicht nach dem, was Ihr denkt, sondern nach dem, was Ihr fühlt. Schnell, gefühlsbetont. Das gibt Euch Kraft. Ihr könnt handeln, wenn es sein muss, und Euch später um die Konsequenzen Gedanken machen. Für gewöhnlich sind Eure Instinkte gut, genau wie es die Eurer Mutter waren. Aber darum musstet Ihr Euch nie dem stellen, was zu tun wäre, wenn Euch Euer Instinkt in die falsche Richtung geführt hat.«
    Gawyn ertappte sich dabei, dass er nickte.
    »Aber, mein Sohn«, sagte Bryne und beugte sich vor. »Ein Mann ist mehr als ein Antrieb, ein Ziel. Keine Frau will das bei einem Mann. Ich bin der Ansicht, dass Männer, die ihre Zeit damit verbringen, etwas aus sich zu machen - statt aller Welt ihre Hingabe zu verkünden -, diejenigen sind, die auch etwas erreichen. Sowohl bei Frauen wie auch im Leben selbst.« Bryne rieb sich das Kinn. »Wenn ich also einen Rat für Euch habe, dann Folgendes: Findet heraus, wer Ihr ohne Egwene sein würdet, und dann findet heraus, wie sie darin hineinpassen soll. Ich glaube, das will eine Frau …«
    »Bist du jetzt ein Experte für Frauen?«, fragte eine neue Stimme.
    Überrascht drehte sich Gawyn um und entdeckte Siuan Sanche, die die Tür aufstieß.
    Bryne ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Du hast lange genug gelauscht, Siuan, um zu wissen, worum es bei dieser Unterhaltung geht.«
    Siuan schnaubte und rauschte mit einer Kanne Tee ins Zimmer. »Du solltest im Bett sein«, sagte sie und ignorierte Gawyn nach einem flüchtigen Blick.
    »Das ist wahr«, sagte Bryne ungerührt. »Seltsamerweise unterwerfen sich die Bedürfnisse des Landes nicht meinen Launen.«
    »Karten kann man auch am Morgen studieren.«
    »Und man kann sie in der Nacht studieren. Und am Nachmittag. Jede Stunde, die ich damit verbringe, könnten Meilen bedeuten, die verteidigt werden, wenn die Trollocs durchbrechen.«
    Siuan seufzte laut, gab ihm eine Tasse, dann goss sie Tee ein, der nach Wolkenbeere roch. Es war schon seltsam, Siuan, die wegen ihrer Dämpfung wie eine Frau in Gawyns Alter aussah, dabei zuzusehen, wie sie den ergrauten General Bryne bemutterte.
    Siuan wandte sich Gawyn zu, nachdem Bryne seinen Tee hatte. »Und Ihr, Gawyn Trakand«, sagte sie. »Ich wollte schon lange mit Euch sprechen. Der Amyrlin Befehle zu geben, ihr zu sagen, was sie tun soll? Also ehrlich. Manchmal scheinen Männer zu glauben, dass Frauen nichts weiter als ihre persönlichen Boten sind. Ihr spinnt euch alle möglichen verrückten Pläne zusammen, und dann erwartet ihr von uns, dass wir sie irgendwie durchführen.«
    Sie musterte ihn und erweckte keinesfalls den Eindruck, von ihm irgendeine andere Reaktion als einen beschämtem Blick auf die Stiefelspitzen zu erwarten. Gawyn erfüllte den Wunsch und verzog sich schnell, um weiteren Angriffen zu entgehen.
    Nichts von dem, was Bryne gesagt hatte, war eine Überraschung gewesen. Der Mann war beständig und hatte ihm schon zuvor das Gleiche gesagt. Denk nach, statt impulsiv zu handeln; reagiere wohlüberlegt. Aber er hatte Wochen mit Nachdenken verbracht, und seine Gedanken hatten sich im Kreis gedreht wie in einem Glas gefangene Fliegen. Er hatte keine Lösung gefunden.
    Gawyn durchkreuzte die Gänge und registrierte Chubains in regelmäßigen Abständen aufgestellte Wächter. Er redete sich ein, nicht zu Egwenes Gemächern hinaufzusteigen; er überprüfte lediglich die Wachtposten. Trotzdem fand er sich bald in einem Gang in unmittelbarer Nähe zu den Gemächern der Amyrlin wieder. Nur einen Korridor entfernt. Er würde einen schnellen Blick riskieren und …
    Gawyn erstarrte. Was tue ich da?
    Seine Unruhe in dieser Nacht rührte vor allem von dem Unwissen her, nicht zu wissen, ob Egwene vernünftig beschützt wurde oder nicht. Er würde nicht schlafen können, bevor er …
    Nein, sagte er sich energisch. Dieses Mal tue ich, worum sie gebeten hat. Er drehte sich um.
    Ein Geräusch ließ ihn zögern und über die Schulter blicken. Schritte und raschelnder Stoff. Für Novizinnen war es zu spät, aber es war durchaus vorstellbar, dass Diener eine späte Mahlzeit servierten. Bryne und Gawyn waren nicht die Einzigen, die in der Weißen Burg zu ungewöhnlicher Stunde aktiv waren.
    Es ertönte wieder. So leise, kaum wahrnehmbar. Stirnrunzelnd schob Gawyn die Stiefel von den Füßen und schlich los, um einen Blick um die Ecke zu riskieren.
    Da war nichts. Egwenes Tür mit der schmückenden goldenen

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